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Münchner kunsttechnische Blätter — 8.1911/​1912

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Nr. 10
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Ostwald, W.: Die allgemeinen Grundlagen des monumentalen und dekorativen Pastells, [2]
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München, 5. Febr. 19:2.

Be!!age zur „Werkstatt der Kunst" (E. A. Seemann, Leipzig).
Erscheint i4tägig unter Leitung von Maier Ernst Berger.

YIH.Jahrg. Nr. 10.

Inhait: Die aHgemeinenGrundiagen des monumentalen und dekorativen Pastells. Von W. Ostwaid. (Fortsetzung.)
— Der Zinnober, seine Herstellung und sein Gebrauch in der Malerei der letzten acht Jahrhunderte.
Von G. Bakenhus. (Schluss.) — Reinigung von Gipsabgüssen. — Soll man Gemälde unter Glas halten?

Die allgemeinen Grundlagen des monumentalen und dekorativen Pastells.
Von W. Ostwald.

Ausser in Freskotechnik werden monumentale
Malereien noch in Kaseintechnik ausgeführt, welche
jener gegenüber ganz erhebliche Vorzüge hat.
Sie leidet aber auch unter dem Nachteil, dass
die Bildschicht durch das Bindemittel zu einem
zusammenhängenden Blatte verbunden ist, welches
dem Reissen und Abschälen ausgesetzt ist, wenn
die Beschaffenheit der Unterlage oder die Ein-
wirkung von aussen zu solchen Schädigungen
Anlass gibt. Ferner ist noch bezüglich der
Freskotechnik zu erwähnen, dass die Eigenschaften
des Kalkes, der dort als Bindemittel dient, die
Anwendung einer nur kleinen Anzahl von Farben
gestatten, während sehr viele andere, die wegen
ihrer Farbeigen schäften wünschenswert wären,
durch die Technik selbst ausgeschlossen sind.
Bei der Kaseinmalerei kommen derartige Ein-
wände allerdings nicht in Frage, wie denn diese
Technik auch der hier zu beschreibenden am
nächsten steht.
Die Pastelltechnik hat nun gegenüber den
eben gegebenen Nachteilen folgende Vorzüge:
Zunächst sitzen die Farbkörnchen in der Unter-
lage selbst und bilden niemals eine in sich zu-
sammenhängende Schicht, die etwa sich ablösen
oder reissen oder sonst in irgendeiner Weise die
Erhaltung des Bildes nachteilig beeinflussen könnte.
Da es sich ferner um einen trockenen Farb-
auftrag handelt, so ist man nicht wie beim Fresko
von dem Zustand der Unterlage abhängig. Wäh-
rend der Maler für sein Freskobild täglich nur
so viel Putz herstellen lassen darf, als er im
Laufe des Arbeitstages zu bemalen beabsichtigt,
etwa nichtbemalten aber abschlagen lassen muss,
darf man beim Pastell zu jeder Zeit aufhören
und wieder anfangen; denn das Bild, das auf
dem trockenen Grunde mit trockenem Farbstoff
hergestellt wird, erleidet natürlich in einer be-

liebig langen Zwischenzeit nicht die geringste
Veränderung. Während ferner sowohl im Fresko
wie auch in der Kaseintechnik einmal übermalte
Stellen entweder gar nicht oder nur unter Schwierig-
keiten geändert werden können, so lässt sich der
Staub des Pastellbildes, solange er noch nicht
fixiert ist, ohne jede Schwierigkeit entfernen, so
dass man beliebig grosse Stücke neu malen, vor-
handene Gebiete in der Farbstimmung umändern,
aufhellen, vertiefen kann, kurz dass man ohne
jede technische Behinderung an dem Bilde so
lange arbeiten kann, als man nur will, um die
künstlerische Absicht ohne jeden Rest auszuführen.
Weiter gibt die Pastelltechnik die Möglichkeit
sehr verschiedenartiger Auftragsweisen. Auf der
einen Seite kann man dadurch, dass man den
Untergrund sorgfältig mit dem Farbstift überreibt
und etwa das Farbpulver noch mit Hilfe des
Fingers oder (da dieser sehr bald eine solche
Anwendung verweigert) eines Gummifingers ein-
reibt, eine vollständig geschlossene Farb-
Häche erzielen. Andererseits kann man einen
getönten Grund herstellen und durch einzelne
voneinander getrennte Striche oder Punkte einen
unterbrochenen und lockeren Auftrag er-
zielen. Zwischen diesen beiden äussersten Grenzen
sind alle beliebigen Zwischenstufen möglich und
der Künstler übersieht alsbald, welcher Freiheit
er sich hier erfreut. Diese Freiheit wird noch
dadurch vergrössert, dass man die Rauhigkeit
des Untergrundes in sehr verschiedenem Charakter
halten kann. Das Korn kann fein und grob sein,
es kann ein scharfes und ein rundes Korn sein;
stets wird der pulverförmige Farbstoff des Pastells
Zwischenräume finden, in denen er sich ansiedeln
kann und in denen er hernach durch das Fixieren
festgehalten wird.
Ein weiterer Vorteil des Pastells, der zwar
 
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