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Münchner kunsttechnische Blätter — 6.1909/​1910

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Nr. 18
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Wiegmann, Rudolf: Ueber die Malweise des Tizian und Goethes Farbenlehre, [4]
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Mai, Johann: Durchsichtigmachung von Vorlagen, Entwürfen oder Zeichnungen für Pausen
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https://doi.org/10.11588/diglit.36592#0076
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72

Münchner kunsttechnische matter.

Nr. t8.

Die Hecken entstehen aus der Behandlung,
und die rechte Behandiung ergibt sich aus der
Theorie,
Wer diese wichtigen Maximen sich aneignet,
weiss, weiches die einzige und wahre Maierei ist.

Zuweiien macht ein einz'ger Pinseizug
mit fester und haibtrockener Farbe
den Mitteiton, das Licht und auch den Schatten,
so dass das Fieisch iebendig scheint und warm.
So machten es die Meister der venezianischen
Maierei,
dies sind die Lehren unserer einsichtsvoiien
grossen Maier,
der voiikommene und einzig wahre Weg! —

Jene saubere und reinliche Mischung
von vieieriei Farben und deren wechseiweiser
Auftrag
mit Eieganz auf die Leinwand
ist wie man aiiertei Suppenkraut und Kressen sät.
Jene ungeheure Geduid und Sauberkeit,
mit der man seine Tinten zu beschmutzen fürchtet,
ist eine Mühe, die zu gar nichts nützt,
durch weiche nur die Kunst erniedrigt wird.
Das Voiienden des Ganzen aiia prima
macht, dass die Maierei ohne Kunst bieibt,
und wie Lackierung Hach erscheint.

Unser grosser Tizian pHegte zu sagen,
dass der, weicher ein Maier sein möchte,
drei Farben kennen müsste,
das Weiss, das Schwarz und das Rot, und diese
gebrauchen.
Und gab dazu diese andere Anweisung,
dass, um ein iebendiges Koiorit herauszubringen,
man das Nackte auf eine tüchtige Weise nicht
könnte aiia prima voiienden;
sondern aiiein durch Uebereinanderiegen ver-
schiedener Tinten.
Und dass der, weicher die Farben zu be-
schmutzen fürchte,
sich seibst besudie, und dass sein Gemäide
am Ende
so viei wie nichts bedeuten würde.

So wie man in jedem Teiie der Weit ein ia-
teinisches Buch versteht,
so begreift jedermann, dass die venezianische
Maierei
die Biüte der Kunst ist.
Durchsichtigmachung von Vorlagen,
Entwürfen oder Zeichnungen tür Pausen.
Für verschiedene Zwecke werden die sogenannten
Pausen benötigt, die zumeist auf durchsichtigem Papier,
dem käuHichen Pauspapier, angeiertigt werden, um
nachher die Zeichnungen vermitteis farbigen Durch-
druckpapiers auf das eigentiiche Zeichen- oder Mai-
papier übertragen zu können.
Für Heinere ieichtere Arbeiten mag sich dieses
Verfahren eignen, nicht aber für schwierige, umfang-
reiche Arbeiten, weii es ermüdend und zeitraubend ist,
jeden Strich nachzuziehen. Man kann sich die Arbeit
wesentiich erieichtern, faiis die Entwürfe auf zähem,
dünnem, Heckenreinem und hoizschiiffreiem Zeichen-
papier angefertigt werden, indem man den fertigen
Entwurf mitteis eines ,,Transparentiackes" soweit durch-
sichtig macht, dass man ihn wie eine Pause benutzen
kann.
Gewöhniich benutzt man irgendeinen fettigen
Stoff, wie Oei usw., um Papier durchsichtig zu machen,
doch ist dies für voriiegenden Zweck nicht zu empfehien,

denn durch Fett quiiit die Papierfaser auf, sie wird
iappig und weich, und das Durchkopieren mit der
stumpfen Nadei (Pause- oder Kopierstift) wird er-
schwert. Ausserdem erhäit soiches Papier mit der
Zeit einen unangenehmen ranzigen Geruch.
Ich habe verschiedene Vorschriften erprobt, um gute
Durchsicht zu erhaiten, wobei ich darauf sah, dass das
Papier seine Härte behieit und somit nicht vom Kopierstift
beschädigt werden konnte. Am besten bewährten sich
foigende Transparentiacke, bei deren Bereitung aiier-
dings die Harze u. dgi. von bester Beschaffenheit sein
müssen, und nur reine, trockene Behäiter zur Erzeu-
gung der Lacke benutzt werden dürfen:
I. Vorschrift.
15 g reines Koiophonium
15 g „ Eiemiharz aus der Apotheke
4 g „ Paraffin in fester Form
werden in einem emaiilierten Geschirr über einer
mässigen Gas- oder SpiritusHamme iangsam und unter
ständigem Rühren mit einem Hoizspan ganz zer-
schmoizen, dann iässt man die Masse ziemiich ab-
kühien und gibt 60 ccm rektiHzierten Terpentinöis und
4 g Kampfer dazu, worauf sehr gut durcheinander ge-
rührt werden muss. Wenn die Masse fast ganz abge-
kühit ist, schüttet man sie in eine weithaisige, gut ver-
schiiessbare Fiasche. Dieser Transparentiack ist so-
fort gebrauchsfähig, doch ist die Fiasche stets gut zu
verkorken, damit das Terpentinöi nicht rasch ver-
dunstet und der Lack nicht dickiich wird. Ist durch
iängeres Stehen eine Verdickung eingetreten, so setzt
man etwas rektifiziertes Terpentinöi zu. Weii Dämpfe
von Terpentinöi ieicht entzündiich sind, muss die
Masse nach dem Schmeizen wie erwähnt ziemiich stark
abgekühit werden, bevor das Terpentinöi zugegeben
wird. Tritt trotzdem Entzündung ein — was bei einiger
Vorsicht nicht geschehen kann — dann deckt man
einen gut schiiessenden Deckei auf das Geschirr, wo-
durch die Fiamme sofort erstickt wird.
II. Vorschrift.
to g reines ParafHn in fester Form
und 20 g reiner Kanadabaisam
werden bei mässiger Hitze geschmoizen, und wenn
die Masse abgekühit ist, gibt man 90 bis 100 ccm rek-
tiHziertes Terpentinöi sowie 4 g Kampfer dazu und
füiit dieMasse dann in eine weithaisige Fiasche. die eben-
faiis stets gut verkorkt gehaiten werden muss. Auch
diese Lösung ist sofort gebrauchsfähig.
Soii nun eine Zeichnung oder dgi. durchsichtig
gemacht werden, so wird sie mit der Biidseite nach
unten auf reines weisses Löschpapier Hach aufgeiegt,
dann taucht man einen sauberen, nicht haarenden
Pinsei in den Transparentiack und trägt ihn nicht zu
dick auf der Rückseite mögiichst gieichmässig auf.
Dieser erste Anstrich muss im staubfreien Raume Hach-
iiegend gut trocknen und hat meist noch zu geringe
Durchsicht, weshaib ein zweiter und dritter Anstrich
foigt, bis keine runden, undurchsichtigen Fiecke nach
dem Trocknen mehr sichtbar sind, aiso das Papier
vöilig gesättigt ist. Dünne Papiere werden mit zwei-
bis dreimaligem Anstrich durchsichtig, dickere müssen
drei- bis viermal überstrichen werden.
Durch diese Präparatur werden die Zeichnungen
bezw. die Papiere nicht weiiig und bieiben so fest,
dass das Durchkopieren mit dem Stift Hott von der
Hand geht.
Einen Ueberschuss von vertrocknetem Lack kann
man mitteis eines weichen reinen Lappens und etwas
Terpentinöi durch mehrmaiiges sanftes Ueberwischen
entfernen.
(Papier-Zeitung, Beriin). J. Mai.
 
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