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Münchner kunsttechnische Blätter — 8.1911/​1912

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Nr. 9
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Bakenhus, Gerhard: Der Zinnober, seine Herstellung und sein Gebrauch in der Malerei der letzten acht Jahrhunderte, [3]
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Schnellmalerei
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https://doi.org/10.11588/diglit.36590#0039

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Nr. 9-

Münchner kunsttechnische Blätter.

35

Der erste, weicher den Versuch machte, eine Mai-
technik vom Standpunkt des Chemikers zu schreiben,
war F. Toiomei in Landsberg a. d. Warthe. Er schrieb
1869 sein Werk: „Die dauerhaften Farben für die Oet-
maierei nebst Anweisung zur richtigen Anwendung
derseiben".
Auf S. 31 sagt er: „Zinnober wird, je nach Art
der Bereitung, in verschiedenen Nuancen dargesteiit,
auch findet man ihn unter dem Namen Bergzinnober
in der Natur, jedoch weniger schön und rein, meistens
eisenhaitig, und darum durch den künstiichen ver-
drängt, worunter der auf trockenem Wege bereitete
der bessere ist. Er kommt häuftg mit Mennige, Chrom-
rot, Eisenoxyd, Schwerspat, Kaikstein usw. verfäischt
vor, was ieicht daran zu erkennen ist, dass man eine
Probe starker Hitze aussetzt, wobei sich der Zinnober
vollständig verflüchtigt und die fremden Bestandteil
Zurückbleiben. Die schhmmste Verfälschung ist die
mit ebenfalls flüchtigen Sehwefelarsen, welche sich je-
doch in der Hitze durch knoblauchartigen Geruch zu
erkennen gibt."
c u zu der Zeit tatsächlich der Zinnober mit
Schweieiarsen verfälscht wurde, so braucht man sich
"*^1 ^ wundern, wenn auf manchen Bildern Lippen
und andere stark rote Gegenstände schwarz geworden
sind, diese Mischung schwärzt nämlich auch sogar im
Dunkeln. „Der Zinnober ist ebenso empfindlich gegen
Schwefelwasserstoff, schlechte Luft wie Kremserweiss,
mit dem er auch nicht vorteilhaft zu mischen ist."
Vorausgesetzt, dass der Zinnober eine gute Sorte und
an und für sich haltbar war, wirkt. Kremserweiss
nicht darauf ein, nur mit Mennige verfälschter Zinn-
ober bleicht im Kremserweiss aus.
Die Gefahr, dass Zinnober durch Schwefelwasser-
stoff geschwärzt wird, ist nicht so gross, dem könnte
man durch einen Ueberzug von Mastix oder Damar,
in Terpentinöl gelöst, aber ohne Zusätze von Lein-
oder Mohnöl, leicht abhelfen, beide sind nämlich gegen
Schwefelwasserstoff undurchlässig, wenn nicht sonst
eine Gefahr dabei wäre, worüber ich weiter unten be-
richten werde.
c T*°t°ruei sagt zum Schluss: „Man schränke seinen
jebiauch möglichst ein und verwende ihn nur da, wo
unbedingt notwendig, denn er ist nur dann haltbar,
wenn er nicht längere Zeit dem direkten Sonnenschein
oder schlechter Luft ausgesetzt ist."
Das im Jahre 1904 herausgegebene Werk: „Die
Malerfarben und Bindemittel von Dr. Fr. Linke" "ibt
in klarer, anschaulicher Weise Auskunft über die Her-
stellung und Zusammensetzung der Malerfarben. Linke
sagt auf S. 49: „Heute wird aller Zinnober künstlich
erzeugt, und zwar direkt aus den Elementen Schwefel
und Quecksilber zusammengesetzt."
Die Herstellung erfolgt nach zwei Methoden, auf
trockenem und auf nassem Wege. Nach dem ersteren
Verfahren werden Quecksilber (84 Gewichtsteile) und
Schwefelpulver (16 Gewichtsteile) gemengt und in
Rollfässern einige Stunden durcheinandergerüttelt, bis
sich eine gleichförmige schwarze Verbindung, das
schwarze Schwefelquecksilber — der sog. Mohr — ge-
bildet hat.
Die Masse wird dann in gusseisernen Sublimier-
gefässen, die mit Helmen und Vorlagen versehen sind;
einer Sublimation unterworfen, liier übergeht das
schwarze Schwefelquecksilber ohne Aenderung seiner
chemischen Zusammensetzung in den roten Zinnober,
der sich in dicken Kristallkrusten namentlich an den
Helmen absetzt.
Die abgeklopften reinen Stücke (Stückzinnober)
werden nass vermahlen; die Masse hierauf durch Kochen
mit einer Pottaschelösung von überschüssigem mit-
sublimiertem , unverbundenem Schwefel befreit und
schliesslich sorgfältig mit Wasser ausgewaschen (raffi-
nierter Zinnober).

Dieses Kochen mit Pottaschelösung scheint mir
analog dem Behandeln des Zinnobers der alten Meister
mit dem Urin zu sein.
Je nach der Mahlfeinheit lassen sich hierbei ver-
schiedene Nuancen erzielen: Dunkelrot bis Hellrot.
Auf dem sog. nassen Wege wird der durch Ver-
reiben von Quecksilber mit Schwefel, jedoch bei
Gegenwart von Wasser, erhaltene Mohr durch längeres
Digerieren oder Schütteln mit einer warmen Lösung
von Schwefelleber (Schwefelkalium) in die rote Modi-
fikation (den Zinnober) verwandelt; durch Modifikation
des Verfahrens gelingt es, Produkte von verschiedenen
Farbtönen, Violett, Karmin, Orangestich, zu erhalten.
Als Oelfarbe gilt der Zinnober fälschlich als licht-
echt. Als trockenes Pulver — also auch als Aqua-
rellfarbe, in der Fresko- und anderen Wasserfarben-
techniken — schwärzen sich die picisten Zinnobersorten
bei längerer Belichtung sehr deutlich bemerkbar
(Uebergang in die schwarze Modifikation ohne Aende-
rung der Zusammensetzung). Aber auch als Oelfarbe
erlitten alle in der Richtung geprüften Zinnobersorten
nach langer Belichtung deutliche Schwärzung. Die auf
trockenem Wege erzeugten Produkte erweisen sich in
dieser Beziehung haltbarer, manche, namentlich die
dunkleren Sorten, sogar als gut haltbar.
Der Zinnober hat eine ausgesprochene Deckkraft,
bedarf als Oelfarbe relativ wenig Bindemittel, zählt
aber doch zu den schlechteren Trocknern.
Der Zinnober muss äusserst sorgfältig mit Oei
verrieben werden, wenn er nicht in der Farbtube die
unangenehme Eigenschaft zeigen soll, das Oel abzu-
scheiden. Zur Verhütung dieses Uebelstandes wird
der Farbe gleichwie bei anderen sich ähnlich ver-
haltenden zumeist ein Wachszusatz gegeben."
Weiter spricht Linke noch von der Prüfung der
verschiedenen Sorten Zinnober auf Zusätze usw.; da
diese Prüfungen so einfach sind, dass jeder sie ohne
weiteres selbst vornehmen kann, sage ich sie hier an.
Reiner Zinnober verflüchtigt sich beim Erhitzen
ohne Rückstand. Minium oder Chromrot als etwaige
Verfälschung würde hierbei als Rückstand bleiben
(grösstenteils in schwarzes Schwefelblei verwandelt
durch den Schwefel des Zinnobers). Mässig konzen-
trierte Schwefelsäure greift den Zinnober nicht an
(Minium wird dadurch gebräunt).
In einer Lösung von Schwefelnatrium, die mit
etwas Natronlauge (Natriumhydroxyd) versetzt ist,
löst sich der Zinnober sehr leicht auf. An Wasser,
Spiritus oder verdünnte Lauge gibt der Zinnober nichts
ab. Eine hierbei entstehende rote Lösung würde auf
Zinnoberimitation deuten.
Unter diesem Namen erscheint im Handel meist
ein mit Eosinen und prächtig roten Teerfarbstoffen auf-
gefärbtes Minium oder Chromrot.
Spiritus, noch leichter bei Zusatz von einem kleinen
Tropfen Lauge oder Sodalösung, löst das Eosin her-
aus zu einer prächtig fluoreszierenden Flüssigkeit. Da
die Eosine zu den im Lichte unbeständigen Pigmenten
gehören, so ist die Zinnoberimitation ein ganz hin-
fälliges Präparat, das sich nach kurzer Belichtung als
nacktes Minium oder Chromrot präsentiert.
(Fortsetzung folgt.)

Schnellmaierei.
Gemeint ist natürlich die sog. Konzertmalerei, bei
der ein Maler auf der Bühne sich damit produziert,
in kurzer Zeit und nach dem Takte der Musik „Bilder"

*) Aus: Praktischer Ratgeber für die Maler-,
Anstreicher- und Lackiererwerkstätte. Herausgegeben
von C. Hebing, Redakteur der deutschen Malerzeitung
„Die Mappe". Verlag von Georg D. W. Callwey, Mün-
 
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