Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Münchner kunsttechnische Blätter — 1.1904-1905

DOI Heft:
Nr. 10
DOI Artikel:
Berger, Ernst: Antike Maltechnik [1]: altägyptische Mumiensargmalereien$E. Berger
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.36597#0041
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
KOMSTIECmsOK
^Æ^BhMIER

6.

Febr. 1905.

Herausgegeben von der ,.Werkstatt der Kunst", ERNST CLOSS.
Erscheint 14tägig unter Leitung von ERNST BERGER, München.

Nr. 10.

Inhalt: Antike Maltechnik. Altägyptische Mumiensargmalereien. Von E. Berger. — Bericht über die Tätigkeit im chemischen
Laboratorium der Königl. akademischen Hochschule für die bildenden Künste zu Berlin. Von Regierungsrat Prof.
Dr. E. Täuber. — Walter Zieglers Verfahren zur Herstellung von Farben-Teilplatten für Mehrfarbendruck. —
Technische Mappe. — Anfragen und Beantwortungen.

Antike Maltechnik.*)
Altägyptische Mumiensargmalereien.
Von E. Berger. (Mit Illustrationen.)

Bekanntlich lässt der griechische Philosoph
Platon in seinen Dialogen einen Anonymus sagen,
dass man in Aegypten zehntausend Jahre alte Ge-
mälde sehe, und Plinius erzählt in Hist, natu-
ralis (XXXV, 15), dass sich die Aegypter rühmten,
eine um sechs Jahrtausende ältere Malkunst zu
besitzen als die Griechen. Zweifellos gehören
die Aegypter zu den ältesten Kulturvölkern der
bekannten Welt. Ihre Königsdynastien leiteten
sie, wie dies bei anderen Volksstämmen auch
der Fall ist, direkt von ihren Gottheiten und
sagenhaften Zeiten ab, und wenn wir auch von
der Wahrhaftigkeit derartiger Mythen absehen,
so ist doch das Vorhandensein einer mindestens
dreitausendjährigen hochentwickelten Kultur vor
unserer Zeitrechnung durch grossartige Tempel-
ruinen, durch die Pyramiden, durch die „Mastaba"
genannten Gräber und andere Bauten unbestritten.
Dass während einer so langen Zeitdauer Perioden
des Aufschwungs mit Zeiten des Verfalles ab-
wechseln, dass sich auch auf allen Gebieten künst-
lerischer Tätigkeit (Architektur, Bildhauerei und
Malerei) allerlei Strömungen und Wandlungen
durch innere oder äussere Einflüsse geltend ge-
macht haben werden, und dass hierbei eine Läu-
terung des Geschmacks, Veredlung der Formen

*) Durch das Entgegenkommen der Verlagshandlung
von Herrn Georg D. W. Callwey, hier, sind wir in die Lage
versetzt, den obigen illustrierten Artikel zum Abdruck bringen
zu können. Er gibt in gekürzter Form ein Kapitel des Werkes
„Die Maltechnik des Altertums" (Beiträge zur Entwicklungs-
geschichte derMaltechnik. I. u.II. Folge, München 1904) wieder
und wurde für die Deutsche Malerzeitung, die Mappe, verfasst.

mit technischen Verbesserungen Hand in Hand
gegangen sein mussten, ist eine zwingende Not-
wendigkeit aller Kulturentwicklung. Mit Recht
hat deshalb der veraltete Standpunkt einer ab-
soluten Unveränderlichkeit der ägyptischen Kunst
seine Gültigkeit vollständig eingebüsst, seitdem
man gelernt hat, die Gesetze, welche die Kunst-
übung aller Zeiten und Völker beherrschen, auch
in der Kunst der alten Aegypter geltend zu sehen.
Ein Hauptpunkt ihrer religiösen Anschauung
war der Glauben an das materielle Fortleben
nach dem Tode und infolgedessen haben die
Aegypter von den ältesten Zeiten ab, der Ein-
balsamierung der Toten und allem, was mit dem
Totenkultus zusammenhängt, die grösste Sorg-
falt zugewendet. Wohlausgerüstet sollte der Ver-
storbene die Fahrt in Schattenreich antreten und
deshalb hatten ihm die Zurückgebliebenen allerlei
Weihgeschenke, selbst Wegzehrung mit ins Grab
gegeben und Gebete auf die Sargumhüllungen
geschrieben, damit ihm der Eintritt in das Jen-
seits erleichtert werde. Diesen Gebräuchen und
der fast das ganze Jahr hindurch andauernden
Trockenheit des Nillandes ist es zu danken, dass
die Jahrtausende nur wenige Spuren des Verfalls
an den ausgegrabenen Schätzen hinterlassen haben,
und da hauptsächlich alle zum Totenkultus ge-
hörigen Dinge in fast tadellosem Zustande er-
halten sind, kann man dreist behaupten, in keinem
Lande eine ähnliche, durch so lange Zeiträume
währende, ununterbrochene Reihenfolge gleich-
artiger Dinge vor sich zu haben, wie sie die
Gräberstätten Aegyptens zutage gefördert haben.
 
Annotationen