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Münchner kunsttechnische Blätter — 1.1904-1905

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Nr. 10
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Berger, Ernst: Antike Maltechnik [1]: altägyptische Mumiensargmalereien$E. Berger
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https://doi.org/10.11588/diglit.36597#0042

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38

Münchner kunsttechnische Blättef.

Nr. 10.


Figur i. Altägyptische Mumiensargmalerei aus der Zeit nach der
XX. Dynastie, um 1050 v.Chr.

Von der äitesten Art der Bemalung der Mumien-
särge und Mumienumhüliungen, die mit mono-
chromen, schematischen Figuren und symboli-

schen Darstellungen, Götterbildern und Hiero-
glyphen geschmückt wurden, bis zu den kunst-
vollen plastischen Verzierungen, den vergoldeten
Masken und den mittels vielfacher Leinwand-
schichtungen hergestellten Kaschierungen späterer
Zeit, dann noch weiter bis zu den hellenistischen
Mumienporträts, die in Wachsenkaustik und ähn-
lichen vorgeschrittenen Techniken gefertigt wur-
den, alle diese vielen Stadien der Entwicklung
liegen vor uns ausgebreitet. —
Die ganze Malerei der alten Aegypter ist
Flächenkunst, sie hat ausschliesslich dekora-
tiven Charakter; eine Raumwirkung ist nicht be-
absichtigt. Die Zeichnung erscheint für unsern
Geschmack primitiv und unbeholfen, weil die
Profildarstellung der Figuren vorherrschend ist
und bei dem völligen Mangel von Perspektive
es kein Hintereinander, sondern nur ein Neben-
und Uebereinander der Figuren gibt. Die ur-
sprüngliche Art zeigt rot konturierte Zeichnung
der Figuren und Hieroglyphen, die mit roter,
blauer oder grüner Farbe ausgefüllt erscheinen,
meist so, dass die Figuren dunkel auf dem un-
bemalten oder hellgelben Hintergrund stehen.
Die Arbeit des Malers bestand demnach nur in
dem Ausfüllen der vorher gezeichneten Konturen
mit Farben, ohne jede Modellierung oder Ab-
schattierung, wie es die Figur Ï [Göttin Hathor
mit Geierhaube und zwei Federn mit dem ge-
hörnten Diskus auf dem Haupte]*) nach einem
Original eines inneren Sargdeckels zeigt. Hier
ist die ganze Figur in reicher Kleidung, mit
prächtigem Kopfschmuck, die Zeichen der Herr-
scherwürde in der Hand, dargestellt; Hieroglyphen
füllen den ganzen, leer gebliebenen Hintergrund
aus. Der Fall, wobei die lichte Erscheinung der
Figuren durch dunkleren Hintergrund erreicht
wird, ist in der ägyptischen Malerei ein Zeichen
späterer Periode und weist auf eine höhere Stufe
der Entwicklung hin. (Figur 2 oberste Abbildung.)
So einfach wie die Zwecke sind auch die
Mittel in der altägyptischen Maltechnik. Dabei
ist aber eines bemerkenswert und dies steht mit
der bereits erwähnten Pflege des Totenkultus
in innigstem Zusammenhang, das ist die aus-
gesprochene Sorgfalt, mit der alle handwerk-
lichen Einzelheiten ausgeführt erscheinen, um den
bemalten Dingen die gösstmöglichste Dauer
zu sichern. Zu solcher Vollkommenheit konnten
die ägyptischen Maler naturgemäss nur infolge
generationenlanger Uebung gelangt sein und nir-
gends ist dies leichter zu erkennen, als bei der
Art der Ausschmückung der Mumiensärge und
Mumienumhüllungen. Insoferne dabei Holz als
Unterlage verwendet wurde, lernen wir in der
Ausstaffierung altägyptischerJ Mumiensärge die

*) Inventar-Nummer 232 der Sammlung ägyptischer Alter-
tümer im Kunsthistorischen Hofmuseum zu Wien.
 
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