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Münchner kunsttechnische Blätter — 1.1904-1905

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Nr. 25
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Die Reform der Malverfahren
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https://doi.org/10.11588/diglit.36597#0115

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Nr. 25.

Münchner kunsttechnische Blätter.

Ill

Die Reform der Malverfahren.
Die „Münchn.N. Nadir." veröffentlichen in ihrer
Nr. 375 vom 12. August d. J. folgenden Artikel, den
wir in Hinblick auf die in unserer vorigen Nummer
angeregten Frage hier zum Abdruck bringen:
Die Reform der Malverfahren ist ein Gebiet,
welches auch nach Böcklins und Lenbachs Tod die
führenden Kreise unserer Malerei auf das lebhaf-
teste beschäftigt. Immer klarer drängt sich das Be-
wusstsein auf, dass ohne Herstellung besserer Mal-
mittel eine organische und gesunde Fortbildung der
Malerei sich nicht erhoffen lässt. Es werden daher
sowohl von Chemikern als auch von Künstlern un-
ausgesetzt Forschungen und Versuche auf diesem
Gebiete angestellt und zwar mit recht erfreulichen
Erfolgen. Die Losung, die sie alle beherrscht, lautet:
„Los vom Oel!" Denn dass das Oel nicht das
Bindemittel war, welches die alten Meister benutzten,
ist bereits eine erwiesene Tatsache.* *)
Professor Hubert von Herkomer bedient sich,
wie er auf den Etiketten unter seinen gegenwärtig
im Kunstverein ausgestellten Bildern eigens mitteilt,
der Gundermann'schen Farben. Auch diese sind
ohne Oel und von dem hier lebenden Erfinder
selbst zubereitet. Professor v. Herkommer und an-
dere namhafte Künstler sprechen sich mit grosser
Anerkennung über die mit den Gundermann'schen
Farben erzielten Erfolge aus. Ueber die Haltbar-
keit derselben wird natürlich erst die Zeit entschei-
den. Ganz ausserordentlich sind ferner die Ergeb-
nisse, welche Professor F. A. v. Kaulbach neuerdings
mit Professor Fleischers „Meisterfarben" er-
langt hat. Wir verweisen auf die Sonderausstellung
dieses Meisters, welche zur Zeit in dem von ihm
mit fürstlichem Geschmacke arrangierten Kabinett
im Glaspalast statthat. Einige der dort vorgeführten
Bilder sind mit Fleischers Farben hergestellt. Wir
glauben, dass es nicht notwendig ist, sie eigens zu
bezeichnen, denn jedes für malerische Werte einiger-
massen geschulte Auge wird die mit Fleischers
Farben gemalten Bilder sofort an ihrer reichen Qua-
lität erkennen. Wenn auch nicht jeder Maler das
erreichen wird, was ein F. A. v. Kaulbach in dieser
Richtung zu geben hat, so dürfte sich doch für
jeden Maler ein Versuch auch mit diesen Farben,
die von der Firma Dr. Fr. Schoenfeld & Co. in
Düsseldorf in den Handel gebracht worden sind,

verrührt, wobet noch kaltes Wasser zur Verdünnung beige-
mischt werden kann. Nimmt man statt Pottasche Soda, dann
ist es angezeigt, noch 10 g in Wasser gelöste Venetianer-
Seife (i. e. durch Natronlauge verseiftes Olivenöl) mitzukochen.
Die Masse wird dadurch geschmeidiger. Am einfachsten kann
man sich eine Wachsemulsion herstellen, indem man Wachs
mit Venetianerseife kocht (z. B. too g Wachs, 25 g Vene-
tianerseife, 250 g Wasser).
*) In dieser allgemeinen Form dürfte sich die Behaup-
tung kaum aufrecht erhalten lassen. Wir würden dem Herrn
Verfasser des Artikels gerne die Spalten des Blattes zur Ver-
fügung stellen, wenn er seine Ansicht eingehender begründen
wollte. D. Red.

um so mehr empfehlen, als ausser F. A. v. Kaulbach
auch noch andere Meister von Ruf sich sehr be-
friedigt über Fleischers Farben aussprechen. Im be-
sonderen heben sie hervor, dass diese Farben sich
selbst bei öfterem Uebermalen nicht verändern, eine
Eigenschaft, die bei Oelfarben vermisst wird. Auch
bezüglich der Haltbarkeit liegen Erfahrungen vor
die Vertrauen einflössen.*) Bekanntlich hat Professor
Ph. Fleischer vor einiger Zeit in der Alten Pinakothek,
dank dem Entgegenkommen Geheimrat v. Rebers,
Kopien nach Rubens nach seinem System herge-
stellt, welche in Künstlerkreisen Aufsehen erregten.
Bei der ganz ausserordentlich grossen Bedeu-
tung, welches das Erzielen einer den Anforderungen
höchster malerischer Kunst und Technik entsprechen-
den Farbenkomposition hat, dürfte es sich empfehlen,
wenn hier gelegentlich eine Ausstellung, wenn auch
in kleinem Rahmen, arrangiert würde, in welcher
unsere Künstler ihre Resultate und Erfahrungen
zeigen. In erster Linie wäre es wünschenswert, wenn
einmal die von hiesigen namhaften Künstlern mit
den Farben Gundermanns, Fleischers und anderer
Erfinder gemalten Bilder zu einer Ausstellung ver-
einigt würden. Eine sehr lohnende Aufgabe, z. B.
für unseren Kunstverein, der damit ohne Zweifel
wertvolle Anregungen vermitteln und grossen Nutzen
stiften könnte!
Nachschrift der Redaktion:
Die Idee, durch eine Ausstellung von mit den
genannten Malmaterialien hergestellten Werken die
Künstlerschaft für die neuen Farben zu interessieren,
ist uns sehr sympathisch. Die zunächst Beteiligten
sollten der gegebenen Anregung Folge leisten und
die nötigen Schritte -zur Verwirklichung dieser mal-
technischen Umschau tun. Es sind seit der letzten
Ausstellung für Maltechnik im Glaspasast zwölf
Jahre verflossen und gerade in dieser Zeit hat die
Temperamalerei mancherlei Neues gebracht und
viele neue Anhänger gefunden. Wir würden es
aber auch befürworten, dass die Ausstellung nicht
nur im Münchener Kunstverein, sondern auch in
den andern grossen Kunststädten Deutschlands, wie
Berlin, Düsseldorf, Dresden, Karlsruhe, Weimar etc.,
ebenso in Oesterreich und der Schweiz gezeigt wer-
den könnte, däss also eine maltechnische Wander-
ausstellung zustande komme, die sowohl Künstler
als Fabrikanten und Erfindern nur Vorteil brächte.
Die „Werkstatt der Kunst", als Organ für die Inter-
essen der bildenden Künstler, ebenso die „Münchner
kunsttechnischen Blätter" stellen ihre Spalten gerne
zur Verfügung, um die gegebene Anregung weiter
zu verbreiten oder Ideen zu deren Verwirklichung
bekannt zu machen.

*) Wie Herr Franz Gundermann im Anschiuss an den
Artikel den „Müncbn. N. Nachr." mitteilt, liegen auch bezüg-
lich der Dauerhaftigkeit der von ihm erfundenen Farben gute
Ergebnisse vor, was u. a. von den Herren Professor Rudolf
V. Seitz, Stuck, v. Zumbusch bestätigt wird.
 
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