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Münchner kunsttechnische Blätter — 8.1911/​1912

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Nr. 16
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Die moderne Teerfarben-Industrie
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St., ...: Ein Buch über Holzschnittechnik
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Verlangsamung des Abbindens von Gips
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https://doi.org/10.11588/diglit.36590#0068

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64

Münchner kunsttechnische matter.

Nr. :6.

fast das ganze Quantum des durch Abscheidung von
Kohienstofi schwarz gefärbten Steinkohienteers (t9o8
sind in Deutschland allein Snooo t Teer im Wert von
rund 19 MiHionen Mark destiliiert worden) in grossen
eisernen Retorten trocken destiiiiert und hierbei die
vier Grundstoffe der Farbenindustrie, 1—Ben-
zol, 5—io°/„ Naphthalin, ca.0,2g—0,43"). Anthra-
cen und ca. 0,4—0,3°/, Karbolsäure (Phenol) ge-
wonnen.
Das Benzol wird durch Nitrierung, das heisst
durch Einwirkung von Salpetersäure in Gegenwart von
konzentrierter Schwefelsäure, in Nitrobenzol und
dieses durch Reduktion mit Eisen bei Gegenwart von
Säuren in das Anilin übergeführt. Das Anilin, das
im Jahre 1860 noch 28 Mk. pro Kilo kostete, wird
heute in vielen Millionen Kilo weit unter t Mk. her-
gestellt. Nimmt man die Reduktion des Nitrobenzols
bei Gegenwart von Natronlauge mit Zinkstaub vor, so
erhält man Hydrazobenzol, das durch Behandlung mit
Säure in Benzidin übergeht.
Neben dem Benzol wurde zu Beginn der Teer-
farbenindustrie aus dem Teer auch die Karbolsäure,
chemisch Phenol genannt, abgeschieden und zu Des-
infektionszwecken verwandt oder durch Nitrierung auf
Pikrinsäure verarbeitet, deren vorzügliche Spreng-
wirkung man schon damals erkannt hatte. Diese Kar-
bolsäure wird heute nicht nur aus dem Gasteer ge-
wonnen, sondern auch auf synthetischem Wege, und
zwar wiederum aus Benzol, durch Sulfurieren mit kon-
zentrierter Schwefelsäure und Verschmelzen mit Natron,
erhalten. Das kam so. England ist das Hauptland
der Gasindustrie und damit der Teerkarbolsäure, die
nur in kleineren Mengen im Koksteer vorkommt.
(Schluss folgt.)
Ein Buch über Holzschnittechnik.
Das Interesse vieler Kreise für Graphik hat zur
eingehenderen Beschäftigung unserer Künstler mit allen
Zweigen der Reproduktionstechnik geführt. Als eine
Art Gegenströmung zu den kaum mehr zu überbieten-
den photomechanischen Vervielfältigungsarten gewinnt
seit einiger Zeit die Originalgraphik immer mehr an
Boden. Das zeigen die Ausstellungen und die Kata-
loge der Kunsthandlungen, nicht minder auch die
Bücher, die sich mit den Techniken selbst befassen.
Erst kürzlich konnten diese Blätter einen sachlichen
Aufsatz über japanischen Farbenholzschnitt bringen,
nun liegt uns ein kleines Werkchen vor, das die Holz-
schnittechnik*) als solche eingehend behandelt.
Trotzdem der Künstlerholzschnitt in den letzten
Jahren einen ausserordentlichen Aufschwung genommen
hatte, gab es doch bisher kein einziges brauchbares
Buch über diese Technik, so dass ausübende Künstler
auf mündliche Ueberlieferungen angewiesen waren.
Das veranlasste den Verfasser Friedrich R. Blau
in Worpswede, seine Erfahrungen zum allgemeinen
Besten zu veröffentlichen. In der Einleitung vertritt
er den Standpunkt, dass man wohl die von Japan aus-
gehende Anregung verwerten solle, jedoch nicht, um
in eine Nachahmung der Asiaten zu verfallen, und dass,
wenn wir uns auf die Formschneider des 15. Jahrhun-
derts besinnen, eine für unsere gesamte Kultur wert-
volle Blüte der Holzschnittechnik zu erwarten sei.
Unsere Holzschnittechnik ist in den letzten Jahr-
zehnten zum Holzstich oder Tonstich übergegangen,
der von der alten Methode, jede zu druckende Linie
als Grat aus dem Holz herauszuschneiden, abweichend,
die Kupferstichtechnik auf den Holzschnitt übertrug.
Statt der Linien wurden Schattentöne das formbildende

*) Holzschnittechnik. VonFriedrichR. Blau.
Verlag von J, H. Ed. Heitz, Strassburg (Preis geh, M.2.—).

Element dieser Technik, die mit dem alten Linien-
schnitt kaum mehr als das Material und das Drucken
gemein hat.
F. R. Blau zeigt in seinem Buch den Weg, wie
man beim Holzschneiden vorzugehen hat, er beschreibt
die völlige Ausrüstung zum Schneiden, von den Schneid-
instrumenten bis zur Behandlung des Papieres und der
Herstellung des fertigen Druckes. Reichliche Illustra-
tionen sowie auch die Angabe der jeweiligen Bezugs-
quellen für Handwerkszeug*), für Holzplatten**), für
Druckpapiere ***)usw. unterstützendenText des Buches,
das jedem Anfänger auf dem Gebiete sichere Hin-
weise und Anleitungen gibt und deshalb jedermann,
der sich mit der Technik befreunden will, empfohlen
werden kann.
Eine willkommene Bereicherung des Inhaltes bil-
den die Abbildungen von älteren Holzschnitten als
Beispiele für die reizvolle Art früherer Holzschnitt-
künstler, darunter ganz besonders die spanischen und
italienischen Druckerzeichen, sowie der Originalabdruck
eines Holzschnittes von Jost Amman, der sich im Be-
sitze des Verlegers Paul Heitz befindet. Dass das
von Blau gewählte „Blumenstück" als Beispiel eines
Farbenholzschnittes nicht als Holzschnitt, sondern in
Lithographie wiedergegeben ist, fällt eigentlich aus
dem Rahmen des Ganzen heraus. Auch könnte das
Kapitel aus Cennini vom „Zeugdruck" gut entbehrt
werden, wenn auch gewisse Beziehungen mit der alten
Holzschnittechnik vorhanden sind; dagegen wäre ein
Hinweis auf das Dreiplatten-Tondruckverfahren (Chia-
ro-scuro) am Platze, das Vasari in seiner Introduzione
(Kap. 35) beschreibt und als dessen Erfinder er Hugo da
Carpi (gestorben 1523) namhaft macht. Es besteht
darin, ausser der Zeichnungsplatte ein oder zwei Ton-
platten herzustellen; aus der ersten werden nur die
höchsten Lichter vertieft herausgeschnitten, also die
Stellen, die nicht drucken sollen. Die zweite Platte
druckt den Schattenton. Der Effekt gleicht dann einer
mit Weiss erhöhten lavierten Zeichnung auf Tonpapier.

Verlangsamung des Abbindens von Gips.
Frage: Lässt sich das rasche Abbinden des Gipses
durch irgendeinen Zusatz verzögern?
Antwort: Am meisten als Zusatz verwendet wird
Leimwasser, das das Abbinden stark verzögert und
zugleich dem Gips eine grössere Härte gibt. Ein
anderes Mittel ist der Zusatz von 4—8 Proz. Eibisch-
wurzelpulver. Das Pulver wird mit dem Gips trocken
vermischt und dann mit 40 Proz. Wasser zu einem
Teig angerührt, der etwa erst nach einer Stunde er-
härtet und sich schneiden, bohren und sonst bearbeiten
lässt. Ein anderer Zusatz ist Spiritus, von dem man
2—20 Proz. zusetzt und damit eine sehr dichte, je nach
der Menge des Spirituszusatzes erst in einigen Stunden
erhärtende Masse erhält. Endlich wäre noch Borax
zu nennen, das z. B. bei einem Verhältnis von : Vo-
lumen gesättigter Boraxlösung auf :2 Volumen Wasser
das Erhärten um 13 Minuten verzögert, bei t Volumen
Boraxlösung auf 4 Volumen Wasser um 3—3 Stunden,
bei : Volumen Boraxlösung auf i Volumen Wasser um
ro—12 Stunden. Ferner wurden auch mit Erfolg Milch,
Molke, Kasein und ähnliche Substanzen zur Verzöge-
rung des Abbindens verwendet. (Farbenzeitung.)

*) Eine „Holzschnittmesser-Kollektion Orlik" ist
durch das Stahlwerk Henckels, Solingen, zu beziehen.
**) Buchsbaumplatten zum Holzschnitt liefert die
Firma W. Güldenstein, Berlin S, Brandenburgstr. 35.
***) R. Wagner, Berlin W, Potsdamer Strasse.
 
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