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Münchner kunsttechnische Blätter — 8.1911/​1912

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Nr. 13
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Brunnschweiler, Ch.: Die Buss-Tempera
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Mai, Johann: Vorzeichnungen oder Pausen auf Stoffe
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https://doi.org/10.11588/diglit.36590#0056
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52

Münchner kunsttechnische Biätter.

Nr. !3.

trocknens der Bussschen Tempera kann' man geteiiter
Meinung sein. Ich betrachte diese Eigenschaft in den
meisten Fähen ais Vorteii, denn es iassen sich da-
durch mit dem Minimum von Mittein Effekte erreichen,
die nass in nass kaum mögiich, in ihrer Wirksam-
keit aber erstauniich sind.
Ein einfacheres und biiiigeres Maimittei, als wie
es die Bussschen Temperafarben erfordern;, iässt sich
gar nicht wünschen: das Wasser. Ich ziehe zwar vor,
eine Mischung von Wasser mit dem sog. Maimittei II
(mit oder ohne Wachs) zu verwenden, da beim Fixieren
und Poiieren eine grössere Wärme in den Tönen er-
hältlich ist, ais wenn nur reines Wasser genommen
wird. Ich giaube auch, dass beim Leinwandgrund da-
durch eine bessere Kohäsion zwischen Farbe und
Grund erreicht wird.
Ich hatte überhaupt die Leinwand nicht ais den
für die Buss-Tempera geeigneten Malgrund, aus dem
einfachen Grunde, weit dieseibe nicht die genügende
Festigkeit für die steinhart gewordenen Farben besitzt
und daher Sprünge unvermeidiich wären, wenn die
Leinwand nicht unbewegiich unter Gias gepresst wird.
Dagegen entsprechen Eternitpiatten jeder Anforderung,
auch aus dünnen Lagen zusammengesetzte Hoiztafein.
Erstere haben den grossen Vorteii, praktisch unzer-
brechiich und gegen Temperaturunterschiede unemp-
findiieh zu sein. Ich habe ferner bei spezieiien Mo-
tiven Versuche mit grundierten Eternitpiatten gemacht,
die voiiauf befriedigten, ja sogar zu Überaschenden
Resuitaten geführt haben.
Es Hesse sich über diese Tempera noch manches
sagen; ob aber dadurch soiche, die damit noch nicht
gearbeitet haben, etwas profitieren würden, ist mehr
ais zweifeihaft, weit hier jeder Erfolg nicht von andern
eriernt, sondern durch Seibstarbeit und Selbststudium
errungen sein wiii.
Bern, den 13. Februar 1912.
Ch. Brunnschweiier.

Vorzeichnungen oder Pausen auf Stoffe.
Die Uebertragung von Pausen auf Stoffe aller Art
bereitet die grössten Schwierigkeiten, denn das sonst
übliche Nach- oder Durchzeichnen unter Zuhilfenahme
von gefärbten Durchdruckpapieren wie auf Mai- oder
Zeichenpapieren iässt sich hier nicht anwenden, wes-
haib man Schabionen gebrauchen muss, die aus dicker
Pausgelatine oder aus kräftigen Stanioifolien herge-
steiit werden müssen. Diese Schablonen haben den
Vorteii, dass sie sich zu dem gieichen Zwecke viel-
mals verwenden iassen, wenn schonend damit umge-
gangen wird; ja sie können auch für Papierpausen
dienen, wenn man Muster der gieichen Art und von
eineriei fortlaufender Form auf das Zeichenpapier zu
übertragen hat, wodurch diese Vorzeichnungen die
denkbar gieichmässigste Uebereinstimmung zeigen.
Zur Schablonenanfertigung iässt sich entweder die
gedruckte Vorlage, der Entwurf oder auch die durch-
sichtige Pause gebrauchen, und beiegt man ein vöiiig
ebenes Brett (Reissbrett) zuerst mit einem nicht zu
dicken weichen Stoff, einer weichen ebenen Pappe
oder dergieichen, und auf diese das Schabionenmaterial,
worauf die Vorlage aufgelegt und das Ganze am oberen
Rande mit mehreren Spannstiftchen auf dem Brett
festgesteckt wird.
Mit einer spitzigen Nadei punktiert man dann
die Striche der Vortage gieichweit in Punkten dieser
Art.nach und hat nun darauf zu achten, dass
die Nadeistiche etwas durch das Stanioi oder die Geia-
tine dringen und auf der Rückseite ais kieine erhabene
Oeffnungen hervortreten.
Sollen sich die Uebertragungen abweichend mar-
kieren, z. B. Monogramme usw., so dass sich jeder

Buchstabe gesondert abhebt, so ist die Punktierung
des einen Buchstaben enger und des anderen weiter
zu hatten, um eine genaue Unterscheidung zu erzieien,
und geht das Punktieren nach einiger Uebung ziem-
iich rasch vonstatten, wobei die Nadei hin und wieder
in etwas Petroieum oder Terpentin getaucht wird, um
das Haftenbieiben zu vermeiden. Ais Punktiernadei
ist entweder eine gute kräftige Nähnadel, die in Holz
getrieben und in der Form wie ein Bleistift zugerichtet
ist, oder eine sog. Radiernadei, wie soiche die Litho-
graphen benutzen, verwendbar, und ist nur darauf zu
achten, dass sie stets scharf zugeschliffen ist. Sobald
das Punktieren erledigt ist, wird die Schablone Hach
auf den betreffenden Stoff aufgelegt und mittels eines
etwas steifen Pinsels bei dunklen Stoffen ein weisses
und bei heiien Stoffen ein rotes oder biaues feines
mehiartiges Farbenpuiver über die Schabione gerieben,
wobei das Pulver durch die kleinen Punktiöcher auf
den Stoff geiangt, wo es ziemiieh fest haften bleibt.
Ist das Farbenpuiver mit einer Wenigkeit feinst
puiverisiertem Gummiarabikum vermischt worden, und
iässt der Stoff eine geringe Feuchtung zu, so kann
ein mässig feuchtes Fiiesspapier einige Zeit auf die
Uebertragung geiegt und das Ganze ein wenig be-
schwert werden, wodurch das Farbenpuiver sich fester
mit dem Stoff verbindet, der Gummi zur Lösung ge-
bracht und so die Zeichnung fixiert wird. Verwendet
man Stanioischabionen, so kann die Farbe gieich mit
Hüssigem Gummi oder geklärtem Eiweiss nicht zu dünn
angerieben sein, so dass sie durch Ueberstreichen
und Auftupfen mit dem steifen Pinsei durch die Punkt-
iöcher getrieben wird und mit dem Stoff sich verbindet,
und fäiit dann das Fixieren weg. Sind, wie eingangs
erwähnt, fortiaufende Uebertragungen der gleichen Art
anzubringen, so ist die Schablone nur immer weiterzu-
transportieren, doch muss sie so zugeschnitten sein,
dass ein genaues Ansetzen, d. h. ein guter Ab- und
Anschiuss, erhaiten wird, um ein Stimmen der ganzen
Zeichnung zu erhaiten.
Ich wiii noch bemerken, dass bei Gebrauch der
Pausgeiatine eine ziemiieh dicke Mitteisorte genommen
werden muss, während bei Stanioi ebenfaiis die ent-
sprechende Dicke vorhanden sein soli. Schiiessiich
kann aber auch geHrnisstes Papier (Schabionenpapier)
verwendet werden, weiches in grossen Zeichen- und
Maiutensilienhandtungen zu haben ist, oder man kann
sich das Papier selbst hersteiien, indem es mit der
foigenden Harzmischung mehrmais mager überstrichen
wird, bis es genügend gesättigt ist: 40 g puiv. Koio-
phonium, 25 g puiv. Damarharz, : g Kampfer und 123 g
französisches Terpentinöi werden in einem BtechHäsch-
chen vermischt, und soii die Fiasche etwa um die
Häifte grösser sein, ais der Inhalt einnimmt. Die
Flasche wird unverkorkt im Wasserbade stark erwärmt,
damit die Lösung der Harze eintritt, und benutzt man
zum Erhitzen des Wasserkessels oder Topfes einen
Petroieum- oder Gaskocher, unter weichem die Flamme
nur mässig brennen soii, damit sich nicht die aus der
Fiasche strömenden Dämpfe entzünden oder der Lack
herausschäumen kann. Mit der Mischung ist ein gutes
zähes und etwas kräftiges holzschlifffreies Papier so
zu überstreichen, dass man nur magere Anstriche macht,
die nach jedesmaiigem Trocknen wiederhoit werden,
und v^enn das Papier ziemiieh klar durchsichtig ist,
kann es nach dem Trocknen ais Schablonenmateriai
zur Verwendung kommen. Andernfalis iässt sich der
käufiiehe Kopaiiack benützen, wenn er mit etwas
Terpentinöi und mit ganz wenig Kampfer vermischt
und nachher im Wasserbade erwärmt wird. Die Scha-
bionen aus gefirnissten Papieren können auch mit den
feuchten Gummi- oder Eiweissfarben überstrichen
werden. J. M.

Verlag der Werkstatt der Kunst (E. A. Seemann, Leipzig).
 
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