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Münchner kunsttechnische Blätter — 1.1904-1905

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Nr. 23
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Berger, Ernst: Unterschiede zwischen Bienenwachs und dem sogen. Punischen Wachs [3]
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Trillich, Heinrich: Die weissen Farben [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.36597#0106

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102

Münchner kunsttechnische Blätter.

Nr. 23.

„Fragen wir bei Betrachtung der zweiten
Methode, das Wachs durch Kochen mit Alkalien,
Lauge oder Pottasche zu einer weichen Seife
und im Wasser löslich zu machen, ob die
Alten die zur Verseifung fetter Körper
nötigen Mittel kannten und benutzten, so
können wir dies mit aller Bestimmtheit
mit »jaa beantworten. Bekannte Texte be-
weisen es." Donner zitiert hier (Anm. 2) ausser
Columella und Plinius noch Q. Serenus Sam-
monicus (s. oben) und fügt hinzu, dass dieses
Produkt, d. h. mit Pottasche gelöstes Wachs,
„mit dem Pinsel aufgetragen werden kann, aber
zur Festigkeit immer mit Leim oder Gummi ver-
setzt werden müsse, um verwendbar zu sein".
Hier ist doch deutlich genug Donners Ansicht
ausgesprochen und sein offenes Eingeständnis,
dass die Alten die Wassermischbarkeit des Wach-
ses gekannt haben. Trotzdem bleibt er in der
Behauptung unverrückbar stehen, das „Punische"
Wachs wäre nicht wassermischbar, konnte es
„selbstverständlich" (!) auch nicht sein! Ob-
wohl ihm die Mischbarkeit mit Wasser und die
Möglichkeit des Auftrages mit dem Pinsel, wie
wir gesehen haben, zur Genüge bekannt gewesen
ist, beharrt er bei seiner oft wiederholten starren
Meinung, Punisches Wachs wurde nur als Paste
in kaltem Zustand mit dem Cestrum verarbeitet,
um nachher am Schluss durch Ueberstreichen
mit dem heissgemachten Glühstab „eingebrannt"
zu werden. Alles nur, um seine „anerkannte"
Enkaustiktheorie aufrecht zu erhalten!
111.
Als ich vor etwa zwölf Jahren anfing, mich
mit der Rekonstruktion der antiken Techniken
zu befassen, musste ich naturgemäss zur Frage
des „Punischen Wachses" Stellung nehmen und
nachdem ich die von Plinius und Dioskorides
überlieferte Bereitung des sogen. Punischen Wach-
ses praktisch versucht hatte, musste in mir die
Anschauung festen Fuss fassen, in dem Punischen
Wachs eine wassermischbare Masse, eine
Wachsemulsion, zu erblicken. Dazu veran-
lasste mich, ausser der bekannten Angabe des
Laugenzusatzes beim Kochen noch die weitere
Bemerkung des Plinius (s. oben), „das nach der
Besonnung nochmals geköchte Wachs sei am
weissesten". Also nicht das Bleichen allein,
sondern das abermalige Kochen macht es
so weiss und darin musste ich den Hinweis auf
die Emulgierungsfähigkeit erblicken, durch
welche das in Lauge gekochte, hernach in dünnen
Lagen an der Sonne gebleichte Wachs beim aber-
maligen Kochen eine weisse Erscheinung gewinnt.
Die Gegner steifen sich immer darauf, dass
Plinius von der Emulgierungsfähigkeit oder
Wassermischbarkeit des Punischen Wachses
schweigt. Aber genügt es nicht, wenn in den

Angaben deutlich genug das Verfahren geschil-
dert ist? Und wenn jemand vorurteilsfrei das
Rezept nachmacht, muss er nicht erkennen, dass
durch das nochmalige Kochen des bereits leicht
verseiften Wachses eine richtige weisse, milch-
rahmartige Emulsion entsteht? Dass diese
Wachsemulsion ganz andere Eigenschaften
angenommen hat, als das gewöhnliche Bienen-
wachs sie aufweist und infolge davon ganz
andere Anwendungsmöglichkeiten gestat-
tet, ist doch selbstverständlich. Das hiesse ja den
alten Praktikern jedes Verständnis für technische
Dinge absprechen, wenn sie nicht sofort die Unter-
schiede erkannt und die Konsequenzen davon
gezogen haben würden!
Dies festzustellen, ist für die Kenntnis des
Punischen Wachses von grösster Tragweite und
was bisher unbegreiflicherweise übersehen wurde,
bildete für meine Rekonstruktion den Haupt-
angelpunkt.
(Fortsetzung folgt.)
Die weissen Farben.
Von Heinrich Trillich, Rüppur (Baden).
(Schluss.)
Die Zahl der weissen unlöslichen, künstlich her-
stellbaren Verbindungen ist eine sehr grosse, trotz-
dem kommen als Farben verhältnismässig wenige
in Betracht.
Die technisch wichtigste ist das Blei weiss,
und zwar als basisch kohlensaures Blei, geschätzt
wegen seiner Schwere und unter Umständen her-
vorragenden Deckkraft in Oel, gefürchtet wegen
seiner Giftigkeit, leichten Schwärzbarkeit durch
Schwefelwasserstoff und Schwefelfarben und leich-
ten Löslichkeit in Säuren. Man unterscheidet sehr
verschiedene Herstellungsverfahren, die hinsichtlich
der Deckkraft durchaus nicht das gleiche Bleiweiss
geben. Das alte holländische Verfahren, das natür-
lich schon lange nicht mehr alleine in Holland ge-
übt wird, besteht in einer Schmelzung des Bleies
zu dünnen Platten oder Stangen mit recht grosser
Oberfläche, die, essig- und kohlensäurehaltiger Luft
ausgesetzt, in warmen Kammern oxydieren; das an-
gesetzte Bleiweiss wird von Zeit zu Zeit abgeklopft,
dann gesiebt. Dieses Verfahren erfordert sehr grosse
Anlagen und bei dem langsamen Prozess auch sehr
grosse Arbeitsvorräte, es ist daher vielfach durch
chemische Verfahren verdrängt, bei denen zunächst
aus Bleiglätte und Essigsäure Bleizucker gekocht
wird, den man dann mit Kohlensäure behandelt,
oder bei denen man Kohlensäure in ein bleizucker-
haltiges Gemisch von Bleiglätte und Wasser leitet.
Diese Prozesse bedingen grosse Sorgfalt, da sonst
leicht schlecht deckendes oder gar lasierendes Blei-
weiss entsteht, das kein Maler als Bleiweiss ansehen
würde. Ein mit grossen Hoffnungen aufgenommenes
elektrolytisches Verfahren hat sich nicht bewährt.
 
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