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Münchener Punsch: humoristisches Originalblatt — 22.1869

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https://doi.org/10.11588/diglit.21528#0200

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194

IE" Merkt denn das verchrliche Lesepublikum

nicht, dciß der Spektakel wegen der Rede des Bischofs von Regens-
burg, so wie auch wegen dcs Couciliums hauptsächlich deßhalb
angefaugen wurdes um die Aufmerksamkeit vou der großen St euer -
Operation abzuleuken, die Graf Bismark gegenwärtig mit
seinem norddeutschcn Bunde vornimmt?

Neisende Zahnbrecher gebrauchen öfter den Kniff, daß, während
sie ihren vertrauensvollen Opfern eiu Stück ausreißeu, ein Tusch
mit Trompcten uud Paukeu losgeht, um etwaige Schmerzensschreie
zu übcrtöneu. So hat man auch gegcnwärtig den Pabst- und Bischofs-
Rummel arrangirt, um den geistreichen Philistcr der schwäbisch-
bayrischen Hochebeue dermaßeu iu liberale Entrüstung zu versehen,
daß er das Jammeru und Protcstireu der preußischen Nordbündler
gänzlich überhört. Denn das könnte natürlich nicht schr einladend
auf seiue Ohren wirken und er würde die Ehre, von den „Neucsten"
beglückwünscht zu wcrden, mit dcm Bismark'schcn Steuerzettel
vielleicht doch zu theuer bezahlt finden.

Also laß dich nicht irre macheu, Spießbürger, Pflege deinen
Liberalismus bei Bier und Wein, kämpfe für Macht, Freiheit,
Civilisation und Fortschritt — der gauze Kampf besteht ja nur
gelegentlich in deiner Untcrschrift — laß dich auch hie und da
loben ob deincr Jntelligenz und „Bültung", es ist'eine erlaubte
Genugthuuug, die du da empfindest — die Rechnung wird
dir später schou in's Haus geschickt!

„Das Kaiserreich ist der Friede" so sagte Napoleon einst zu
Bordeau r.

Daraus ist weiter nichts zu folgern, als daß er es — zu
Champagner eben so gut gesagt haben könnte.
 
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