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Münchner kunsttechnische Blätter — 1.1904-1905

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Nr. 7
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Ziegler, Walter: Etwas über graphische Kunst
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Technische Neuheiten / Anfragen und Beantwortungen / Literatur
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https://doi.org/10.11588/diglit.36597#0031

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Nr. 7.

Münchner kunsttechnische Biätter.

27

selbst die Mehrzahl der Künstler, aberkennen den
vervielfältigenden Künsten die Gleichberechtigung
mit hoher Kunst. Diese Anschauung entspnngt wohl
der Ursache, dass Drucksache als Reproduktion an-
gesehen wird und letztere, wenigstens so weit Massen-
produktion in Betracht kommt, heutzutage fast aus-
schliesslich auf photomechanischem Wege erzielt wird.
Die manuelle Nachbildung, welche seinerzeit
in den Händen der Kupferstecher und Holzschneider
lag, ernährt ihren Mann nicht mehr und sie musste
dem billiger, genauer und rascher arbeitenden Appa-
raten weichen. Die manuellen graphischen Erzeug-
nisse haben aber nur eine Verschiebung in ihrer
Anwendungsart erfahren, sie sind selbstzwecklich ge-
worden und die originalen graphischen Arbeiten zeu-
gen von den unschätzbaren Vorzügen, welche die ver-
vielfältigungsfähigen graphischen Verfahren im Rah-
men aller zeichnenden Künste immer behalten werden.
Max Klinger schreibt in seinem Werke „Malerei
und Zeichnung": „Es könnte verwunderlich er-
scheinen, dass die Zeichnung, die Handzeichnung,
die dem Meister so viel Freiheit, so viel Mittel, ihm
jeden Moment Urteil über seine Arbeit gibt, an An-
regung zur künstlerischen Produktion so hinter dem
Drucke zurücksteht. Allein die Vereinzeltheit als
Kunstwerk, die Unscheinbarkeit, das unvermeidliche
ins Graue, Blasse, Ungleiche Fallen der Zeichnung
macht sie dem Drucke nachstehen, dessen Einheit-
lichkeit, Kraft, Tiefe, dessen auch für die Ausfüh-
rung reizvoller wirkende Mittel die Mittel der Zeich-
nung weit übertreten."
Und an anderer Stelle: „Kraftvoller, vieltöniger
und doch ebenso zart wie die Handzeichnung, bot
der Gritfel der Individualität so viel Gelegenheit,
sich eine selbständige Ausdrucksweise zu schaffen,
wie es nur irgend die Malerei vermag. Stich und
Schnitt, und später Radierung und Steindruck, über-
lieferten der Initiative und Erfindungsgabe ein un-
endlich vielseitiges, ausbildungsfähiges und über-
raschungsreiches Feld."
Klarer und richtiger kann wohl der Wert der
graphischen Techniken nicht gekennzeichnet werden,
deren Bedeutung für den bildenden Künstler nicht
genug betont werden kann.
Wenn wir jene Abteilungen, welche in unseren
Kunstausstellungen die zeichnenden Künste beher-
bergen, betrachten, so finden wir ein Sammelsurium
von Handzeichnungen, Aquarellen, Pastellen, Kupfer-
stichen, Radierungen, Schabkunstblättern, Litho-
graphien, Algraphien, Holzschnitten u. s. w., welche
den Beschauer höchstens verwirren und hier sollte
wohl einmal eine reinlichere Scheidung vorgenommen
werden.
Was für ein Chaos von Begriffsverwirrung über
graphische Künste Platz gegriffen hat, mag aus
Kunstberichten ersehen werden, welche sich die
Presse leistet. Es werden hier sogar Tiefdruckarbeiten
mit Holzschnitten verwechselt und ähnliche Fach-
unkenntnis dem harmlosen Leser aufgetischt.

Es kann natürlich in dem kleinen Rahmen,
welcher unserer technischen Beilage zur Verfügung
steht, nicht ein Lexikon für alle graphischen Künste
geschaffen werden, aber mit Umsicht soll eine Aus-
wahl jener wichtigen Momente getroffen werden, die
für den originalschaffenden Künstler nützlich sein
können.

Technische Neuheiten.
Ueber W. Bertelsmanns „Zeuxis"-Palette
und andere praktische Neuheiten für Maler schreibt
die „Kunst für Alle": „So gut wie heutzutage haben
es die Maler, soweit das rein Handwerkliche der
Kunst in Betracht kommt, niemals gehabt. Nicht
nur, dass sie ihre Oel- oder Temperafarben in prak-
tischer Form einfach zum Ausdrücken auf die Pa-
lette vom Fabrikanten geliefert erhalten und fertige
Leinwand in jeder Grösse kaufen oder aller erdenk-
licher Hilfsmittel sich bedienen können, der erfin-
dungsreiche Mensch sinnt immer wieder auf neue
Ideen, um dem „armen" Maler seine Arbeit zu er-
leichtern und sein Handwerkszeug zu verbessern.
Selbst das einfache Palettenputzen soll durch die



neue Universal-Patentpalette „Zeuxis", welche die
Firma W. Bertelsmann in Bielefeld-Gadderbaum in
den Handel bringt, überflüssig gemacht werden, so
dass das bisschen Mühe dem Maler auch noch er-
spart wird und er sogar die letzten Sonnenstrahlen
für sein Kunstwerk ausnützen kann, bevor er das
Atelier verlässt, um — ins Café zu gehen. Aber
Scherz beiseite! Die leicht auswechselbaren, aus
Oelpapier bestehenden Auflagen auf der Palette haben
gewiss ihre Vorteile und der geringste scheint die
Ersparnis des Palettenputzens zu sein. Denn wenn
zum Beispiel der Figurenmaler auf einer Palette etwa
Fleisch malt und gleich darauf ein stark farbiges
Gewand, oder der Landschafter zuerst Lufttöne
braucht und darauf Grün oder Braun des Vorder-
grundes, so verschmieren sich die Töne allzuleicht.
Bei den auswechselbaren Auflagen der Palette „Zeu-
xis" genügt das Entfernen des Deckblattes und das
Befestigen eines neuen, um die gemischten Töne
rein zu erhalten. Der Maler kann dann wieder ohne
 
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