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Münchner kunsttechnische Blätter — 1.1904-1905

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Berger, Emil: Ueber den Einfluss von Anomalien und Erkrankungen des Sehorganes auf die Maltechnik [2]
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Neue Malunterlagen
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https://doi.org/10.11588/diglit.36597#0071

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Nr. 14.

Münchner kunsttechnische Blätter.

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sind, dass je zwei einander gegenüber liegende Farben
physikalisch gemischt weiss ergeben. Rot, Gelb und
Blau stellen die Grundfarben vor, aus welchen die
anderen durch (physikalische) Mischung erhalten wer-
den können: rot und gelb gemischt gibt orange; blau
und rot: violett; rot und violett: purpur. Mit Recht
hält der französische Physiker Lambert für richtiger,
die Farben in Form einer Pyramide darzustellen, deren
Basis im Zentrum (wie in den Farbensystemen von
Newton und Helmholtz) weiss hat, während die
Spitze der Pyramide Schwarz enthält. Man kann
dann durch Mischung die verschiedensten Farben
darstellen. Braun zum Beispiel erhält man durch
Mischung von Rot mit Schwarz.
Man kann die physikalische Mischung von Far-
ben in verschiedener Weise bewerkstelligen, durch
Uebereinanderlegen der Farben durch Spiegelung
(Fechner,Dove) und durch Anwendung des Farben-
kreisels nach Masson. In einem sinnreichen von
Maxwell erfundenen Apparate dringen durch drei
feine Spalten die Grundfarben ein und werden mit-
tels Prismen vereinigt. Durch Variation der Breite
der Spalten kann gemessen werden, welches Quan-
tum von jeder Grundfarbe zum Erhalten von Weiss
oder von anderen Farben nötig ist.
Die Verschiedenheit der Resultate physikalischer
Mischung von Farben und der bei Malern üblichen
Mischung von Pigmentfarben hat allgemeines Staunen
hervorgerufen, insbesondere als Helmholtz nach-
wies, dass gelb und ultramarinblau, miteinander ge-
mischt, weiss geben, während die Mischung gleicher
Pigmentfarben von Malern grün ergibt. Die Mischung
im physikalischen Sinne geschieht jedoch durch die
Addition der Farben, jene durch die Maler hingegen,
wie Helmholtz3) nachgewiesen hat, durch Sub-
traktion.
Wenn der Maler gelbe und blaue Pigment-
körnchen mischt, so werden von den entfallenden
Lichtstrahlen in gelben Körnchen die stärkst brech-
baren Strahlen (blau, violett), in den blauen Körn-
chen hingegen die schwächst brechbaren Strahlen
(rot, orange, gelb) absorbiert, mithin bleiben nur
die grünen Strahlen übrig. Wenn jedoch gelb und
blau physikalisch gemischt werden, so tritt an der-
selben Stelle der Netzhaut gelbes und blaues Licht
ein, welche durch Addition weiss ergeben.
Man unterscheidet bekanntlich an Farben den
Ton, die Sättigung und die Intensität. Der Farben-
ton ist durch die Aether-Wellenlänge (am längsten
für rot, am kürzesten für violett) bedingt. Die Sät-
tigung ist je nach der Menge des beigemischten
Weiss geringer oder stärker (die Spektralfarben sind
bekanntlich absolut gesättigt, d. h. frei von weiss).
Die Intensität der Farben hängt von der Lichtmenge
ab. Man kann sich leicht davon überzeugen, dass
durch die Steigerung der Lichtintensität auch die
Intensität sämtlicher Farben steigt.

") Helmholtz, Physiologische Optik, Seite 274.

Nach Prof. A. Koenig kann das menschliche
Auge 160 verschiedene Farbentöne und 600 ver-
schiedene Intensitätsgrade unterscheiden. Trotzdem
ist die Anzahl der verschiedenen Farbenempfmdungen,
die man unterscheiden kann, geringer, als man nach
obigen Zahlen vermuten sollte. Bei sehr geringer
oder sehr hoher Lichtintensität hört die Farben-
empfindung auf. 4)
Unsere Beurteilung der Farben-Niiancen wird
durch die Farben nebenstehender Objekte sehr be-
einflusst. Insbesondere Maler, bei welchen der Farben-
sinn im allgemeinen durch Uebung sehr entwickelt
ist, sehen Farben-Nüancen oder farbige Schatten,
welche Ungeübte nicht sehend)
Schon in Betreff der Ausdehnung, in welcher
die Spektralfarben erkannt werden, weisen die ein-
zelnen Beobachter Unterschiede auf; die violetten
Strahlen enden im Spektrum näher für den einen,
weiter für einen andern. Nach den Untersuchungen
der Physiologen wird ein Teil der ins Auge fallen-
den Lichtstrahlen (insbesondere die den ultravioletten
nahen) von den optischen Medien des Auges (ins-
besondere der Linse) absorbiert und dürfte auf der
Verschiedenheit des Quantums dieser Absorption
auch die Verschiedenheit der Ausdehnung des Violett
im Farbenspektrum der verschiedenen Beobachter
beruhen.
Darauf beruht auch, dass nach der Star-Ex-
traktion (operative Entfernung der Linse) zumeist
alle Gegenstände blau gesehen werden. Die blauen
Lichtstrahlen, welche früher zum Teil in der Linse
absorbiert wurden, erscheinen dann in grösserer
Quantität auf der Netzhaut.
Manche Erscheinungen von leichten Anomalien
des Farbensinnes werden nach Tscherning wahr-
scheinlich durch die partielle Absorption der grünen
und blauen Strahlen durch das gelbe Pigment des
gelben Fleckes der Netzhaut (Stelle des deutlich-
sten Sehens) hervorgerufen.
Von hoher praktischer Bedeutung ist die Anomalie
der Farbenempfindung, welche im Greisenalter durch
die gelbe Farbe der Linse auftritt und zur Folge
hat, dass ein Teil der blauen Strahlen absorbiert
wird. Bei solchen Greisen erscheint ein physika-
lisches Gemenge von gelb und blau, das bei anderen
Menschen als weiss empfunden wird, als gelblich,
weil ein Teil der blauen Lichtstrahlen von der gelben
Linse absorbiert wird.
(Fortsetzung folgt.)
Neue Malunterlagen.
Als Ersatz für das immerhin teure Holzmaterial
sind Malpappen, Kartons und ähnliches vielfach in

*) Vergi. Näheres hierüber bei Tscherning, Optique
physiologique. Paris, Carré et Naud, 1898, Seite 2rS.
S) Vergi, auch Rählmann, UeberFarbensinn und Maierei.
München, E. Reinhard, rqor.
 
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