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Münchner kunsttechnische Blätter — 8.1911/​1912

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Nr. 15
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Täuber, Ernst: Ueber Risse in der Farbschicht von Oelgemälden
DOI Artikel:
Fischer, F.: Das "Blausehen"
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https://doi.org/10.11588/diglit.36590#0062

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Münchner kunsttechnische matter.

Nr. ,5.

58

der Mischung ausmacht, Risse überhaupt nicht
mehr auftreten.
Ich habe Mischungen von Bieiweiss in Mohnöl,
die Bieiweiss in überwiegender Menge enthielten,
mit Kobaltblau, gebrannter Siena, Aiizarinlack,
Chromoxydgrün, gebrannter Umbra, Caput mor-
tuum und iichtem Ocker in Leinöi, und zwar
mit jeder dieser Farben einzeln gemischt, in
rascher Folge immer in Zwischenräumen von 3
bis 4 Tagen übereinandergeschichtet, in keines-
wegs dünnen Schichten auf nichtsaugendem Grunde,
sowohl direkt wie auch unter Einfügung von Re-
tuschierfirnissen zwischen je 2 Schichten.
In den aus 4—6 Schichten bestehenden Farben-
aufträgen ist jetzt, nachdem bereits 3 Jahre ver-
strichen sind, nicht der geringste Schaden be-
merkbar.
Diese Feststellung dürfte nicht ohne prak-
tisches Interesse sein, denn der Künstier arbeitet
ja überwiegend mit Farbenmischungen, und zwar
meist mit Mischungen, die Weiss in beträchtlicher
Menge enthalten, und kommt oft in die Lage,
Farbenmischungen übereinanderzulegen, die sich
in der Zusammensetzung nur ganz wenig unter-
scheiden.
In diesen Fällen wird er sich keine Schranken
aufzulegen brauchen und seine Arbeit beliebig
unterbrechen und wieder aufnehmen dürfen.
Dagegen wird er den Lasuren besondere
Sorgfalt widmen müssen, denn sie besitzen in
der Regel eine durchaus andere Zusammensetzung
als die Farbschichten, die sie bedecken, auch
haben gerade die meisten Lasurfarben eine be-
sondere Neigung zur Rissbildung. Lasuren sollten
daher immer erst aufgelegt werden, nachdem die
Arbeit eine lange Unterbrechung erfahren hat.
In manchen Fällen wird man die sich hier
bietende Schwierigkeit vielleicht umgehen können,
indem man zwischen Untermalung und Lasur eine
dünne Lage einer Mischung anbringt, welche aus
gleichen Teilen der Untermalungs- und der Lasur-
fhrbe zusammengesetzt ist. Der Versuch muss
natürlich in jedem Einzelfalle erst zeigen, ob die
erstrebte Wirkung auf diese Weise auch er-
zielt wird.
Der bisweilen und besonders in neuester Zeit
gemachte Vorschlag, Lasuren mit reinen Harz-
farben, d. h. mit solchen Farben auszuführen,
welche als Bindemittel ölfreie oder sehr ölarme
Harzlösungen enthalten, ist nicht praktisch; denn
derartige Lasuren bleiben dauernd in Terpentinöl
und anderen im Schlussfirnis enthaltenen Harz-
lösungsmitteln löslich, sie könnten daher schon
bei der Anbringung des Schlussfirnisses Schaden
leiden und würden sicher bei seiner späteren
Entfernung zerstörVwerden.
Charlottenburg,
Hochschule für die bildenden Künste,
im März I C) 1 2.

Das „mausehen"*).
In augenärztlichen Werken wurde in den letzten
Jahren das Interesse auf eine mit dem Alter zuneh-
mende physiologische Farbenveränderung der Linse
gelenkt, die zu einer Schwächung der Blauempfindung
führt. Diese Feststellungen haben ein nicht geringes
praktisches Interesse. Wir verdanken diese Förderung
unserer Kenntnisse über das Farbensehen den metho-
dischen Untersuchungen von Geh. Rat Hess in Würz-
burg, dessen Veröffentlichungen der folgenden kurzen
Darstellung als Unterlage dienten.
Die menschliche Linse besitzt beim Neugeborenen
eine eben angedeutete gelbliche Färbung. Mit zuneh-
mendem Alter und besonders jenseits des 50. Lebens-
jahres wird diese Gelbfärbung immer stärker. Wenn
auch individuelle Verschiedenheiten dieser Gelbfärbung
in den einzelnen Altersstufen Vorkommen, so ist doch
die gesetzmässige Zunahme derselben im Laufe des
Lebens sichergestellt. Eine gelbliche Linse absorbiert
einen Teil der in das Auge entfallenden blauen Strahlen,
und zwar einen um so grösseren Teil von Blau, je
stärker ausgesprochen ihre Gelbfärbung ist. Diese
Absorption eines Teiles der blauen Strahlen in der
gelben Linse führt dazu, dass nur ein Bruchteil des
einfallenden Blau auf der Netzhaut wirksam werden
kann, dass somit eine Abschwächung des Blausehens
eintritt. In seltenen pathologischen Fällen kann die
gelbe Farbe der Linse in ein tiefes dunkles Braun
übergehen, dann kommt es, bei erhaltener Durch-
sichtigkeit der Linse und normaler Sehschärfe, zu einer
wirklichen vollständigen Blindheit für blaue Farben.
Wichtiger jedoch sind die im physiologischen Bezirk
auftretenden Veränderungen der Linsenfärbung. Mit
interessanten, exakt messenden Methoden konnte Hess
feststellen, wie hochgradig die Abschwächung des
Blausehens in den einzelnen Lebensaltern ist. Um
einen Massstab bei d<?n vergleichenden Farbenunter-
suchungen zu bekommen, wurde die Durchlässigkeit
für blaue Strahlen bei solchen Augen, bei denen die
Linse operativ aus dem Auge entfernt wurde, — t ge-
setzt. Solche Augen werden natürlich die gesamte
blaue Strahlenmenge auf die Netzhaut fallen lassen,
eine Absorption der blauen Strahlen kann nicht statt-
finden, und in der Tat ist das „Blausehen der Star-
operierten" den Augenärzten seit langem bekannt.
Verglich Hess die Stärke des Blausehens der einzelnen
Altersklassen mit solchen linsenlosen Augen, so fand
sich, dass durchschnittlich

die Linsen von 25jährigen 0,21°/,
„ „ 45 „ 0,25"/.
„ „55 „ 0,66°/.
„ „ 66 „ 0,70°/.
„ „ 78 „ mehr als 85"/,
der einfallenden blauen Strahlen absorbierten.
Damit war festgestellt, dass in dem Auge eines
25jährigen Mannes noch volle vier Fünftel der ein-
fallenden blauen Strahlen auf der Netzhaut wirksam
werden, während infolge der mit dem Alter vermehrten
Absorption der blauen Strahlen in der Linse bei einem
66jährigen Mann nur noch ein Drittel des einfallenden
Blaus zur Erregung der Blauempfindung verwendet
wird. Durch Vorsetzen eines gelben Glases von ge-
wisser Stärke kann sich ein junger Mann anschaulich
machen, wie ein alter Mensch blau sieht, und umge-
kehrt kann ein altes Auge mit stark gebräunter Linse
und entsprechend herabgesetzter Blauempfindung durch
Vorsetzen von blauen Gläsern von bestimmter Stärke
sich das Farbensehen des 25jährigen aneignen. Dabei
muss freilich noch auf die notwendige Erhöhung der

*) In der „Wissenschaft]. Rundschau" der „M. N. N."
vom 2t. Oktober vorigen Jahres finden wir obiges
Referat, das für unsere Leser gewiss von Interesse ist.
 
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