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Münchner kunsttechnische Blätter.
Nr. !9.
die natürliche Energie der Farben herab-
gemindert wird. Es kam also darauf an, die
Farben in so kleine Teilchen zu zerlegen
und derart auf dem Bilde zueinander zu ordnen,
dass die Wirkung der Farbenmischung
statt auf der Leinwand in der Netzhaut
unseres Auges sich vollzog. Man ging also
dazu über, die Farben in kleinen Tupfen un-
gebrochener Tonwerte auf die Leinwand zu
übertragen und durch Hinzufügung komple-
mentärer Farben den Ausgleich zu vollziehen.
Man erzielte damit neue und überraschende Wir-
kungen, die gewiss in mancher Beziehung als
Fortschritt gelten konnten. Doch zeigten sich
ebenso verschiedene Uebelstände. Die Wirkung
war in den meisten Fällen überaus grell, die
Schattenwiedergabe ungenügend und die
Tupfen waren in ihrer Erbsenform viel zu
gross, um selbst auf weite Entfernungen völlig
zu verschwinden und so sich für unser Auge in
eine einheitliche, vibrierende Masse aufzulösen.
Nicht minder drückte diese schwerfällige
Technik auf die Zeichnung, die auf einen
manchmal recht primitiven Zustand heruntersank
und sowohl Energie wie Grazie wie Nuanciertheit
einbüsste. Vielen der jungen Stürmer war dies
aber gerade recht. Die Radikalsten und Fana-
tischsten betrachteten die Kunst des Zeichnens
überhaupt als eine abgetane Sache und erblickten
in der Anbringung abgewogener Umrisse eine
lügnerische, erkünstelte, verstandesmässige Ge-
wöhnung, durch die das in der Natur Bewegliche
und Schwebende in starre Konventionsformen ge-
presst und zur Leblosigkeit verurteilt würde.
(Fortsetzung folgt.)
Das Einätzen der Vorzeichnung für
Glasmalereien.
Das Zeichnen oder das Aufpausen auf Glas macht
es erforderlich, dass ein Glasgrund gebraucht wird,
auf dem das Zeichnen usw. erfolgen kann. Wenn je-
doch die Farben ohne irgendeine Zwischenschicht,
also ohne die Grundierung, auf dem Glase liegen
sollen, muss ein besonderer Weg eingeschlagen wer-
den, um eine unverwischbare Vorzeichnung zu erhalten.
Dies ist auf keine andere Art als nur durch das flache
Einätzen der ganzen Arbeit in vorzüglicher Beschaffen-
heit zu erzielen.
Die Glasätzung, d. h. das Einätzen der Striche, ist
ohne grössere Schwierigkeiten ausführbar, um so mehr,
da es sich darum handelt, eine ganz geringe Tiefe zu
erzielen. Wenn man eine gute käufliche Glasätztinte
hat und einen zuverlässigen Radierungsätzgrund, dann
lässt sich die Arbeit als ziemlich einfach und sicher
erledigen, denn Misserfolge sind bei Beachtung der
folgenden Anleitung ausgeschlossen.
Den Radierungsätzgrund kann man sich selbst
herstellen, wenn nicht der käufliche Kupferstecher-
grund vorgezogen wird, der in Kugelform aus den
Druckereiutensilienhandlungen zu beziehen ist. Eine
halbe Kugel wird in einem Schälchen mit etwas echtem
rektifizierten Terpentinöl erwärmt und ein wenig dick-
Hüssig gemacht, womit dann die Grundierung des
Glases erfolgen kann. Diese geschieht in derselben
Art wie bei dem selbst zubereiteten Glasradierätz-
grunde, den ich dem Kupferstechergrunde vorziehe,
denn wenn man die besten und reinsten Bestandteile
kauft und erhält, dann lassen sich seichte und kräftige
Tief- sowie Hochätzungen erzielen. Bei normaler Auf-
tragung und bei Verwendung nicht zu scharfer Säuren
ergibt er die denkbar besten Resultate. Der Radie-
rungsätzgrund muss die Eigenschaft haben, dass er
das Einritzen der Zeichnung ohne auszuspringen und
ohne zu schmieren zulässt, er darf ferner nicht nach
kurzer Zeit spröde werden und muss bei einer ziem-
lich dünnen Auftragsschicht das Aetzen aushalten,
ohne dass sich das Durchfressen bemerkbar macht,
was eben nur dann eintritt, wenn statt echtem syrischen
Asphalt ein minderwertiger und gewöhnlicher Asphalt
und statt des rektifizierten reinen Terpentinöls ein
künstliches Ersatzpräparat gebraucht wird.
Zu dem Aetzgrunde sind erforderlich: 50 g pulve-
risierter echt syrischer Asphalt (derselbe hat in Pulver-
form eine schokoladebraune Farbe), 20 g reines gelbes
Bienenwachs, $ g echtes goldgelbes venezianisches
Terpentin und 180—200 g reines rektifiziertes Terpen-
tinöl. Diese Beigaben werden in einem reinen, ziem-
lich grossen Emaillegeschirr gut miteinander vermischt.
Man stellt es nachher auf einen Gas- oder Petroleum-
kochapparat, legt aber unter das Geschirr eine Metall-
platte (Zugschieber des Küchenherdes), damit die
Flamme das Geschirr nicht berührt, um das Anbrennen
der Masse und das Ueberkochen und Entzünden zu
vermeiden. Die Flamme soll nur massig brennen und
ist die Masse mit einem Holzspatel ständig umzurühren
um das Anbrennen zu verhindern. Auch tritt ein
besseres und rascheres Flüssigwerden ein. Das Ge-
schirr soll deshalb grösser sein, um die Masse wäh-
rend des Aufwallens am Ueberlaufen und Entzünden
zu verhindern, und der Schmelzprozess der Masse ist
damit als beendigt anzusehen, da der Asphalt bei etwa
roo° C schmilzt. Am Schlüsse des Schmelzens fügt
man noch etwa 5 g reines pulverisiertes Kalophonium
zu, lässt unter langsamem Umrühren nochmals aufwallen
und füllt den fertigen Grund in einen recht weithalsigen
Blechbehälter, der stets gut verkorkt verwahrt wird.
Wenn sich die Masse während des Kochens entzünden
sollte, was nur bei zu starker Flamme eintreten kann,
dann ist das Geschirr sofort mit einem passenden
Deckel zu schliessen, durch welchen die Entzündung
erstickt wird, doch muss natürlich das Gas abgedreht
und das Geschirr vom Kocher entfernt werden. Durch
das Entzünden verliert der Grund nichts an seiner
Güte, ja manche Glasätzer lassen die Masse sogar
einige Sekunden unter Umrühren brennen, da der
Grund dann widerstandsfähiger werden soll, doch
möchte ich wegen des starken Rüssens davon abraten.
Dagegen empfehle ich eine gute Lüftung des Raumes
während des Kochens, damit die schweren Terpentin-
dämpfe — die leicht entzündlich sind — entweichen
können. Am besten macht man diese Arbeit deshalb
auch nur bei Tageslicht.
Zum Grundieren des Glases giesst man eine ent-
sprechende Portion auf einen Teller und verdünnt
durch Zugabe von rektifiziertem Terpentinöl und Um-
rühren den Grund so weit, dass er etwas dicklich ist
und mit einem weichen Dachshaarvertreiber ohne
grosse Mühe ein dunkelschokoladebrauner, höchst
gleichmässiger und noch sehr gut durchsichtiger,
streifen- und fleckenfreier Ueberzug erhalten wird, der
keine zu dünnschichtigen Stellen aufweisen darf, die
bei zu starker Verdünnung sich leicht bilden. Die
Mischung soll etwas dicklich im Teller sein. Man
streicht sie am besten zuerst mit einem gewöhnlichen
breiten Pinsel auf dem Glase rasch vor, alsdann ist
mit dem Dachshaarvertreiber das Egalisieren in wag-
und senkrechter Richtung leicht ausführbar. Das Glas
selbst muss stubenwarm sein, denn auf kalten Gläsern
Münchner kunsttechnische Blätter.
Nr. !9.
die natürliche Energie der Farben herab-
gemindert wird. Es kam also darauf an, die
Farben in so kleine Teilchen zu zerlegen
und derart auf dem Bilde zueinander zu ordnen,
dass die Wirkung der Farbenmischung
statt auf der Leinwand in der Netzhaut
unseres Auges sich vollzog. Man ging also
dazu über, die Farben in kleinen Tupfen un-
gebrochener Tonwerte auf die Leinwand zu
übertragen und durch Hinzufügung komple-
mentärer Farben den Ausgleich zu vollziehen.
Man erzielte damit neue und überraschende Wir-
kungen, die gewiss in mancher Beziehung als
Fortschritt gelten konnten. Doch zeigten sich
ebenso verschiedene Uebelstände. Die Wirkung
war in den meisten Fällen überaus grell, die
Schattenwiedergabe ungenügend und die
Tupfen waren in ihrer Erbsenform viel zu
gross, um selbst auf weite Entfernungen völlig
zu verschwinden und so sich für unser Auge in
eine einheitliche, vibrierende Masse aufzulösen.
Nicht minder drückte diese schwerfällige
Technik auf die Zeichnung, die auf einen
manchmal recht primitiven Zustand heruntersank
und sowohl Energie wie Grazie wie Nuanciertheit
einbüsste. Vielen der jungen Stürmer war dies
aber gerade recht. Die Radikalsten und Fana-
tischsten betrachteten die Kunst des Zeichnens
überhaupt als eine abgetane Sache und erblickten
in der Anbringung abgewogener Umrisse eine
lügnerische, erkünstelte, verstandesmässige Ge-
wöhnung, durch die das in der Natur Bewegliche
und Schwebende in starre Konventionsformen ge-
presst und zur Leblosigkeit verurteilt würde.
(Fortsetzung folgt.)
Das Einätzen der Vorzeichnung für
Glasmalereien.
Das Zeichnen oder das Aufpausen auf Glas macht
es erforderlich, dass ein Glasgrund gebraucht wird,
auf dem das Zeichnen usw. erfolgen kann. Wenn je-
doch die Farben ohne irgendeine Zwischenschicht,
also ohne die Grundierung, auf dem Glase liegen
sollen, muss ein besonderer Weg eingeschlagen wer-
den, um eine unverwischbare Vorzeichnung zu erhalten.
Dies ist auf keine andere Art als nur durch das flache
Einätzen der ganzen Arbeit in vorzüglicher Beschaffen-
heit zu erzielen.
Die Glasätzung, d. h. das Einätzen der Striche, ist
ohne grössere Schwierigkeiten ausführbar, um so mehr,
da es sich darum handelt, eine ganz geringe Tiefe zu
erzielen. Wenn man eine gute käufliche Glasätztinte
hat und einen zuverlässigen Radierungsätzgrund, dann
lässt sich die Arbeit als ziemlich einfach und sicher
erledigen, denn Misserfolge sind bei Beachtung der
folgenden Anleitung ausgeschlossen.
Den Radierungsätzgrund kann man sich selbst
herstellen, wenn nicht der käufliche Kupferstecher-
grund vorgezogen wird, der in Kugelform aus den
Druckereiutensilienhandlungen zu beziehen ist. Eine
halbe Kugel wird in einem Schälchen mit etwas echtem
rektifizierten Terpentinöl erwärmt und ein wenig dick-
Hüssig gemacht, womit dann die Grundierung des
Glases erfolgen kann. Diese geschieht in derselben
Art wie bei dem selbst zubereiteten Glasradierätz-
grunde, den ich dem Kupferstechergrunde vorziehe,
denn wenn man die besten und reinsten Bestandteile
kauft und erhält, dann lassen sich seichte und kräftige
Tief- sowie Hochätzungen erzielen. Bei normaler Auf-
tragung und bei Verwendung nicht zu scharfer Säuren
ergibt er die denkbar besten Resultate. Der Radie-
rungsätzgrund muss die Eigenschaft haben, dass er
das Einritzen der Zeichnung ohne auszuspringen und
ohne zu schmieren zulässt, er darf ferner nicht nach
kurzer Zeit spröde werden und muss bei einer ziem-
lich dünnen Auftragsschicht das Aetzen aushalten,
ohne dass sich das Durchfressen bemerkbar macht,
was eben nur dann eintritt, wenn statt echtem syrischen
Asphalt ein minderwertiger und gewöhnlicher Asphalt
und statt des rektifizierten reinen Terpentinöls ein
künstliches Ersatzpräparat gebraucht wird.
Zu dem Aetzgrunde sind erforderlich: 50 g pulve-
risierter echt syrischer Asphalt (derselbe hat in Pulver-
form eine schokoladebraune Farbe), 20 g reines gelbes
Bienenwachs, $ g echtes goldgelbes venezianisches
Terpentin und 180—200 g reines rektifiziertes Terpen-
tinöl. Diese Beigaben werden in einem reinen, ziem-
lich grossen Emaillegeschirr gut miteinander vermischt.
Man stellt es nachher auf einen Gas- oder Petroleum-
kochapparat, legt aber unter das Geschirr eine Metall-
platte (Zugschieber des Küchenherdes), damit die
Flamme das Geschirr nicht berührt, um das Anbrennen
der Masse und das Ueberkochen und Entzünden zu
vermeiden. Die Flamme soll nur massig brennen und
ist die Masse mit einem Holzspatel ständig umzurühren
um das Anbrennen zu verhindern. Auch tritt ein
besseres und rascheres Flüssigwerden ein. Das Ge-
schirr soll deshalb grösser sein, um die Masse wäh-
rend des Aufwallens am Ueberlaufen und Entzünden
zu verhindern, und der Schmelzprozess der Masse ist
damit als beendigt anzusehen, da der Asphalt bei etwa
roo° C schmilzt. Am Schlüsse des Schmelzens fügt
man noch etwa 5 g reines pulverisiertes Kalophonium
zu, lässt unter langsamem Umrühren nochmals aufwallen
und füllt den fertigen Grund in einen recht weithalsigen
Blechbehälter, der stets gut verkorkt verwahrt wird.
Wenn sich die Masse während des Kochens entzünden
sollte, was nur bei zu starker Flamme eintreten kann,
dann ist das Geschirr sofort mit einem passenden
Deckel zu schliessen, durch welchen die Entzündung
erstickt wird, doch muss natürlich das Gas abgedreht
und das Geschirr vom Kocher entfernt werden. Durch
das Entzünden verliert der Grund nichts an seiner
Güte, ja manche Glasätzer lassen die Masse sogar
einige Sekunden unter Umrühren brennen, da der
Grund dann widerstandsfähiger werden soll, doch
möchte ich wegen des starken Rüssens davon abraten.
Dagegen empfehle ich eine gute Lüftung des Raumes
während des Kochens, damit die schweren Terpentin-
dämpfe — die leicht entzündlich sind — entweichen
können. Am besten macht man diese Arbeit deshalb
auch nur bei Tageslicht.
Zum Grundieren des Glases giesst man eine ent-
sprechende Portion auf einen Teller und verdünnt
durch Zugabe von rektifiziertem Terpentinöl und Um-
rühren den Grund so weit, dass er etwas dicklich ist
und mit einem weichen Dachshaarvertreiber ohne
grosse Mühe ein dunkelschokoladebrauner, höchst
gleichmässiger und noch sehr gut durchsichtiger,
streifen- und fleckenfreier Ueberzug erhalten wird, der
keine zu dünnschichtigen Stellen aufweisen darf, die
bei zu starker Verdünnung sich leicht bilden. Die
Mischung soll etwas dicklich im Teller sein. Man
streicht sie am besten zuerst mit einem gewöhnlichen
breiten Pinsel auf dem Glase rasch vor, alsdann ist
mit dem Dachshaarvertreiber das Egalisieren in wag-
und senkrechter Richtung leicht ausführbar. Das Glas
selbst muss stubenwarm sein, denn auf kalten Gläsern