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Münchner kunsttechnische Blätter — 1.1904-1905

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Nr. 8
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Kleemann, S.: Erlaubte und unerlaubte Farbenmischungen [2]: ueber Malerfarben und über deren Einwirkung aufeinander
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Neue Bücher über Maltechnik [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.36597#0034

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30

Münchner kunsttechnische Blätter.

Nr. &

heit voneinander unterscheiden, ähnlich wie der
Kohlenstoff im Diamant und Graphit, nicht also
in ihrer chemischen Zusammensetzung, und die
diversen Cadmiumgelbe — Verbindungen von
Cadmium mit Schwefel — dürfen nicht mit Farb-
stoffen gemischt werden, deren Bestandteile zur
Bildung von Schwefelverbindungen (Sulfiden) ge-
neigt sind. Zinnober mit hellen Chromgelben
gemengt, würde ein ganz feuriges Rotgelb zu-
nächst ergeben. Mit der Zeit würde sich aber
aus dem Schwefel des Zinnobers und dem Blei
des Chromgelbs schwarzes Schwefelblei bilden
unddieNüance dementsprechend verderben. Ein
ähnlicher Vorgang würde sich zwischen Zinn-
ober und jenen grünen Zinnobern abspielen, die
Chromgelb als Bestandteil enthalten. Das Metall
Kupfer vereinigt sich mit Schwefel gleichfalls
zu einer schwarzen Schwefel-Verbindung, und
wenn ein Maler Zinnober oder Cadmiumgelb mit
kupferhaltigen Farben, also mit Schweinfurter-
Grün, Deckgrün, Vert Paul Veronese vermischen
würde, so wäre zur Bildung dieses schwarzen
Schwefelkupfers die schönste Gelegenheit ge-
boten. Die blauen Eisen-Verbindungen, Preus-
sisch-, Pariser- und Berliner-Blau und die da-
mit hergestellten Grün vertragen eine Zugabe von
Zinnober ebensowenig. Die Bildung von schwarzen
Schwefeleisen wäre die Folge und der ursprüng-
liche Farbenton wäre möglicherweise nach einer
gewissen Zeit nicht wieder zu erkennen.
Zur Gruppe der Schwefel-Verbindungen wäre
auch das Ultramarinblau zu zählen, insofern es
ausser dem in jeder Beziehung widerstands-
fähigen kieselsauren Aluminium auch Schwefel-
natrium enthält. Dieses letztere ist ein wesent-
licher Bestandteil, nicht etwa bloss eine gelegent-
liche Beimengung des Ultramarins. Man kann
sich durch einen einfachen Versuch hiervon über-
zeugen. Man übergiesse das trockne Ultramarin
mit einer selbst sehr verdünnten Salzsäure; so-
fort tritt der unangenehme Geruch von Schwefel-
wasserstoff auf, das Schwefelnatrium ist zersetzt
und damit hört die Verbindung auf, blau zu sein.
Ein schmutziges Weiss tritt an die Stelle. Da
wir es bei Malerfarben nicht mit Säuren zu tun
haben, ist eine Zersetzung des Ultramarins nicht
so leicht zu befürchten. Die Ultramarine können
sogar als überaus echte, ganz besonders auch
lichtechte Farbstoffe betrachtet werden, aber das
Schwefelnatrium in denselben kann doch ver-
hängnisvoll werden in Mischung mit blei- und
kupferhaltigen Farben. Die Dutzende von Ultra-
marinsorten unterscheiden sich übrigens wesent-
lich voneinander und es gibt darunter gewisse
Arten, die erfahrungsgemäss ganz gut mit Kremser-
Weiss z. B. harmonieren, während andere damit
bald Zersetzung erleiden.
Ich möchte nun noch zweier Farbstoffe Er-
wähnung tun, die sich mit gewissen anderen

nicht gut vertragen, für deren Verhalten eine
chemische Erklärung bisher nicht bekannt, we-
nigstens dem Verfasser nicht bekannt wurde.
Es sind dies das Kobaltgrün, eine aus Zink,
Kobalt und Sauerstoff bestehende Verbindung,
die mit Chromgelb nicht in Berührung kommen
sollte, und das Neapelgelb in verschiedenen Tönen.
Namentlich dieses, aus antimonsaurem Blei be-
stehend, ist vorsichtig zu behandeln. Für sich
sehr stabil, wird es bei Mischung mit eisen-
haltigen Farben sehr leicht verändert. Die blauen
Eisenverbindungen, Ocker, Siena-Erden und die
aus Eisenoxyd bestehenden Farben, wie Englisch-,
Indisch- und Venetianer-Rot, müssen also alle
von der Mischung mit Neapelgelb ausgeschlossen
werden, dagegen liegt kein Grund vor, die Mi-
schung dieser Farbe mit bleihaltigen anderen,
also z. B. Kremser-Weiss, zu meiden.
Gar mancher Maler dürfte gegen die hier
geschilderten chemischen Gesetze schon ver-
stossen und Mischungen angewandt haben, die
sich nicht miteinander vertragen. Gewisse Farben-
veränderungen sind ihm an seinen Werken viel-
leicht längst aufgefallen, ohne dass er eine Er-
klärung hierfür gefunden hätte. Vielleicht tragen
diese Zeilen dazu bei, ihn in dieser Richtung
aufzuklären und ihn zu mahnen, in Zukunft vor-
sichtiger mit der Mischung seiner Farben zu ver-
fahren. „Aber, was soll ich denn mischen, wenn
ich diese oder jene Nüance haben will?" wird
er fragen. Da es sich doch um keine allzu grosse
Anzahl von Farben handelt, die er benützt, dürfte
diese Frage nicht schwer zu beantworten sein.
Er wende sich an eine sachkundige Stelle, lege
ihr eine Liste der von ihm benutzten Farben
vor und lasse sich nun ein für allemal bestimmen,
welche derselben er miteinander mischen dürfe
und welche nicht und welche Substitute er even-
tuell verwenden könne.
Auch der Verfasser ist stets gerne bereit,
diesbezügliche Anfragen zu beantworten.
(Fortsetzung folgt.)
Neue Bücher über Maltechnik.
Der ungemein rührige A. Hartleben 'sehe Ver-
lag (Wien und Leipzig), dem wir bereits eine ganze
Reihe von Werken chemisch-technischen Inhalts *)

*) Von bisher erschienenen, für Maier hauptsächlich wich-
tigen Bänden wären zn erwähnen :
„Fabrikation der Mineral- und Lackfarben." Von Dr.
Jos. Bersch. II. Auf). 1893.
„Fabrikation der Erdfarben." VonDr. Jos. Bersch. 1893.
„Fabrikation derCopal-, Terpentinöl- undSpiritus-Lacke."
Von Louis Edgar Andes. II. Aufj. 189$.
„Praktisches Handbuch für Anstreicher und Lackierer."
Von L. E. Andes. II. Auf). 1892.
„Handbuch der Farbenfabrikation. Theorie und Praxis."
Von Dr. Stanisi. Mierzinski. In zwei Bänden. 1898.
„Technik der Radierung." VonJ. Roller. t8S8.
 
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