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Münchner kunsttechnische Blätter — 1.1904-1905

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Nr. 15
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Die Herstellung von Oelfarben für den Anstrich
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Vermischte Nachrichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.36597#0076

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72

Münchner kunsttechnische Blätter.

Nr. 15.

1. Dass die Farbkörper in den meisten Fällen
billiger sind als das Leinöl oder der Leinöl-
firnis, dass es für die Fabrikanten vorteil-
hafter ist, dicke Farben zu verkaufen, wäh-
rend der Konsument vermeint, mit dick ge-
riebenen Farben im Vorteil zu sein.
2. Dass der fast allen Farben zu gebende Zu-
satz von Schwerspat sehr wenig Oel oder
Firnis erfordert, dass alle mit Schwerspat zu-
bereiteten Farben also sich einerseits durch
den Zusatz von diesem, andererseits durch die
geringere Oelmenge billiger stellen müssen.
Durch die Verwendung von Schwerspat hat
man es in der Hand, sehr billige Oel-
farben, ganz abgesehen von Firnisersatz und
Harzöl herzustellen und man kann mit dem
Schwerspatzusatz soweit gehen, dass man
go Teile Schwerspat und nur io Pro-
zent Körperfarbe (!) verwendet.
Dies sind die Prinzipien, auf Grund deren sich
Oelfarben in jeder Preislage herstellen lassen und
es wird sich die Zusammensetzung der Oelfarben
immer nach dem zu erzielenden Preis richten.
Die Herstellung von Oelfarben in vollkommen
teigiger Konsistenz bietet keine Schwierigkeiten,
wenn ein Motor und die nötigen Maschinen zur
Verarbeitung vorhanden sind; bei Handbetrieb hat
die Konsistenz jedoch ihre Grenzen und bei grosser
Dickflüssigkeit versagen die Handmaschinen den
Dienst, d. h. der Arbeiter besitzt nicht die nötige
Kraft, die Maschine in Umdrehung zu erhalten und
ausserdem bedürfen die Maschinen bezw. die mit
ihnen zu verreibende Farbe eines Druckes von oben.
Die Angaben hinsichtlich der Gewichtsmengen
werden sich also nur auf eine solche Konsistenz
beschränken, wie sie durch Handbetrieb erreicht
werden kann, es muss aber hier gleich darauf hin-
gewiesen werden, dass die einzelnen Farbkörper
gleicher Kategorie auch nicht immer gleiche Mengen
an Oel oder Firnis erfordern; so bedarf z. B. ein
feiner französischer Ocker wesentlich mehr von
diesen Flüssigkeiten als ein ordinärer sandiger an-
derer Herkunft; auch bei Bleiweiss und Zinkweiss
können die erforderlichen Flüssigkeitsmengen wesent-
lich verschieden sein. Hierauf ist immer Rücksicht
zu nehmen, doch ergeben sich schon bei dem vor-
bereitenden Mischen diese Unterschiede und man
hat es immer in der Hand, die Konsistenz ent-
sprechend zu regeln. Hinsichtlich der zu verarbei-
tenden Körperfarben ist zu bemerken, dass es sich
empfiehlt, solche nur in den allerersten Qualitäten
zu kaufen, also alle Erdfarben, wie Engelrot, Ocker,
Satinober, Umbraun u. s. w. nur in feinst gemah-
lenem und geschlämmtem Zustand. Bleiweiss und
Zinkweiss dürfen in nur reinem Zustand beschafft
werden und vermischt man diese selbst mit Schwer-
spat ; gemischte billige Sorten sind vom Bezüge
auszuschliessen. Auch die sogen, chemischen Farben,
also Chromgrün, Chromgelb u. s. w. sollen nur in

besseren Qualitäten gekauft werden, weil billige
Sorten ja auch nur indifferente Zusätze enthalten.
Um sehr billige Farben herzustellen, muss man
also I. möglichst grossen Schwerspatzusatz nehmen,
2. Leinöl oder Leinölfirnis ganz oder teilweise durch
Firnisersatz oder Harzöl ersetzen, 3. die Farbe mög-
lichst dick reiben; auf Grund dieser Vorausset-
zungen lassen sich Farben in jeder Preislage her-
steilen. Es kommt nicht darauf an, dass z. B. ein
Ocker geringerer Qualität sich um einige Prozente
billiger stellt als ein tadelloser und feiner, sondern
darauf, dass sich diesem Ocker möglichst viel Schwer-
spat einverleiben lässt und dass so wenig als mög-
lich Oel oder Firnis zu der Farbe benötigt wird."
Wenn diese Praxis bei der Herstellung der
Anstrichfarben im grossen wirklich allgemein ist,
dann kann man sich nicht wundern, dass die- ge-
werblichen Maler gegen die Fabrikanten Stellung
nehmen, denn es ist nicht gleichgültig, ob in einer
Oelfarbe die geringste Menge von Farbe und die
grösste Menge von Surrogaten enthalten ist. Je weni-
ger Farbstoff ein Anstrich enthält, desto schneller wird
er verblassen und je weniger Bindemittel (Oele und
Firnisse), desto weniger haltbar wird der Anstrich sein.
Vermischte Nachrichten.

Deutscher Malertag in München 1905. Der
ip. Deutsche Malertag in Verbindung mit der Ta-
gung des Deutschen Malerbundes und des Süddeut-
schen Malermeister-Verbandes wird am 22., 23., 24.
und 2g. Juni zu München abgehalten. In Verbindung
damit findet eine Ausstellung der Fachschulen etc.
und von Maler-Bedarfsartikeln statt. Das Arran-
gement hat die Maler- und Lackierer-Innung Mün-
chen übernommen. Gleichzeitig soll eine Konferenz
zur Bekämpfung der Farben- und Materialienfäl-
schungen stattfinden, um gegen die Ueberhandnahme
der Farbenfälschung, des sogenannten „Schönens
und Schmierens", sowie gegen Phantasie- und Re-
klame-Bezeichnung Stellung zu nehmen.
Die Bleigefahr im Anstreichergewerbe. Die
Internationale Vereinigung für gesetzlichen Arbeiter-
schutz schreibt zur wirksamen Bekämpfung der Ver-
giftungsgefahren, welchen Arbeiter bei Verarbeitung
mit Blei- und Bleipräparaten ausgesetzt sind, eine
Reihe von Preisen aus, darunter vier Preise (I. von
i g00 Mk., II. von 1000 Mk., zwei III. von je 7 go Mk.)
für die besten Schriften über die Vermeidung der
Bleikolik im Gewerbe der Anstreicher, Maler, Lak-
kierer u. dergl. Die Manuskripte sollen spätestens bis
zum 31. Dezember iQog bei dem internationalen
Arbeitsamt in Basel eintreffen. In der gleichen An-
gelegenheit hat Ende Januar dieses Jahres im Reichs-
amt des Innern zu Berlin eine Konferenz zur Be-
sprechung eines Gesetzes zur Verhütung von Blei-
erkrankungen stattgefunden, an der Vertreter des
Kaiserl. Gesundheitsamts, der Malermeister und der
Gehilfen teilnahmen.

Verlag der Werkstatt der Kunst, Ernst Closs, München.
 
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