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Münchner kunsttechnische Blätter — 1.1904-1905

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Nr. 15
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Pettenkofer, Max von: Eine Niederschrift v. Pettenkofers über das Regenerationsverfahren [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.36597#0073

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MTFR

17. April 1905.

Herausgegeben von der ,.Werkstatt der Kunst", ERNST CLOSS.
Erscheint 14tägig unter Leitung von ERNST BERGER, München.

Nr. 15.

Inhalt: Eine Niederschrift v. Pettenkofers über das Regenerationsverfahren (Schluss). — Ueber den Einfiuss von Anomalien
und Erkrankungen des Sehorganes auf die Maltechnik. Von Dr. Emil Berger (Fortsetzung). — Die Herstellung von
Oelfarben für den Anstrich. — Vermischte Nachrichten.

Eine Niederschrift v. Pettenkofers über das Regenerationsverfahren.
(Schluss.)

Der Kopaivabalsam hat vor allen dahin zielen-
den, bisher üblichen Mitteln entschiedene Vor-
züge. In solchen Fällen wurden bisher wesent-
lich Essenzfirnisse (Lösungen von Harzen in Ter-
pentin) und häufig auch nach Abnahme des Fir-
nisses fette trocknende Oele oder Mischungen,
welche solche enthielten, verwendet. Die Harz-
firnisse werden an der Luft schnell dick, zäh
und hart, und können deshalb nicht Zeit finden,
die feinen Zwischenräume so vollständig auszu-
füllen, dass die Wirkung der molekularen Tren-
nung verschwinden. Den Harzfirnissen könnte —
aber auch nur annähernd — in einzelnen Fällen
die Wirkung des Kopaivabalsams erteilt werden,
wenn sie nach dem Trocknen der Alkoholatmo-
sphäre ausgesetzt werden, wodurch aber bei öfterer
Wiederholung die Bilder einen unangenehmen
und selbst gefährlichen Zustand von Sprödigkeit
erreichen würden, während der Kopaivabalsam
diesem gerade sehr zweckmässig entgegenwirkt.
Als ein natürlich-flüssiges Harz gibt er den bald
spröd werdenden Harzfirnissen einen wünschens-
werten Grad von Geschmeidigkeit, und ist es
deshalb in vielen Fällen zu empfehlen, regene-
rierte Harzfirnisse damit zu behandeln, welche
dann dem Einfluss der Luft viel länger Wider-
stand leisten und eine erneute molekulare Tren-
nung viel weniger befürchten lassen.
Ein weiterer grosser Vorteil des Kopaiva-
balsams ist, dass eine verhältnismässig so ge-
ringe Menge ausreicht, und auf den Farben nie
dicke Schichten wie beim Firnisse zu sitzen kom-
men, dass die Oberfläche damit nie uneben oder
wellig gemacht werden kann und nicht über das
ganze Bild als ein ganz gleichmässiger Ueberzug

gelegt zu werden braucht, weil er sich mit dem
Pinsel und mit der Hand ganz beliebig und wieder-
holt verteilen lässt, ohne dass man die Ansätze
im geringsten wahrnimmt. Er besitzt in dieser
Hinsicht und vereinigt in sich die Vorteile der
Harze und der Oele ohne deren Nachteile.
Die Einführung des Kopaivabalsams in den
Galerien bezweckt, die fetten Oele bei jeder kon-
servatorischen Behandlung der Oelgemälde gänz-
lich und für immer zu vermeiden, diesen nie
mehr Oel zu geben, als in der frischen Oelfarbe
unvermeidlich enthalten ist. Bisher hat es zur
Regel gehört, bei sehr ausgetrockneten Bildern,
d. h. bei solchen, welche einen hochgradigen Ver-
lust des molekularen Zusammenhangs erlitten
haben, nach Abnahme des Firnisses die Farben
mit frischem Oele zu nähren. Jede Oelfarbe ver-
liert an der Luft ihren molekularen Zusammen-
hang (schlägt ein), der dann mit Firnis oder frischem
Oel wieder hergestellt werden kann. Der mole-
kulare Zusammenhang bereits erhärteter Oele ist
sehr schwierig, oft gar nicht mehr herzustellen
und man erzeugt deshalb durch das Einreiben
mit Oel für später nicht selten ganz unheilvolle,
bleibende Trübungen. Der Kopaivabalsam hin-
gegen behält erstlich seinen Zusammenhang viel
länger, und dann wenn er ihn auch verliert, so
erlangt er denselben in einer Alkoholatmosphäre
sehr leicht und vollständig wieder, während diese
auf erhärtetes Oel ohne alle Wirkung ist. Ebenso
wie reines Oel verhalten sich alle ölhaltigen Binde-
und Trockenmittel, wie z. B. die verschiedenen
Sorten von Malbutter. Die stellenweisen Einrei-
bungen damit haben schon Tausende namentlich
von alten Bildern bleibend beschädigt.
 
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