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Münchner kunsttechnische Blätter — 1.1904-1905

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Nr. 23
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Ueber Bleivergiftung und deren Verhütung [1]
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Berger, E.: Eine Berichtigung
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https://doi.org/10.11588/diglit.36597#0108

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104

Münchner kunsttechnische Blätter.

Nr. 23.

viele, auch jüngere Kollegen sich ihre Farben selbst
reiben und insbesondere das Bleiweiss in grösseren
Mengen gebraucht wird, bringen wir dieses „Merk-
blatt" hier zum Abdruck. Gleichzeitig bemerken wir,
dass nach dem Ausspruch eines der ersten Augen-
ärzte Münchens Maler, die zu Augenkatarrhen in-
klinieren, in der Handhabung mit metallischen Staub-
farben vorsichtig sein sollten.
Blei-Merkblatt.
Wie schützen sich Maler, Anstreicher, Weiss-
binder, Lackierer und sonst mit Anstreicher-
arbeiten beschäftigte Personen vor Bleiver-
vergiftung?
Alle Bleifarben (Bleiweiss, Bleichromat, Mas-
sikot, Glätte, Mennige, Bleisuperoxyd, Pattison'sches
Bleiweiss, Casseler Gelb, Englisches Gelb, Neapel-
gelb, Jodblei u. a.) sind Gifte.
Maler, Anstreicher, Tüncher, Weissbinder, Lak-
kierer und sonst mit Anstreicherarbeiten beschäftigte
Personen, die mit Bleifarben in Berührung kommen,
sind der Gefahr der Bleivergiftung ausgesetzt.
Die Bleivergiftung kommt gewöhnlich dadurch
zustande, dass Bleifarben, wenn auch nur in geringer
Menge, durch Vermittelung der beschmutzten Hände,
Barthaare und Kleider beim Essen, Trinken oder
beim Rauchen, Schnupfen und Kauen von Tabak
in den Mund aufgenommen oder während der Ar-
beit als Staub eingeatmet werden.
Die Folgen dieser Bleiaufnahmen machen sich
nicht alsbald bemerkbar; sie treten vielmehr erst
nach Wochen, Monaten oder selbst Jahren auf,
nachdem die in den Körper gelangten Bleimengen
sich so weit angesammelt haben, dass sie Vergif-
tungserscheinungen hervorzubringen imstande sind.
Worin äussert sich die Bleivergiftung?
Die ersten Zeichen der Bleivergiftung pflegen
in einem blaugrauen Saume am Zahnfleische, Blei-
saum genannt, und in einer durch Blässe des Ge-
sichts und der Lippen sich kundgebenden Blutarmut
zu bestehen. Die weiteren Krankheitserscheinungen
sind sehr mannigfaltig. Am häufigsten tritt die Blei-
kolik auf: Der Kranke empfindet heftige, krampf-
artige, von der Nabelgegend ausgehende Leib-
schmerzen (Kolikschmerzen); der Leib ist einge-
zogen und hart; dabei bestehen häufig Erbrechen
und Stuhlverstopfung, selten Durchfall. In anderen
Krankheitsfällen zeigen sich Lähmungen; sie be-
treffen gewöhnlich diejenigen Muskeln, durch welche
das Strecken der Finger besorgt wird, und treten
meistens an den Armen auf; ausnahmsweise wer-
den auch andere Muskeln an den Armen oder Mus-
keln an den Beinen oder am Kehlkopfe befallen.
Mitunter äussert sich die Bleivergiftung in heftigen
Gelenkschmerzen; von ihnen werden meist die Knie-
gelenke, seltener Gelenke an den oberen Glied-
massen ergriffen. In besonders schweren Fällen treten
Erscheinungen einer Erkrankung des Gehirns auf

(heftige Kopfschmerzen, allgemeine Krämpfe, tiefe
Bewusstlosigkeit oder grosse Unruhe, Erblindung).
Endlich steht die Bleivergiftung mit dem als Schrumpf-
niere bezeichneten schweren Nierenleiden und mit
der Gicht in einem ursächlichen Zusammenhänge. —
Bei bleikranken Frauen sind Fehl- oder Totgeburten
häufig. Lebend zur Welt gebrachte Kinder können
infolge von Bleisiechtum einer erhöhten Sterblichkeit
in den ersten Jahren unterliegen. Von bleikranken
Frauen an der Brust genährte Kinder werden mittels
der Milch vergiftet.
Abgesehen von den schweren, mit Gehirner-
scheinungen einhergehenden Fällen, welche nicht
selten tödlich verlaufen, pflegen die Bleivergiftungen
meist zu heilen, wenn die Kranken sich der wei-
teren schädigenden Einwirkung des Bleies entziehen
können. Die Heilung tritt nach mehreren Wochen
oder in schweren Fällen auch erst nach Monaten ein.
(Schluss folgt.)
Eine Berichtigung.
In Angelegenheit der transportablen Stuck-
Plaketten, über die wir in Nr. iç dieser Blätter
berichteten, hat die „Allgem. Zeitung" vom n. Juli
eine Zuschrift veröffentlicht. Auf Wunsch der Ein-
senderin bringen wir diese Zuschrift auch hier be-
reitwilligst zum Abdruck:
„Sehr geehrter Herr Redakteur! In Nr. 228 vom
18. Mai Ihres geschätzten Blattes (Allg. Ztg.) findet
sich eine freundliche Besprechung meiner Atelier-
Ausstellung von transportablen Stuck-Plaketten. Lei-
der hat sich, wie ich aus den mir eben zu Gesicht
kommenden »Münchner kunsttechnischen Blättern«
ersehe, daran ein Missverständnis geknüpft, das
Sie mir wohl gern beseitigen helfen. In dem Re-
ferat stand u. a. der Satz: »Wie weit sich die tech-
nischen Erfahrungen Frln. Hormanns mit den be-
kannten und oft erörterten Rekonstruktions-Versuchen
Ernst Bergers decken, verschwieg uns leider die
Künstlerin.« Herr Ernst Berger veröffentlicht in der
von ihm herausgegebenen, oben erwähnten Zeitschrift
zu Ihrem Referat eine Erklärung, die die Deutung
zulässt, als ob ich absichtlich über Bergers Rekon-
struktions-Versuche bezüglich der römisch-pompe-
janischen Stucktechnik hinweggegangen wäre, um
sie mir versteckt in irgend einer Form anzueignen.
Das, was ich für mich in Anspruch nehme, ist nicht
die Lösung maltechnischer Fragen, um welche sich
Herr Ernst Berger die grössten Verdienste erworben
hat, sondern ausschliesslich die Lösung der Trans-
portabilität des frisch angeworfenenFreskos. Hoch-
achtungsvollst S. F. Hormann."
Wir nehmen auch unsererseits die obige Er-
klärung des Fri. Hormanns zur Kenntnis und er-
achten die Angelegenheit hierdurch für erledigt.
E. B.

Verlag der Werkstatt der Kunst (E. A. Seemann, Leipzig).
 
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