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Münchner kunsttechnische Blätter — 1.1904-1905

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Nr. 15
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Berger, Emil: Ueber den Einfluss von Anomalien und Erkrankungen des Sehorganes auf die Maltechnik [3]
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Die Herstellung von Oelfarben für den Anstrich
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https://doi.org/10.11588/diglit.36597#0075

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Nr. 15.

Münchner kunsttechnische Blätter.

71

Selbstporträt Rembrandts^) mit den zugekniffenen,
lichtscheu nach abwärts gerichteten Augen sprechen
würden, Erscheinungen, wie dieselben bei Star-
kranken ganz gewöhnlich sind. Gram, an dem es
Rembrandt in seinen letzten Jahren nicht fehlte,
dürfte mit zum Entstehen dieser Augenkrankheit bei-
getragen haben. Man bringt häutig Kummer mit Star-
bildung in Beziehung, wenngleich dasselbe wissen-
schaftlich noch nicht erwiesen ist. Auch das Auf-
treten von Fettleibigkeit, welche in dem letzten
Porträt Rembrandts") hervortritt, wird in neuerer
Zeit in manchen Fällen mit Kummer und durch
denselben hervorgerufene Herabsetzung des Stoff-
wechselumsatzes im menschlichen Körper (Dr. G.
Levèn, Paris) in Beziehung gebracht.
Deutlicher tritt die Störung der Farbenwahr-
nehmung in den späteren Werken Michelangelos
zum Vorschein. In seinem bekannten Klageliede
des emsamen kranken Greises sagt er „gli ochi di
bitfa macinat' e pesti" (das Auge in gebrochenen
Farben sieht), von welcher Erscheinung der ver-
storbene Augenarzt, Hofrat Dr. A. M. Berger in
München'") sagt, dass sie „als Altererscheinung wohl
partielle Trübung der Kristallinse zu denken ist".
Auch die Sicherheit der Konturen liess bei Michel-
angelo in seinen letzten Jahren erheblich nach.
Beide Ursachen veranlassten den hochbetagten
Meister für Stuck und Malerei und später 1559
oder 1560 auch per le cose d'architecture in der
Person junger Künstler unterstützende Kräfte aus-
zuwählen, „non possendo disegnare piu perlavechiaia,
ne tirar linee nette".
Anomalien des Farbensinnes können auch an-
geboren, in vielen Fällen wahrscheinlich durch Ver-
erbung entstehen.
Zu diesen gehören die „Anormal. Trichoma-
tischen", auf welche zuerst Lord Rayleigh (1880)
aufmerksam machte. Derselbe stellte aus der Mi-
schung von Rot und Grün in der Proportion von
3,13 : i ein für ihn und die meisten Untersuchten
gelb erscheinende Farbe her, während seine drei
Schwäger und einzelne andere Personen behaup-
teten, dass die gemischte Farbe denselben so rot
wie Siegellack vorkomme; für letztere musste die
Mischung von Rot und Grün in der Proportion von
i,g : i vorgenommen werden, um gelb zu ergeben. —
Bisher sind die anormal Trichomatischen") noch
wenig wissenschaftlich geprüft und nicht bekannt, ob
diese Anomalie des Farbensinnes einen Einfluss auf
die Farbendarstellung von Malern haben könne.
Von einer Anzahl von Beobachtern wurden
im Farbenspektrum nur zwei Farben erkannt, ent-

8) Vergi. Michel a. a. O. S. 4S6.
") In der National Gallery aus dem Jahre :664.
'") A. M. Berger, Der von Michel Angelo Buonarrottl
eigenhändig geschriebene Augentractat (XVI. Jahrhundert).
München 1S97.
") Vergi, die Literatur über die anormal. Trichromatischen
bel F e i 1 c h e n f e 1 d. Archiv für Augenheilkunde L. Seite 4S, 1904.

weder nur gelb und blau (Rot-Grün-Blindheit) oder
seltener rot und grün (Gelb-Blau-Blindheit); unge-
mein selten ist absolute Farbenblindheit als ange-
borene Anomalie.
Selbstverständlich kommen diese Fälle von
Farbenblindheit für uns hier nicht in Betracht, da
dieselben frühzeitig erkannt werden und von der
Wahl oder der Fortsetzung des Malerberufes ab-
gestanden wird.
Sehr wichtig sind Erkrankungen des Sehnerven,
bei welchen eine Anomalie der Farbenperzeption
entstehen kann. So kenne ich einen hervorragenden
Landschaftsmaler, bei welchem ein kleiner zentraler
Defekt des Gesichtsfeldes mit Verlust der Farben-
perzeption enstanden war. Trotz seiner hervorragen-
den technischen Fähigkeiten und der guten Rat-
schläge, mit welchen seine kunstsinnige Gattin ihm
beisteht, ist an seinen Bildern ein starker Rückgang
in Betreff der Farbenpracht zu erkennen.
Eine richtige Wahrnehmung des Reliefs ist
für den Künstler, mehr für den Bildhauer als für
den Maler, von Wichtigkeit. Bekanntlich ist das
körperliche Sehen, das Wahrnehmen der Aussen-
welt in ihren drei Dimensionen durch verschiedene
Erscheinungen bedingt : Ueberkreuzung der Konturen,
Schatten, grössere Helligkeit der näheren, geringere
der ferneren Gegenstände, Abnahme der Grösse in-
folge der Entfernung, Vergleich der Grösse ent-
fernter Gegenstände mit jener bekannter Objekte.
Eine genaue Vorstellung von der Aussenwelt ist
jedoch nur durch das Sehen mit beiden Augen
(binoculares Sehen) möglich.
(Schluss folgt.)
Die Herstellung von Oelfarben
für den Anstrich.
Einen lehrreichen Einblick in die Praktiken
bei Herstellung von Oelfarben für gewerbliche Ma-
lerei gewährt ein Artikel, der unter dem Titel „Kon-
sistente Oelfarben" in Louis Edgar Andes „Prak-
tisches Rezeptbuch für die gesamte Lack- und Farben-
industrie" (Verlag von A. Hartleben, Wien und
Leipzig 1904) S. 237 zu finden ist. Darin kenn-
zeichnet sich der grosse Unterschied zwischen den
Oelfarben für Kunstmalerei und jenen für den An-
strich. Von ersteren verlangen wir absolute Reinheit
und Bewahrung der jeder einzelnen Farbe beson-
deren Fligenschaft in Bezug auf Deck- oder Lasur-
kraft, bei den letzteren wird nur auf möglichst
grosse Ausnützung der Farbe gesehen und durch
Zusatz von sogen. „Streckmitteln" ausschliesslich die
Deckkraft gefördert.
Wir entnehmen dem interessanten Artikel fol-
gende Stellen:
„Bei der Herstellung von Oelfarben zum An-
strich in konsistenter Form ist in erster Linie zu
berücksichtigen :
 
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