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Münchner kunsttechnische Blätter — 1.1904-1905

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Nr. 19
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Ueber fette Oele und Firnisse [2]
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Floerke, Hanns: Der Kunstunterricht in den Niederlanden im 17. und 18. Jahrhundert [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.36597#0090

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86

Münchner kunsttechnische Blätter.

Nr. 19.

erhitzt. Es wird dadurch der Vorteil erreicht,
dass angeblich kein Gewichtsverlust eintritt, und
dass Bernstein, welcher nach dem gewöhnlichen
Schmelzverfahren ein tiefschwarz gefärbtes Harz
hinterlässt, nach der Behandlung nicht mehr ge-
färbt erscheint als in unverändertem Zustande
Durch die bedeutende Spannung der sich bilden-
den Dämpfe ist der Betrieb sehr erschwert und
gefährlich. Bezüglich des Oelsiedens ist zu be-
merken: Da das Oe! nie ganz ruhig kocht, sondern
vorzüglich im Anfang ziemlich stark schäumt,
so darf der Kessel nicht mehr als halb oder zwei
Drittel voll sein. Sollte das Aufwallen zu heftig
werden, so giesst man etwas kalten fertigen
Firnis zu und mässigt dann rasch das Feuer.
Auch ist es zweckmässig, fortwährend zu rühren
und das heisse Oel so viel wie möglich mit der
Luft in Berührung zu bringen. Dieses macht
man vollständiger, wenn man mit einem grossen
Löffel einen Teil ausschöpft und dieses in einem
dünnen Strahl in den Kessel zurückfliessen lässt.
Durch Unvorsichtigkeit ereignet es sich leicht,
dass das Oel sich entzündet, deshalb sollte stets
ein genau schliessender Deckel zur Hand sein.
In solchen Fällen tut Geistesgegenwart not. So-
bald man bemerkt, dass durch verstärktes Rühren
oder Zusatz von kaltem Firnis nicht mehr zu
helfen ist, ist der Kessel rasch vom Feuer zu
entfernen, nachdem man ihn vorher bedeckt hat.
Nie sollte es unter freiem Himmel geschehen,
da ein Regentropfen, der in das siedende Oel
fällt, durch die plötzliche Dampfbildung ein ex-
plosionsartiges Aufwallen und Ueberkochen zur
Folge haben kann.
In grösserem Masstabe geschieht die Er-
hitzung des Oeles entweder in eingemauerten
Kesseln durch freie Feuerung oder durch ge-
spannten Dampf (Andes, die trocknenden Oele,
pag. 69).
Fette Firnisse. Die einfachste Form der
fetten Firnisse ist der reine Leinölfirnis, oder
vielmehr das Leinöl, dem man die Eigenschaft
erteilt hat, rasch an der Luft zu trocknen. Es
kann dies geschehen, indem man es für sich
längere Zeit an der Luft erhitzt, oder indem
man es mit Bleioxyd, Glätte oder mit Braun-
stein kocht, oder indem man es mit einer Lö-
sung von basisch-essigsaurem Blei schüttelt oder
indem man es mit borsaurem Manganoxydul kocht.
Die gewöhnlichste Methode ist das Kochen
mit Bleioxyd, Bleiglätte. Das Oel wird im Kessel
(höchstens zwei Drittel gefüllt) allmählich erhitzt,
bis das anfangs leicht aufwallende Oel ganz ruhig
fliesst und keinen Schaum mehr bildet. Der zu-
erst entstehende Schaum, bestehend aus Un-
reinigkeiten des Oeles, wird, so wie er sich bildet,
mit einer Schaumkelle abgezogen. Alsdann setzt
man 3 Prozent Bleiglätte (50 kg Oel : 1 '/s Blei-
glätte), die vorher etwas erwärmt ist, um sie

vollständig auszutrocknen, hinzu, und erhält das
Oel damit während etwa zwei Stunden unter fort-
währendem Umrühren stark erhitzt. Die Tempera-
tur soll zunächst so hoch werden, dass eine ein-
getauchte Federfahne sich zusammenkrümmt und
windet. Der fertige Firnis wird im Kessel er-
kalten gelassen und dann längere Zeit gelagert;
die Unreinigkeiten setzen sich zu Boden.
Nach Mulder (Polyt. Journ. 157, 459) wird
Leinöl mit 3 Prozent Mennig in offenem Gefäss
gekocht, absetzen gelassen, filtriert und in flacher
mit Glas bedeckter Bleipfanne der Sonne aus-
gesetzt. Bleiglätte wirkt weniger gut als Men-
nige. Letztere bildet leinölsaures Blei, wodurch
der Anstrich an Härte gewinnt und leitet die
Oxydation ein. Zur Anfertigung bleifreier Fir-
nisse ist ein Zusatz von 1—2 Prozent borsaurem
Mangan zu empfehlen.
(Schluss folgt.)
Der Kunstunterricht in den Nieder-
landen im 17. und 18. Jahrhundert.
Von Dr. Hanns Floerke.
(Mit einer Abbildung.)
(Mit freundlicher Erlaubnis des Verfassers der
„Studien zur niederländischen Kunst- und Kultur-
geschichte" *) und des Verlegers bringen wir hier einen
kurzen Abschnitt, S. 133 f., zum Abdruck, von dem
wir glauben, dass er unsere Leser interessieren wird.)
Von einem theoretischen Unterricht in der
Malerei war bis zum 17. Jahrhundert überhaupt keine
Rede, vor dem r6. schon gar nicht, und auch dann
ahnte man noch so gut wie nichts davon: Li on ar-
dos Traktat war für die Niederlande so gut wie
nicht geschrieben. Die Praxis war alles, und sie
wurde in steter handwerklicher Arbeit gewonnen.
Die Elemente des Zeichnens, der Kalligraphie und
des Kolorierens von Heiligenbildern, wie sie bei kirch-
lichen Festen und dem Umzug der „Lazarussen"
in Antwerpen massenhaft verkauft und gegen eine
Gabe verschenkt wurden, waren frei und überall er-
lernbar. Der Lehrling brachte sie meist schon aus
dem Elternhause in die Werkstatt des Meisters mit.
Hier hatte er die niedrigsten Verrichtungen zu be-
sorgen: er war Laufbursche und Sündenbock. Was
er ausser der umständlichen Bereitung der Farben,
Firnissse und Malgründe lernte, musste er dem Meister
im Laufe der Jahre absehen und ablauern, festigte
er in täglicher Uebung, wie sie die ornamental-de-
korativen Arbeiten, welchen er die Hauptsumme
seiner Zeit zu opfern hatte, mit sich brachten. Die
wachsende Geschicklichkeit verschaffte ihm Anteil
auch an den wenigen künstlerischen Arbeiten seines
Meisters, wovon weiter unten zu sprechen sein wird.
Die ersten Schritte in die Selbständigkeit erlaubte
ihm das Malen von Miniaturen. Hier lernte er all-

*) München und Leipzig bei Georg Mutier, :90g.
 
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