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Münchner kunsttechnische Blätter — 8.1911/​1912

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Nr. 13
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Reinhart, Josef: Der Farbenholzstich und Maldruck
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Brunnschweiler, Ch.: Die Buss-Tempera
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https://doi.org/10.11588/diglit.36590#0055

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Nr. iß.

Münchner kunsttechnische matter.

5i

Kanten der Linien und des Winkeis in der Rich-
tung des Pfeiles verlaufend ausgeschabt werden.


Nach Fertigsteiiung der Zeichnung auf der Holz-
platte wird dieselbe mit dem Stichel gestochen,
so dass eine Hochdruckplatte entsteht, und dann
ein Abdruck auf Japan- oder dickes Chinapapier
mittels Buchdruckfarbe in Schwarz oder Braun
gemacht. Dieser Druck wird mit Buntstiften in
gewünschter Weise bemalt, um ein Original zu
erhalten.
Ist diese Arbeit beendet, macht man aber-
mals von dem gestochenen Holzstock — diesmal
aber mit fetter Umdruckfarbe (Federfarbe) oder
gewöhnlicher Buchdruckfarbe, welcher man etwas
Leinöl zusetzt, einen Abdruck auf eine dicke
Gelatinefolie (Giaspapier), wie solche zum Pausen
für Radierungsplatten Verwendung finden. Den
erhaltenen Druck legt man mit der Schichtseite
auf eine bereitliegende gut abgeschliffene Birn-
baumplatte (Langholz) und fertigt einen Umdruck
darauf.
Befindet sich das Konturenbild auf der Birn-
baumplatte, dann bemalt man dasselbe mit den
erforderlichen Farben, welche in trockenem Zu-
stande mit Wasser und etwas Reisbrei als Binde-
mittel angerieben werden, nach dem Original.
Dann legt man ein zwischen feuchte Fliesspapier-
blätter gleichmässig angefeuchtetes Japan- oder
dickes Chinapapier (Japanpapier ist vorzuziehen,
weil es sich in feuchtem Zustande nicht dehnt,
und somit ein leichteres Registerhalten möglich
ist) auf den bemalten Holzstock, legt starkes
Pausepapier darüber und druckt mit einer mit
Filztuch umwickelten Scheibe, Ledertampon oder
Falzbein bezw. mit einer mit einem getrockneten
Palmenblatt umwickelten Scheibe das bunte Bild
ab. (Schiuss folgt.)
Die Buss-Tempera*).
Ueber die Temperafarben von Dr. Buss & Co. in
Rüschlikon schreibt Herr O. Brunnschweiler-Bern:
Ich möchte sagen, es ist nur die Erfüllung eines
längst gehegten Wunsches, einiges über meine mit den
Temperafarben von Dr. Buss & Co. gemachten Er-
fahrungen allgemein bekanntzugeben. Dies haupt-
sächlich aus dem Grunde, weil die Gefahr sehr nahe
lag, auf diese Farben ganz verzichten zu müssen, aus
Gründen, die hier nicht näher erörtert werden sollen.
Tatsache ist, dass diese Farben nicht in dem Masse
allgemein Verwendung gefunden haben, wie man es
dank ihrer Vorzüge wünschen möchte.
Es ist mir dies beinahe unverständlich, denn wenn
einmal das Sprichwort: „Die gute Sache hilft sich selbst"
nicht zugetroffen hat, so war es bei diesen Farben.
Ich bin nicht Chemiker genug, um mich in einen
Vergleich dieser Farben mit anderen mit Bezug auf
deren chemische Zusammensetzungen und Eigenschaften
einlassen zu dürfen. So viel ist aber sicher, dass der
Erfinder derselben, mein leider allzufrüh verstorbener
Freund Dr. Otto Buss, bei der Bearbeitung des Pro-
*) Vgl. die Gutachten in der vorigen Nummer.

blems der Herstellung von möglichst tadellosem Farben-
material mit einer Liebe zur Sache zu Werke gegangen
ist, die ihresgleichen sucht. Ist es da zu verwundern,
wenn dabei etwas zustande gekommen ist, das, wenn
auch noch verbesserungsfähig, so vorzügliche Eigen-
schaften aufweist, dass demjenigen, der sich mit dem
Gebrauch dieser Farben vertraut gemacht hat, bei-
nahe jedes Bedürfnis nach anderem Material über-
windet!
Es muss allerdings gleich hier gesagt werden, dass
eine derartig befriedigende Erfahrung nur durch ernste
Arbeit errungen werden kann. Soll das etwa den Farben
als Nachteil angerechnet werden? Ich behaupte: nein,
vor allem deshalb, weil es mir ausgeschlossen scheint,
dass jemand, der es mit seiner Kunst nicht ernst meint,
lange bei diesen Farben bleiben wird; denn sie erfor-
dern klares, bewusstes Arbeiten, vor allem ein Malen
und kein Schmieren. Die Folge davon ist die Aus-
scheidung alles Stümperhaften, und das ist doch gewiss
ein Vorteil!
Und nun zu den Charakteristiken der Bussschen
Tempera, die ich, von andern vollständig unbeeinflusst
und deshalb auch als unabhängiger Alleingänger in
der Kunst, gefunden habe.
Vor allem freut mich die Unverwüstlichkeit und
Haltbarkeit der Farben — nicht in den Tuben — aber
als fertiges Bild. Arbeiten, die ich vor io Jahren ge-
malt habe, wobei noch jede Erfahrung in der Behand-
lung fehlte, sind heute noch so farbenkräftig und feurig,
wie wenn sie erst gestern gemalt worden wären. Das
will zwar nicht viel heissen, wenn man das Alter der
Werke unserer Vorbilder in der Kunst damit vergleicht,
oder auch nur dasjenige guter Oelbilder aus dem vo-
rigen Jahrhundert. Aber der jetzige Härtegrad dieser
Farbschichten, das gänzliche Fehlen von Rissen lassen
doch mit ziemlicher Sicherheit darauf schliessen, dass
sie bereits schon in einen Zustand übergegangen sind,
der merklichen Veränderungen nicht mehr unter-
worfen ist.
Allerdings sind die Farben, besonders bei gewissen
direkten Mischungen auf der Palette beim Uebergang
in den trockenen Zustand kleinen Veränderungen unter-
worfen. An diese hat man sich aber rasch gewöhnt.
Im allgemeinen habe ich die Erfahrung gemacht, dass
sich die Farbentöne nach 2—3 Stunden nicht mehr
ändern. Es lassen sich also sehr leicht und noch
unter dem Eindruck der ersten Bemalung durch ent-
sprechende Uebermalung Korrekturen anbringen.
Ein weiterer Vorteil für mich besteht darin, dass
sich diese Farben ganz besonders für ein rasches und
zielbewusstes Arbeiten eignen, speziell bei Studien im
Freien. Bei der Möglichkeit eines dünnen und doch
farbenkräftigen Auftrages und dem raschen Auftrocknen
ist die weitere wertvolle Möglichkeit gegeben, jeden
gewünschten zeichnerischen Effekt mit erstaunlicher
Klarheit wiederzugeben, ohne dass man Gefahr läuft,
sich in Schmiererei zu verlieren. Und es gehört doch
gewiss auch zum Angenehmen, dass beim Arbeiten im
Freien nach dem Zusammenpacken der Malutensilien
das Bild schon so weit aufgetrocknet ist, dass es beim
Heimtransport desselben keiner besonderen Sorgfalt
mehr bedarf.
Es darf allerdings nicht unerwähnt bleiben, dass
die Ausnützung dieser Eigenschaften eine gewisse Ge-
wandtheit erfordert. Ein bedächtiges und zaghaftes
Probieren gibt es nicht, denn sonst riskiert man, dass
die Farben auf der Palette zu schnell verhärten. Es
empfiehlt sich daher auch, sich schon vor dem Beginn
des Malens klar zu machen, welche Farben verwendet
werden sollen, und sich hauptsächlich auch auf ein be-
stimmtes Minimum von Material zu beschränken, was
ohne weiteres zu einer sparsamen Verwendung der
Tuben führt.
Ueber die Vor- und Nachteile des raschen Auf-
 
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