Nr. 6.
Münchner kunsttechnische Blätter.
23
so befriedigend, dass er nun nicht mehr im Zweifei
war, mit diesem einfachen Verfahren die Ganosis
der Aiten wiederentdeckt zu haben (the prozess
cailed ganosis being the rubbing with wax candies
and iinen aione). Und doch hätte er nicht nötig
gehabt, so wichtige und wesentliche Teiie der
antiken Angaben kurzerhand wegzulassen, wenn
er sich bemüht hätte, für diesen Zweck punisches
Wachs nach Massgabe der bekannten Rezepte
herzustellen und mit diesem seine Versuche zu
erneuern. Aber er beruhigte sich mit der „Auto-
rität des Vitruvherausgebers V. Rose", der in
seiner neuesten Auflage aus dem überlieferten
Schreibfehler pumicam lieber ponticam gemacht
hat, obwohl in der entsprechenden Textstelle des
Plinius cera punica ohne jede Variante gesichert
ist; und nach dieser „correction" (richtiger: Kon-
jektur von sehr zweifelhaftem Wert) hielt er es
für geraten, sich um dieses Wort nicht weiter zu
kümmern (it is unsafe to base any argument on
the presence of this word). Dass die Ganosis
nut natürlichem Bienenwachs in keinem ein-
zigen Falle gelingen wollte, ist das nicht ein
Beweis mehr dafür, dass das „punische Wachs"
ein von jenem verschiedenes sein muss, ja
dass diejenigen recht haben, die in diesem ein
emulgierbares Wachs erkennen wollen? Denn
mit dieser Wachsart lässt sich die Ganosis mit
Leichtigkeit und genau so ausführen, wie
es Vitruv beschreibt*).
Und ferner: nach Herrn Lauries Methode
wird ein Stück Wachs auf der Oberfläche des
Marmors, die wohl noch rauh ist, abgerieben und
dann durch Frottieren glänzend gemacht. Sollte
dieses Verfahren auf schon geglättetem Zinn-
oberstuck (Vitruv: paries expolitus et aridus)
ausführbar sein? Das bezweifle ich, denn auf
der geglätteten Hache würde das Wachs nichts
abgeben oaer die Glättung arg beschädigt wer-
den. Ebenso unwahrscheinlich ist das von Herrn
Laurie S. 106 vermutete Verfahren zur Poly-
chromierung (circumlitio) von Statuen, wobei
die Farben mit ein wenig Leim aufgetragen und
in gleicher Art, wie oben angegeben, mit Wachs
überrieben und geglättet werden sollen. So be-
handelt, würden die Farben im Freien sich kaum
ein Jahr halten, während die circumlitio, die auch
für offene Plätze bestimmt war, eine gewisse
Dauerhaftigkeit verbürgt haben muss. Bei den
bekannten Gewandstatuen in Athen (Polychromer
Torso, Akropolis) wäre das Ornament nicht bis
heute sichtbar geblieben, wenn das Wachsbinde-
mittel nicht der Verwitterung Trotz geboten hätte.
Es würde zu weit führen und die Leser,
fürchte ich, belästigen, wenn ich Herrn Lauries
Ansicht über das „punische Wachs" hier ausführ-
lich besprechen wollte. Sie weicht von den bis-
*) Vgl. meine vielfachen Versuche und die Dr. Buss-
schen Briefe in Nr. 22—24 des vorigen Jahrgangs.
her bekannten und besonders von der unserer
deutschen Chemiker bedeutend ab. Er bestreitet
überhaupt eine Einwirkung auf Wachs beim Kochen
mit Soda oder mit Meerwasser; das Endprodukt
sei nichts weiter als gebleichtes Bienenwachs, das
sich von dem mit gewöhnlichem Wasser be-
arbeiteten durch nichts unterscheide (S. 43). Dies
zeigt wiederum nur, wie recht ein philologisch
urteilsfähiger Freund dieser Blätter hat, der mit
Bezug auf die den Bussschen Briefen vorangestellte
„Einleitung" mir folgende Bemerkung zugehen
liess; er schreibt:
„Dass heutzutage die Bereitung des puni-
schen Wachses bei den nicht mit moderner
Exaktheit gemachten Angaben der alten Schrift-
steller schwierig ist und immer zu Zweifeln
Anlass gibt, ist sehr natürlich. Dioskorides hat
nur für Aerzte geschrieben, die ein möglichst
gereinigtes Wachs für ihre Medikamente
brauchten, nicht für Maler und noch weniger
für Chemiker, die alle Eigenschaften des
Wachses kennen zu lernen suchen müssen, und
Plinius, der nicht einmal sachverständiger
Fachmann war, und aus einer verwandten
Quelle so viel schöpfte, als ihm für seinen popu-
lären Zweck hinreichend schien, ist in seinen
Angaben noch weniger exakt, so dass
diese nicht den Wert eines zuverlässigen Re-
zeptes haben können. Ich fürchte daher, dass
der Streit nie zu Ende kommen wird . . ."
Ja, gewiss wird er fortdauern, denn das punische
Wachs wird man dadurch nicht los, dass man es
an einer Stelle aus den Texten entfernt, an an-
deren zu ignorieren sucht. (Forts, folgt.)
Rotationstieidruck.
Von Walter Ziegler. (Schluss.)
Die beim manuellen Kupferdruck verwendete
Firnisdruckfarbe ist zähe und hängt sich fest an das
Plattenplanium an. Durch den Racket könnte solche
Farbe nicht vollständig abgeschoben werden, es bliebe
ein fühlbarer Ton stehen. Die Druckfarbe muss da-
her eine andere Konsistenz haben, sie muss dünn-
flüssiger sein, oder man verwendet Zusätze, wie Seife
u. a., oder man bedient sich einer dem „Papp" des
Kattundruckes ähnlichen Kleisterfarbe, die auch er-
heblich billiger ist. Eine Zurichtung, wie sie der
Hochdruck erfordert, fällt beim Tiefdruck weg. Die
Druckresultate sind tonlich einwandfrei, weich und
von hervorragender Klarheit. Man kann auch die
subtilsten Töne auf solidem matten Papier, aber auch
auf gewöhnlichem Zeitungspapier erreichen.
Rotationsschnellpressen werden in verschiedenen
Systemen für Tiefdruck von einigen Maschinenfabriken
hergestellt, auch Rackeipressen für Platten sind schon
in Verwendung.
Die Produktion kann tausend Drucke in der Stunde
erreichen, ohne merkliche Abnutzung der Druckmatrize.
Trotz allen erwähnten Vorteilen brachte die stau-
nenswerte Neuerung doch nicht die erwartete Um-
wälzung im bestehenden Druckwesen hervor. Nach-
teilig wird einstweilen noch empfunden, dass Schrift-
satz nicht gleichzeitig in einem Arbeitsvorgang mit-
gedruckt werden kann.
Münchner kunsttechnische Blätter.
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so befriedigend, dass er nun nicht mehr im Zweifei
war, mit diesem einfachen Verfahren die Ganosis
der Aiten wiederentdeckt zu haben (the prozess
cailed ganosis being the rubbing with wax candies
and iinen aione). Und doch hätte er nicht nötig
gehabt, so wichtige und wesentliche Teiie der
antiken Angaben kurzerhand wegzulassen, wenn
er sich bemüht hätte, für diesen Zweck punisches
Wachs nach Massgabe der bekannten Rezepte
herzustellen und mit diesem seine Versuche zu
erneuern. Aber er beruhigte sich mit der „Auto-
rität des Vitruvherausgebers V. Rose", der in
seiner neuesten Auflage aus dem überlieferten
Schreibfehler pumicam lieber ponticam gemacht
hat, obwohl in der entsprechenden Textstelle des
Plinius cera punica ohne jede Variante gesichert
ist; und nach dieser „correction" (richtiger: Kon-
jektur von sehr zweifelhaftem Wert) hielt er es
für geraten, sich um dieses Wort nicht weiter zu
kümmern (it is unsafe to base any argument on
the presence of this word). Dass die Ganosis
nut natürlichem Bienenwachs in keinem ein-
zigen Falle gelingen wollte, ist das nicht ein
Beweis mehr dafür, dass das „punische Wachs"
ein von jenem verschiedenes sein muss, ja
dass diejenigen recht haben, die in diesem ein
emulgierbares Wachs erkennen wollen? Denn
mit dieser Wachsart lässt sich die Ganosis mit
Leichtigkeit und genau so ausführen, wie
es Vitruv beschreibt*).
Und ferner: nach Herrn Lauries Methode
wird ein Stück Wachs auf der Oberfläche des
Marmors, die wohl noch rauh ist, abgerieben und
dann durch Frottieren glänzend gemacht. Sollte
dieses Verfahren auf schon geglättetem Zinn-
oberstuck (Vitruv: paries expolitus et aridus)
ausführbar sein? Das bezweifle ich, denn auf
der geglätteten Hache würde das Wachs nichts
abgeben oaer die Glättung arg beschädigt wer-
den. Ebenso unwahrscheinlich ist das von Herrn
Laurie S. 106 vermutete Verfahren zur Poly-
chromierung (circumlitio) von Statuen, wobei
die Farben mit ein wenig Leim aufgetragen und
in gleicher Art, wie oben angegeben, mit Wachs
überrieben und geglättet werden sollen. So be-
handelt, würden die Farben im Freien sich kaum
ein Jahr halten, während die circumlitio, die auch
für offene Plätze bestimmt war, eine gewisse
Dauerhaftigkeit verbürgt haben muss. Bei den
bekannten Gewandstatuen in Athen (Polychromer
Torso, Akropolis) wäre das Ornament nicht bis
heute sichtbar geblieben, wenn das Wachsbinde-
mittel nicht der Verwitterung Trotz geboten hätte.
Es würde zu weit führen und die Leser,
fürchte ich, belästigen, wenn ich Herrn Lauries
Ansicht über das „punische Wachs" hier ausführ-
lich besprechen wollte. Sie weicht von den bis-
*) Vgl. meine vielfachen Versuche und die Dr. Buss-
schen Briefe in Nr. 22—24 des vorigen Jahrgangs.
her bekannten und besonders von der unserer
deutschen Chemiker bedeutend ab. Er bestreitet
überhaupt eine Einwirkung auf Wachs beim Kochen
mit Soda oder mit Meerwasser; das Endprodukt
sei nichts weiter als gebleichtes Bienenwachs, das
sich von dem mit gewöhnlichem Wasser be-
arbeiteten durch nichts unterscheide (S. 43). Dies
zeigt wiederum nur, wie recht ein philologisch
urteilsfähiger Freund dieser Blätter hat, der mit
Bezug auf die den Bussschen Briefen vorangestellte
„Einleitung" mir folgende Bemerkung zugehen
liess; er schreibt:
„Dass heutzutage die Bereitung des puni-
schen Wachses bei den nicht mit moderner
Exaktheit gemachten Angaben der alten Schrift-
steller schwierig ist und immer zu Zweifeln
Anlass gibt, ist sehr natürlich. Dioskorides hat
nur für Aerzte geschrieben, die ein möglichst
gereinigtes Wachs für ihre Medikamente
brauchten, nicht für Maler und noch weniger
für Chemiker, die alle Eigenschaften des
Wachses kennen zu lernen suchen müssen, und
Plinius, der nicht einmal sachverständiger
Fachmann war, und aus einer verwandten
Quelle so viel schöpfte, als ihm für seinen popu-
lären Zweck hinreichend schien, ist in seinen
Angaben noch weniger exakt, so dass
diese nicht den Wert eines zuverlässigen Re-
zeptes haben können. Ich fürchte daher, dass
der Streit nie zu Ende kommen wird . . ."
Ja, gewiss wird er fortdauern, denn das punische
Wachs wird man dadurch nicht los, dass man es
an einer Stelle aus den Texten entfernt, an an-
deren zu ignorieren sucht. (Forts, folgt.)
Rotationstieidruck.
Von Walter Ziegler. (Schluss.)
Die beim manuellen Kupferdruck verwendete
Firnisdruckfarbe ist zähe und hängt sich fest an das
Plattenplanium an. Durch den Racket könnte solche
Farbe nicht vollständig abgeschoben werden, es bliebe
ein fühlbarer Ton stehen. Die Druckfarbe muss da-
her eine andere Konsistenz haben, sie muss dünn-
flüssiger sein, oder man verwendet Zusätze, wie Seife
u. a., oder man bedient sich einer dem „Papp" des
Kattundruckes ähnlichen Kleisterfarbe, die auch er-
heblich billiger ist. Eine Zurichtung, wie sie der
Hochdruck erfordert, fällt beim Tiefdruck weg. Die
Druckresultate sind tonlich einwandfrei, weich und
von hervorragender Klarheit. Man kann auch die
subtilsten Töne auf solidem matten Papier, aber auch
auf gewöhnlichem Zeitungspapier erreichen.
Rotationsschnellpressen werden in verschiedenen
Systemen für Tiefdruck von einigen Maschinenfabriken
hergestellt, auch Rackeipressen für Platten sind schon
in Verwendung.
Die Produktion kann tausend Drucke in der Stunde
erreichen, ohne merkliche Abnutzung der Druckmatrize.
Trotz allen erwähnten Vorteilen brachte die stau-
nenswerte Neuerung doch nicht die erwartete Um-
wälzung im bestehenden Druckwesen hervor. Nach-
teilig wird einstweilen noch empfunden, dass Schrift-
satz nicht gleichzeitig in einem Arbeitsvorgang mit-
gedruckt werden kann.