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Münchner kunsttechnische Blätter — 1.1904-1905

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Nr. 21
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Berger, Ernst: Unterschiede zwischen Bienenwachs und dem sogen. Punischen Wachs [1]
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Die sogenannten Normalfarben [2]
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94

Münchner kunsttechnische Blätter.

Nr. 21.

Unterschiede zwischenBienenwachs
und dem sogen. Punischen Wachs.
Von Maler E. Berger.
Ueber „Punisches Wachs" ist schon viel ge-
stritten worden, seitdem sich Geiehrte, Künstler
und Techniker mit der Maitechnik des Altertums
beschäftigten. Denn von der richtigen Erklä-
rung dieser in den alten Schriftquellen mehrfach
genannten Wachsart hängt zum grossen Teil die
richtige Erkenntnis der alten Malertechnik und
der vielgedeuteten sogen. Enkaustik ab. Es soll
freilich nicht geleugnet werden, dass es sehr
schwierig ist, jetzt nach 2000 und mehr Jahren
über einen Ausdruck, den ein oder der andere
antike Schriftsteller als Terminus technicus seinen
Zeitgenossen bekannt voraussetzen konnte, ohne
weiteres im klaren zu sein, aber unmöglich ist
es nicht, wenn man die Nachrichten darüber sorg-
fältig prüft und mit den Anwendungsweisen, wie
sie aus dem Material zu folgern sind, damit in
Vergleich zieht.
Die Hauptquelle für antike Technik ist be-
kanntlich das grosse encyklopädische Sammel-
werk des älteren Plinius. Diese beschreibt
XXI. Buch Abschnitt 83 ff., wo er vom Wachs im
allgemeinen, von seiner Gewinnung und den Be-
zugsorten spricht, die Eigenschaften des aus Pon-
tus, Kreta und Korsika bezogenen Waches und
fährt dann (in Uebersetzung) also fort:
„Das beste ist das sogen, puniscile... (84)
Das Punische bereitet man folgendermassen:
Gelbes Wachs wird im Freien längere Zeit der
Luft ausgesetzt. Darauf kocht man es in Meer-
wasser, welches man aus der Tiefe geschöpft
hat, mit einem Zusatz von „Nitrum" (i. e.
Lauge oder Pottasche), schöpft davon mit Löffeln
das oberste ab, d. h. den weissesten Teil, und
giesst es in ein Gefäss mit etwas kalten Wasser.
Dies kocht man nochmals besonders mit Meer-
wasser und kühlt dann das Gefäss ab. Nach-
dem man dies dreimal wiederholt hat, trocknet
man es im Freien auf einem Binsengeflechte bei
Sonnen- und Mondschein. Das letztere macht es
weiss, die Sonne trocknet es, und damit es nicht
schmelze, bedeckt man es mit einem dünnen
Leinentuch. Am weissesten wird es, wenn es
nach der Besonnung nochmals gekocht wird.
Das Punische Wachs ist zu Arzneien am taug-
lichsten. (85) Mit Papierasche wird Wachs*)
schwarz, mit Anchusawurzel rot gefärbt, und
die verschiedensten Farben gibt man ihm durch
färbende Stoffe, um Dinge der Wirklichkeit ge-
treu nachzuahmen (d. h. zur Malerei und Wachs-

*) Es sei hier gleich bemerkt, dass im Text des Plinius
cera ohne weitere Bezeichnung steht. Donner- v. Richter fügt
jedoch wihkürlich das Wort „punica" hinzu; der Grund wa-
rum wird weiter unten erklärt werden.

büsten), auch dient es dem Menschen zu un-
zähligen anderen Zwecken, sogar zum Schutze
der Wände und der Waffen."
Aus dieser Anweisung geht als charakte-
ristisch für das „Punische Wachs" hervor, dass
es erst mit Lauge (Nitrum) und dann in Wasser
mehrfach gekocht wurde, bevor es gebleicht
wurde und dass es nach der Bleichung aber-
mals in Wasser gekocht werden sollte.
Das sind alles Vorschriften, die beachtet
werden müssten, wenn über die Eigenschaften
dieser Wachsart ein Urteil gefällt werden soll.
Man hat vielfach angenommen, dass mit der Be-
zeichnung „Punisches Wachs" ausschliesslich die
Herkunft aus dem Lande der Punier, also etwa
Karthago, wo sich natürliche Soda gefunden habe,
gemeint sei, aber da Dioskorides in seiner
Meteria medica (lateinische Ausgabe, II, 105) fast
die gleiche Anweisung zur Bereitung des „Pu-
nischen" Wachses gibt, ist der Schluss nicht un-
berechtigt, dass unter dieser Bezeichnung die
Herstellungsart und nicht das Ursprungsland
gemeint sei. Ja, die Angabe des Dioskorides,
wenn „kein Meerwasser zu haben sei, könne man
die wiederholten Kochungen in starker Salzlauge
vornehmen", macht es ohne Zweifel klar, dass
in der Bereitung das wesentliche Moment des
sogen. Punischen Wachses erkannt werden muss.
In Uebereinstimmung mit Plinius wird hier
gleichfalls Lauge bei der Kochung hinzuge-
fügt (insperso etiam nitro momento). Man hat
es demnach mit einer bestimmten, wohl überall
in ähnlicher Weise geübten Methode zu tun,
nach welcher „Punisches" Wachs fabriziert wurde.
Darüber wird wohl kaum eine Meinungs-
differenz bestehen, aber sie besteht bezüglich der
Wirkung der obengenannten Prozeduren auf die
speziellen Eigenschaften dieser Wachsart und
zwar in weit auseinandergehendem Sinne.
(Fortsetzung folgt.)
Die sogenannten Normalfarben.
(Schluss.)
Es lässt sich darüber verschiedener Ansicht
sein, ob die Bezeichnung „Normalfarben" glück-
lich gewählt ist, denn manche dieser Farben, die
für Oelmalerei allen Ansprüchen zu genügen
scheinen,*) sind in anderen Techniken, z. B. in
der Freskomalerei oder für Aussenmalerei, andere
wieder für Aquarell mehr oder weniger unbrauch-
bar. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, für

s) Auch darüber lässt sich streiten. Asphalt z. B. ge-
hört entschieden nicht in diese Liste, ebensowenig als Mumie,
die früher darin aufgenommen war. Graphit mag für Schiffs-
und Brückenanstrich gut sein, für künstlerische Oelmalerei ist
er wegen seines Metallglanzes untauglich; überdies wächst
Graphit durch, was schon Ludwig (Techn. d. Oelmalerei S. 177)
bemerkte.
 
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