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Münch, Christoph; Kloster Lorsch [Hrsg.]
Musikzeugnisse der Reichsabtei Lorsch: eine Untersuchung der Lorscher musikalischen Handschriften in der Bibliotheca Palatina in der Vatikanischen Bibliothek — Lorsch, 1993

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https://doi.org/10.11588/diglit.30691#0015
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11

worden ist. Denn einstmals hatte diesen Grundbesitz die fromnie Frau

Chilliswmdis und ihr Sohn Cancro dem Bischof Chrodegang als Gebiet
des heiligen Stephanus td.h. als Eigenbesltz des Bistums Metzl iiberge-
ben.»12

Am 11. Juli 765 wurden die Reliquien des heiligen Nazarius nach Lorsch
gebracht. Anläßlich dieses Ereignisses erfahren wir auch zum ersten Mal
etwas über Musik in Lorsch:

«Die weithin bekannten Grafen Cancor und Warin und andere vornehme
und achtbare Männer der Gegend hoben den durch Gottes Fügung ihrer
Heimat bestimmten Schatz des heiligen Körpers auf ihre eigenen Schul-
tern und verbrachten ihn, begleitet von den Hymnen und geistlichen
Gesängen einer ungeheueren Volksmenge, an den vom Himmel vorgese-
henen Ort. »13

Im Lorscher Codex wird auch ein Nazarius-Hymnus erwähnt: «Heiliger,
giitiger Vater, Nazarius, Schirmherr und Schützer. / Hör deiner Diener Ge-
bet, stehe den deinigen bei!.»14

Eine Interpretation dieser Quellen im Hinblick auf die Frage der ersten
Lorscher Liturgie kommt daher zu folgendem Ergebnis: Chrodegang hatte
nach Einführung der römischen Liturgie in Metz in dessen nächster Nähe
in Gorze ein Musterkloster gegründet, dem er von 764 - 765 als Abt vor-
stand, und das Ausgangspunkt für weitere Klostergründungen wurde. Da
Lorsch zunächst ausschließlich von Gorzer Mönchen besiedelt wurde, ist
davon auszugehen, daß in Lorsch von Anfang an die neue fränkisch-römi-
sche Liturgie und damit auch der sogenannte Gregorianische Choral
gepflegt wurde. Zu den Gütern, mit denen Chrodegang seinen neuen Lor-
scher Konvent ausstattete, gehörten mit Sicherheit auch liturgische Bü-
cher.

12 MGH, Script. II. S. 268: Exetiit danique a Paulo Romano pontifice tria corpora sanctorum
martyrum, id est beati Gorgonii, quod in Gorzia requiescit, et beati Naboris, quod in Hi-
lariaco monasterio conditum est. et beati Nazarii, quod ultra fluvium Rhenum in mona-
sterio quod vocatur Lorishaim (Lorsan, Lorsam). aedificata in honore ipsius martyris miri
decoris basilica, collocavit. Hoc siquidem praedium Chilliswindis quondam, religiosa
foemina, et Cancro eius filius, eidem Chrodegango antistiti ad partem beati Stephani
tradiderant.

13 Lorscher Codex, S. 53, Codex Laureshamensis, Chronik 3, S. 271f„ Comitesque nobilissimi
Cancor et Warinus. veterique id locorum illustres et spectabiles viri, thesaurum beati
corporis sibi diuinitus destinatum propriis humeris excipiunt, et cum ymnis cantidsque
[vgl. 1 Macc. 18,51] spiritalibus prosequente infinita populi multitudine usque ad locum
celitus prouisum deferunt.

14 Lorscher Codex, S. 185: Codex Laureshamensis 134c, S. 406, O sacer, o clemens, pater et
patrone Nazari, / supplicibus famulis auxiliare tuis - Nach Glöckner Teil eines Nazarius-
Hymnus, wenngleich in der Hs. nicht in Verszeilen wiedergegeben.
 
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