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Münchner kunsttechnische Blätter — 1.1904-1905

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Nr. 1
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Berger, Ernst: Ueber die Lichtbeständigkeit unserer Malerfarben [1]
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Münchner kunsttechnische Biätter.

Nr. 1.

Ueber die Lichtbeständigkeit unserer
Malerfarben.
Von Ernst Berger (München).
Ais ein Haupterfordernis der Maierfarben
muss ihre Lichtbeständigkeit bezeichnet werden.
Insbesondere soiiten Malereien, weiche durch
längere Zeit dem direkten Sonneniicht ausgesetzt
sind, vor aiiem an Aussenwänden von Gebäuden,
bis zu einem gewissen Grade auch Plakate und
ähnliche Werke der Druckkunst nicht verblas-
sen und sich auch wenig verändern. Aber selbst
bei Malereien, die nicht dem direkten Sonnen-
licht ausgesetzt werden, verlangen wir Lichtbe-
ständigkeit der Farbstoffe, um nicht nach abseh-
barer Zeit Tonveränderungen ausgesetzt zu sein,
die vielleicht der gesamten Bildwirkung schäd-
lich sein könnten.
Will man sich über die Lichtbeständigkeit
einer Farbe Gewissheit verschaffen, dann ist es
am einfachsten, den Farbstoff in dünner Lage
ausgebreitet dem Sonnenlicht für einige Zeit aus-
zusetzen. Zu diesem Zweck streicht man ihn,
mit irgend einem möglichst indifferenten Binde-
mittel angerieben, auf ein Blatt festes Zeichen-
papier und befestigt den Aufstrich, unter passen-
dem Schutz gegen Regen und Feuchtigkeit, an
eine von der Sonne beschienene Aussenwand,
oder klebt die Probe mit der Farbe nach aussen
an die Innenseite eines nach Süden gelegenen
Fensters. Hat man von dem Farbenaufstrich ein
Stück zurückbehalten und vergleicht nach einiger
Zeit die beiden Aufstriche miteinander, dann
lässt sich auf die Lichtbeständigkeit des Farb-
stoffes ein bestimmter Schluss ziehen.
Derartige Proben auf die Lichtbeständigkeit,
speziell der Aquarellfarben, sind schon mehrfach
gemacht worden, und obwohl man von Aquarell-
malereien kaum absolute Lichtbeständigkeit ver-
langen kann, weil niemand solche Gemälde ge-
flissentlich dem Sonnenlicht dauernd aussetzen
wird, ist es dennoch von Wichtigkeit über Ver-
änderungen der Aquarellfarben infolge direkten
Sonnenlichtes Beobachtungen anzustellen, weil
unter den Aquarellfarben gar viele sind, die auch
in anderen Techniken angewendet werden, und
weil bei dem geringen Anteil des Bindemittels
bei solchen Farben ein Einfluss desselben kaum
in Betracht zu ziehen ist.
In grösserem Umfang und in systematischer
Art sind derartige Untersuchungen zuerst in den
achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts in Eng-
land gemacht worden und zwar in direkter Folge
der lebhaften Erörterung Londoner Zeitungen
über die Frage des Einflusses des in Galerien
und Privaträumen herrschenden Lichtes auf die
Beständigkeit der Wasserfarben. Der Gedanke
lag nahe, die damals bedeutendsten Aquarellisten

Englands um Mitteilung der Liste der von ihnen
hauptsächlich benützten Farben anzugehen. Von
46 befragten Künstlern wurden Antworten ge-
geben, aus denen hervorging, dass ein grosser
Teil sich Farben bediente, deren Lichtbeständig-
keit teils gering, teils durchaus ungenügend ge-
nannt werden muss, und das Erstaunen und der
Schrecken darüber war so gross, dass zum Schutz
gegen die Möglichkeit des weiteren Verblassens
der in öffentlichen Sammlungen, wie im South-
Kensington Museum befindlichen kostbaren Aqua-
relle sofort Vorkehrungen getroffen wurden, die
darin bestanden, die Aquarelle durch dunkle Vor-
hänge bedeckt zu halten und diese letzteren nur
während der Besuchsstunden in die Höhe zu
ziehen.
Um der Sache näher zu treten, sind im An-
schluss an die obige Enquete eine Reihe von
Untersuchungen vorgenommen worden, die sich
alle auf die Lichtbeständigkeit der englischen
Wasserfarben bezogen. Für eingehenderes Stu-
dium der hier in Betracht kommenden Umstände
kann das vortreffliche Werk von A. H. Church
„The Chemistry of Paints and Painting" (London
1901, III. Auf!.) eingesehen werden, woraus die
hier folgenden Einzelheiten grossenteils entnom-
men sind.
Am interessantesten sind die Ergebnisse der
Untersuchung, die von dem Physiker und Che-
miker Dr. W. F. Russell im Verein mit Captain
(jetzt Sir) Abney im Auftrag der englischen Re-
gierung ausgeführt und in einem besonderen Be-
richt veröffentlicht wurden („Times" vom 8. Aug.
1888). Die Farben wurden zunächst auf Streifen
von Whatmannpapier aufgemalt, in Glastuben,
deren eine Hälfte sorgfältig verdeckt worden war,
an der Südseite eines Hauses durch 22 Monate
(vom Mai 1886 bis zum März 1888) ausgesetzt,
in welchem Zeitraum etwa 2100 Stunden Sonnen-
scheins auf die Farben einwirkten. Das Resul-
tat dieses Experimentes erhellt aus folgender
Uebersicht, in welcher die Farben nach dem
Grade ihrer Unhaltbarkeit geordnet sind, und
zwar mit der unhaltbarsten
* Carmin,

* Crimson lake,
* Purple madder,
* Scarlet lake,
* Payne's grey,
* Naples yellow,
* Olive green,
* Indigo,
* Brown madder,
* Gamboge,
* Vandyke brown,
* Brown pink,
* Indian yellow,

beginnend:
Cadmium yellow,
Leitch's blue,
* Violet carmine,
* Purple carmine,
* Sepia,
Aureolin,
Rose madder,
Permanent blue,
Antwerp blue,
Madder lake,
Vermilion,
Emerald green,
Burnt umber.

Folgende zeigten aber keinerlei Ver-
änderung:
 
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