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Münchner kunsttechnische Blätter — 1.1904-1905

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Nr. 3
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Berger, Ernst: Ueber die Lichtbeständigkeit unserer Malerfarben [3]
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Wolter, Franz: Franz v. Lenbachs Maltechnik [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.36597#0015

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Nr. 3.

Münchner kunsttechnische Blätter.

11

ausgedehnt werden und nicht nur deren Bestän-
digkeit im Sonnenlicht, sondern auch im zer-
streuten Tageslicht (Atelier- und Ausstellungs-
licht) soll einer vergleichenden Untersuchung
unterzogen werden.
Die aus all' den oben erwähnten Versuchen
sich ergebenden Schlüsse wird wohl jeder selbst
zu ziehen imstande sein. Da die Tatsachen längst
bekannt sind, hat man auch vielfach bei der Aus-
wahl der Farben darauf Rücksicht genommen.
Zunächst ist es selbstverständlich, dass für Ma-
lerei von Aussenwänden alle Farben zu vermei-
den sind, die dem Licht nicht absolut stand-
halten (abgesehen von den besonderen Einschrän-
kungen bestimmter Bindemittel wie Kalk, Wasser-
glas u. a.), aber auch für transportable Malereien
(Staffeleibilder, Ausstellungsbilder, farbige Zeich-
nungen, Lithographien u. s. w.) ist es notwendig,
die lichtbeständigen Farben zu wählen. Der Unter-
schied zwischen direktem Sonnenschein und dem
für die meisten Bilder in Betracht kommenden
zerstreuten Tageslicht ist wohl sehr erheblich.
Englische Physiker haben auf photometrischem
Wege berechnet, dass das letztere 400 mal schwä-
cher ist. Nach dieser Annahme würden, auf unsere
Beispiele angewendet, manche Farben erst in 1200
Monaten, d. i. in 100 Jahren, verblassen, dies also
für die meisten Zeitgenossen kaum bemerkbar
werden. Wenn man aber bedenkt, dass einzelne
flüchtige Farbstoffe schon in der halben Zeit, mit-
unter sogar schon nach 15 Stunden ihren Farben-
ton verändert hatten und in Betracht zieht, wie
stark die Sonne in den Sommermonaten auf die
oft nur mit dünnen Velarien bedeckten Ober-
lichter unserer grossen Ausstellungssäle scheint,
wird man es begreiflich finden, dass Farben in
kürzerer Zeit verblassen können, selbst wenn sie
nicht dem direkten Sonnenlicht ausgesetzt ge-
wesen sind.*)
Jedem Maler muss es daran liegen, seine
Werke möglichst unverändert erhalten zu sehen,
und er muss alles daran setzen, so weit es in
seiner Macht steht, deren zeitlichen Untergang
zu verhindern. Deshalb ist es wichtig, sich mit
den Einflüssen des Lichtes auf die Beständig-
keit der Farben zu beschäftigen. Vor allem wähle
*) Dass das Licht in unseren Ausstellungen intensiv ge-
nug ist, in einer einzigen Saison ganz erhebliche Tonver-
änderung hervorzubringen, z H. farbige Tonpapiere völlig
zu bleichen, hatte der Verfasser selbst Gelegenheit sehr un-
angenehm zu empfinden, als er im vorigen Jahr eine auf grün-
lichem Tonpapier ausgeführte farbige Zeichnung nach Schluss
der Ausstellung aus dem Passepartout nahm. Es zeigte sich
eine so starke Verblassung des Papieres, wo dasselbe nicht vom
Passepartout geschützt war, dass die ganze auf dem grünlichen
Ton basierte Farbenstimmung darunter gelitten hatte. Schon
in der Ausstellung selbst war mir dies zwar aufgefallen, ich schob
es aber auf Kosten der Umgebung, weil die eigenen Arbeiten
in der Ausstellung meist anders wirken als in der Werkstatt,
aber hier war die Ursache deutlich genug dem Verblassen des
Farbentones zuzuschreiben.

man sich eine kleine Farbenskala, deren ein-
zelne Teile aber alle Eigenschaften der Licht-
beständigkeit aufweisen. Unter den zahlreich zur
Auswahl stehenden Farben sind deren ja ge-
nügend vorhanden.
Franz v. Lenbachs Maltechnik.
Von Franz Wolter.
Ein jeder Maler, der mit eigenen Augen die
Welt betrachtet und von ihr seinen malerischen
Bericht, seine Anschauung gibt, sie in Form und
Farbe verkörpert, findet auch für seine Darstel-
lung die technischen Mittel, welche sich allmäh-
lich zu einer eigenen ganz charakteristischen
Sprache ausprägen. Mag dieses, was wir Technik
oder Handwerk nennen und das im Grunde un-
zertrennlich mit allen anderen geistigen Fak-
toren, aus denen die Malerei besteht, verbunden
ist, anscheinend ganz einfacher oder kompli-
zierter Natur sein, ihre Hauptquellen leiten sie
her von der persönlichen Auffassung des male-
rischen Sehens. Alle Kenntnis von Farben, Oelen,
sonstigen Bindemitteln, alle Vorteile, die z. B.
Tizian beim Malen angewandt, würden einem Ma-
ler, der keinen Geist ähnlich dem Tizians be-
sässe, nichts nützen. Nach dieser Richtung hat
Böcklin freilich recht, wenn er sagt: „Technik
kann jeder Schafskopf haben, kann jeder lernen."
Anderseits aber ist die Kenntnis von mal-
technischen Dingen wieder so wichtig, dass sie
für den, der ein Dichter unter den Malern ist,
unentbehrlich wird, schon deshalb, wenn er Wert
darauf legt, dass sein Werk der Nachwelt er-
halten bleiben soll. Einer unserer geistreichsten
Maler, Franz v. Lenbach, hat denn auch einen
grossen Teil seines Lebens damit zugebracht,
immer wieder rein technische Vorteile zu er-
ringen und insbesondere den alten Meistern die
Geheimnisse ihrer Werkstatt abzulauschen. Bis
fast zu seinem Lebensende interessierten ihn
Probleme rein technischer Natur und wenn ein
anderer etwas Neues von den Alten entdeckte
oder gefunden zu haben glaubte, so nahm der
Vielbeschäftigte sich immer noch Zeit, neue Ex-
perimente zu verfolgen.
Zu den genussreichsten Stunden, die ich in
Lenbachs Atelier verlebte, gehörten diejenigen,
in welchen der Meister sich über alte und neue
Kunst, über Anordnung von seinen Werken in
Ausstellungen und über technische Dinge aus-
sprach. Es war dies letztere um so interessanter,
als er auch gerne seine praktischen Versuche,
die er in seinem Leben gemacht, entweder auf
den vorhandenen Tafeln zeigte oder gleich mit
Pinsel und Farbe seine Anschauung illustrierte.
Was den Meister am stärksten in seiner Künstler-
laufbahn beschäftigte, wardieTemperatechnik
 
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