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Münchner kunsttechnische Blätter — 8.1911/​1912

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Nr. 10
DOI Artikel:
Ostwald, W.: Die allgemeinen Grundlagen des monumentalen und dekorativen Pastells, [2]
DOI Artikel:
Bakenhus, Gerhard: Der Zinnober, seine Herstellung und sein Gebrauch in der Malerei der letzten acht Jahrhunderte, [4]
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https://doi.org/10.11588/diglit.36590#0042

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38

Münchner kunsttechnische Blätter.

hlr.ro.

ihm nicht ausschliesslich eigen ist, aber sich doch
in ihm am leichtesten realisieren lässt, ist die
vorläufige eindeutige und endgültige Feststel-
lung des gesamten Farbcharakters. Im all-
gemeinen wird man derartige Werke nicht ohne
eine sorgfältige Studie ausführen, in welcher alle
vorkommenden Farbwerte festgestellt sind. Diesen
Farbwerten entsprechend stellt man sich dann
die Pastellstifte her, mit denen man das endgültige
Werk ausführt. Da man andere Farben über-
haupt nicht in die Arbeit nimmt, so hat man
auch gar keine Möglichkeit, aus dem Kreise der
einmal festgestellten Farbenharmonie herauszu-
fallen. Man wird automatisch gezwungen, sich
innerhalb der einmal festgestellten Skala zu be-
wegen, und kann auf solche Weise wiederum
jeden beliebigen Stil oder Farbcharakter vom
nüchternsten schwachgetönten Grau bis zu der
lauten Pracht der tiefsten und glänzendsten
Sammettöne gestalten. Die Eigenschaft, welche
man beim Fresko besonders rühmt, dem eigen-
tümlich strengen und kühlen, etwas rauhen Cha-
rakter der Farben, kann man im Pastell, wenn
man will, durch entsprechende Wahl der Stifte
gleichfalls erreichen. Während man aber im
Fresko gezwungen ist, sich innerhalb dieses
Charakters mit geringer Abweichung zu bewegen,
so gewährt das Pastell die Möglichkeit, über
diese eine Art der Farbenharmonie weit hinaus-
zugehen und auf der einen Seite noch beschränk-
tere, auf der anderen sehr viel reichere und
mannigfaltigere Harmonien je nach dem beab-
sichtigten Zweck herzustellen. Ein weiterer sehr
grosser Vorzug besteht endlich darin, dass jeder
Künstler selbst oder doch unter seiner persön-
lichen Aufsicht sich das gesamte Farbmaterial
hersteilen oder herstellen lassen kann. Er ist
also in der Lage, von zweifellos echten und zu-
verlässigen Grundfarben auszugehen, und ist sicher,
dass in sein Bild nichts hineinkommt, von dem
er nichts weiss, so dass er so sich für die Dauer-
haftigkeit seines Bildes in dem Masse verbürgen
kann, als er Sorgfalt an die Auswahl seiner Farb-
stoffe gewendet hat. Wenn auch gegenwärtig
die Farben von den grossen Firmen in ausrei-
chender Zuverlässigkeit hergestellt werden und
man über ihre chemische Natur nicht im Zweifel
ist, so bestehen doch bei dem allgemeinen Be-
trieb der gegenwärtigen Kunstmalerei in Oelfarben
so mannigfaltige Möglichkeiten zu Missgriffen,
Versehen und geradezu die Zerstörung provozie-
renden Anwendungsformen, dass der durch die
Selbstherstellung der Farbstoffe gegebene Rück-
gang auf die alte, solide Technik der altdeutschen
Malerschule, wo der ausübenden Künstlerschaft
ein genaues Studium der technischen Eigenschaften
des gesamten Materials vorausging, durchaus will-
kommen sein wird.
(Schluss folgt.)

Der Zinnober, seine Herstellung und
sein Gebrauch in der Malerei der
letzten acht Jahrhunderte.
Von G. Bakenhus. (Schluss)
Der Scarlettzinnober ist Jodquecksilber — als
feurig roter pulveriger Niederschlag aus den zusammen-
gemischten Lösungen von Chlorquecksilber und Jod-
kalium herausfallend!
So schön der Scarlettzinnober ist, so unbeständig
ist derselbe. Er verflüchtigt sich in gelinder Wärme
allmählich und verschwindet gänzlich von der Bild-
fläche. Trotzdem findet man ihn mitunter doch unter
den Malerfarben des Handels.
Seine charakteristische Eigenschaft ist die, dass
er sich in einer Auflösung von Jodkalium zu einer
ganz farblosen Flüssigkeit löst.
B. SöHners Farbenkunde (S. 49) käme nicht in
Betracht, da sie nichts Wesentliches bringt, wenn nicht
vielleicht doch mancher sich verleiten Hesse, sich nach
deren Angaben zu richten:
„Zinnober, roter. Ein in 6—8 Abstufungen fabri-
ziertes Präparat aus Quecksilber und Schwefel von
helleuchtender bis tiefroter Farbe und anerkannter
Dauerhaftigkeit, wenn derselbe nicht durch wachsähn-
liche Beimischungen verdorben wird, was häufig der
Fall ist, weil Zinnober die Eigenschaft hat, das Oel aus-
zuscheiden, was durch allerlei Beimängel vermieden
werden soll. Manchmal nimmt man nichts davon wahr,
ein andermal, wenn' diese Beimischung stärker war,
wird der Zinnober (gleichviel, welche Sorte) nach einiger
Zeit braun. Die Farbe selbst ist daran ganz unschuldig.
Die verschiedenen Sorten heissen: Berg-, Chinesisch-,
Karmin-, Orange-, Patent- und Scharlachzinnober.
Zum Malen braucht man nur zwei Sorten: Schar-
lach- oder hell Zinnober und Karminzinnober oder
dunkel auch chinesisch genannt. Das übrige hat keinen
Zweck, denn Scharlachzinnober gibt alle ins Gelblich-
rote fallenden Töne und Karminzinnober alle jene,
welche für Rosa oder Bläulichrot bestimmt sind. Von
eigentlichem Qualitätsunterschied kann keine Rede
sein, weil alle Sorten von Natur aus unveränderlich
sind."
Das ist nun so ungeheuer leichtfertig hinge-
schrieben, dass man nicht weiss, was man dazu sagen
soll. Wenn Söllner seine Zinnoberproben nur in Gummi-
wasser angerieben 2 Monate lang dem Lichte ausge-
setzt hätte, dann würde er zu seinem eigenen Schrecken
gesehen haben, welch ungeheurer Qualitätsunterschied
zwischen den verschiedenen Sorten Zinnober besteht,
und dass vollends der Name keine Gewähr für die
Haltbarkeit bietet, will ich weiter unten ausführen.
Reines Bienenwachs hat keinen Einfluss auf die
Haltbarkeit des Zinnobers, es müsste denn schon sein,
dass es das Bindemittel ungünstig beeinflusst, da aber
beim jedesmaligen frischen Anreiben kein Wachszusatz
nötig ist, habe ich keine weiteren Untersuchungen
nach dieser Seite angestellt.
Nach Prof. Dr. Eibner, Malmaterialienkunde als
Grundlage der Maltechnik S. 147, wurde „das nasse
Verfahren zuerst im Jahre 1687 mitgeteilt und wird
heutzutage hauptsächlich in Deutschland ausgeführt".
Nach einer Tabelle von :8 bis 73 Tagen Belichtungs-
dauer hat er festgestellt, dass bei den meisten Sorten
von auf nassem Wege hergestellten Zinnober eine
schwärzlich starke Nachdunkelung eintritt, bloss der
Bergzinnober hatte in 53 Tagen keine Veränderung er-
litten.
S. no (Eibner): „In Wasserfarbentechnik ist er
naturgemäss nicht viel haltbarer als im Kalk, doch ist
hier die Aufbewahrungsart der Bilder eine günstigere.
Im Oel dagegen ist der Zinnober vor dem Schwarz-
werden weitgehend geschützt, wenn auch z. B. im
 
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