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Münchner kunsttechnische Biätter.
Nr. :8.
digos, ein 6-6-Dibromindigo, ist, den man schon länger
kannte und aut synthetischem Wege erhaiten hatte.
Diesen antiken Purpur zu fabrizieren, wird aber heute
niemand mehr einfallen, denn dieser für die Begriffe
der Aiten so prächtige Farbstoff ist, gegenüber den
uns jetzt zur Verfügung stehenden biHigeren und ebenso
echten Kunstprodukten, fängst überhoft.
Dennoch hat diese wissenschaftliche Untersuchung
ein sehr schönes praktisches Ergebnis gezeitigt. Pauf
Friedfaender, ein Schüter Adoff v. Baeyers,
woiite dem färbenden Prinzip des Indigos in
der von seinem Lehrer nachgewiesenen Indigoformei
auf den Grund kommen. Er variierte daher die ein-
zelnen Atomgruppen in dem Indigomolekül. Als er
die darin enthaltenen Stickstoffatome durch Schwefel
ersetzte, bekam er einen Farbstoff mit allen Eigen-
schaften des Indigos, nur färbte er nicht mehr blau,
sondern schön rot. Die Fabrikation dieses neuen Küpen-
farbstoffes wurde zuerst von der Firma Kalle & Co.
in Biebrich a. Rh. aufgenommen; sie bringt ihn unter
dem Namen Thioindigorot, sowie weitere Farb-
stoffe dieser Klasse, z. B. Thioindigoscharlach, in
den Handel.
Dann kam man auf diesem Gebiete der Küpen-
farbstoffe durch einen Zufall einen erheblichen Sprung
vorwärts. Als nämlich Rene Bohn von der Badi-
schen Anilin- und Sodafabrik versuchte, das be-
kannte Verfahren, der Indigodarstellung, vom Naph-
thalin beziehungsweise Anilin ausgehend, auf das
Anthrazen zu übertragen, erhielt er 1901 einen blauen
Farbstoff, der nicht, wie er erwartet hatte, der ge-
suchte Indigo der Alizarinreihe war, sondern der einer
neuen Klasse von Farbstoffen angehörte, die man In-
danthrene genannt hatte. Er färbt zwar auch, wie
der Indigo, die Baumwolle in der Küpe blau an, aber
er ist ihm sowohl in der Schönheit wie in der Licht-
echtheit sehr überlegen. Nicht mit Unrecht kann man
das Indanthren als unzerstörbar lichtecht be-
zeichnen. Auf dem so erschlossenen neuen Wege hat
man dann eine grosse Zahl ähnlicher Farbstoffe der
verschiedensten Nuancen erhalten. Vor kurzem gelang
es den Elberfelder Farbenfabriken, einen dem
Indigo wirklich nahestehenden Farbstoff der Anthra-
zenreihe herzustellen. Da zeigte sich, dass dieses
Alizarinindigo genannte Produkt zwar manche Vor-
züge vor dem Indigo selbst hat, aber im übrigen doch
dem Indigo näher steht als dem Indanthren.
Endlich erhielt Robert E. Schmidt, ebenfalls
durch einen Zufall, aus dem Amidoanthrachinon und
ähnlichen Körpern durch die einfache Operation der
Benzoylierung zur Ueberraschung aller Farbenchemiker
Küpenfarbstoffe der verschiedensten Nuancen, denen
der Sammelname Algolfarben gegeben wurde. Auch
diese Farbstoffe sind bereits in allen Nuancen dar-
gestellt und in ihrer Lichtechtheit unverwüstlich.
Die hierdurch hervorgerufene Konkurrenz liess
die auf den anderen Farbstoffgebieten tätigen Che-
miker in den wissenschaftlichen Laboratorien der Fa-
briken nicht ruhen. Es dauerte nicht lange, und die
Azofarbenspezialisten brachten unter dem Namen
Benzolichtfärben neue substantive Farbstoffe in
den Handel, die zwar noch nicht so lichtecht wie die
echtesten der obengenannten sind, aber einen be-
merkenswerten Fortschritt vorstellen und die in so
grossen Mengen verbrauchten alten Benzidinfarben,
die Benzo- und Diaminfarben, erheblich über-
treffen.
So stehen heute der Echtfärberei lichtechte Ver-
treter aller Schattierungen zur Verfügung. Ich habe
dieselben in Substanz wie in Ausfärbungen und Druck-
mustern in ihren verschiedenartigsten Anwendungs-
möglichkeiten aufgestellt. Diese Muster sprechen bei
näherer Betrachtung alle für sich selbst und bedürfen
keiner weiteren Erläuterung.
Auch hier haben mich die wiederholt genannten
Firmen bevollmächtigt, das Deutsche Museum zu bitten,
sich die für seine Zwecke geeigneten Proben aus-
suchen zu wollen.
Nachschrift.
Einige dieser Proben sind in der Abteilung „Mal-
technik" des erwähnten Museums zur Aufstellung ge-
langt.
Tuschzeichnung aui Pauspapier.
Das Zeichnen auf ölhaltigen fettigen Pauspapieren
sowie auf dem Pergamin oder sonstigen spiegelglatten
sehr durchsichtigen Papieren mit chinesischer Tusche
macht deshalb Schwierigkeiten, weil die fetten oder
stark glänzenden Flächen die Tusche nur schwer an-
nehmen, und wenn sie etwas zu dünn angerieben ist,
hält sie überhaupt nicht, so dass man die Zeichnung
herunterwischen kann.
Um die Arbeiten zu erleichtern, muss die Tusche
vorerst ziemlich dickflüssig angerieben werden, am
Schlüsse ist eine Kleinigkeit gereinigte Ochsengalle
beizumischen und das Durchreiben noch einige Minuten
fortzusetzen, was auch mit den käuflichen flüssigen
Tüschen geschehen soll. Unter letzteren sind na&r-
lich die recht tiefschwarzen konzentrierten Präparate
vorzuziehen, da sie auf den Pauspapieren brillante
Zeichnungen von guter Deckkraft ergeben.
Das Annehmen der Tusche wird auch dadurch
gefördert, wenn das Pauspapier vor Beginn des Zeich-
nens mit etwas feinst pulverisierter Bologneserkreide
(Champagnerkreide) abgerieben und sauber abgestaubt
wird.
Der Zusatz von etwas Ochsengalle zur Tusche
oder Farbe ist auch dann empfehlenswert, wenn man
auf Papieren zu malen oder zu zeichnen hat, die sonst
die Tusche und Farben schwer annehmen. J. Mai.
Bücher über Radierung.
Wiederholte an die Schriftleitung gerichtete An-
fragen wegen auf Radierung und Kupferstich bezüg-
licher Literatur lassen es angezeigt erscheinen, hier
die hauptsächlichsten Werke anzuführen:
Josef Roller, Technik der Radierung. Eine An-
leitung zum Radieren und Aetzen auf Kupfer.
2. Auh. 1903. (A. Hartlebens Chem.-technische
Bibliothek Nr. 133.)
Walter Ziegler, Die Techniken des Tiefdruckes.
Mit bes. Berücksichtigung der manuellen künstle-
rischen Herstellung von Tiefdruckplatten jeder
Art. Mit 80 Illustr. u. 2 Tiefdruckbeilagen. Halle
a. S. 1901 (Verlag von Wilh. Knapp).
Alois Seibold, Die Radierung. Ein Leitfaden und
Ratgeber. Mit 2 Kunstbeilagen u. io Abbild, im
Text. Esslingen a. N. 1909, Paul Neff Verlag (Max
Schreiber).
Herrn. Struck, Die Kunst des Radierens. Ein Hand-
buch für Künstler und Liebhaber. Mit Original-
beilagen u. Illustrationen. Berlin 1909, Verlag von
B. Cassirer.
Voit. Preissig, Zur Technik der farbigen Radierung
und des Farbenkupferstichs. Mit Zeichnungen und
einer farbigen Beilage. Leipzig 1909, Verlag von
Karl W. Hiersemann. (Enthält auch ausführliche
Angaben über Fachliteratur älterer Zeit sowie
englischer und französischer Autoren.) B.
Münchner kunsttechnische Biätter.
Nr. :8.
digos, ein 6-6-Dibromindigo, ist, den man schon länger
kannte und aut synthetischem Wege erhaiten hatte.
Diesen antiken Purpur zu fabrizieren, wird aber heute
niemand mehr einfallen, denn dieser für die Begriffe
der Aiten so prächtige Farbstoff ist, gegenüber den
uns jetzt zur Verfügung stehenden biHigeren und ebenso
echten Kunstprodukten, fängst überhoft.
Dennoch hat diese wissenschaftliche Untersuchung
ein sehr schönes praktisches Ergebnis gezeitigt. Pauf
Friedfaender, ein Schüter Adoff v. Baeyers,
woiite dem färbenden Prinzip des Indigos in
der von seinem Lehrer nachgewiesenen Indigoformei
auf den Grund kommen. Er variierte daher die ein-
zelnen Atomgruppen in dem Indigomolekül. Als er
die darin enthaltenen Stickstoffatome durch Schwefel
ersetzte, bekam er einen Farbstoff mit allen Eigen-
schaften des Indigos, nur färbte er nicht mehr blau,
sondern schön rot. Die Fabrikation dieses neuen Küpen-
farbstoffes wurde zuerst von der Firma Kalle & Co.
in Biebrich a. Rh. aufgenommen; sie bringt ihn unter
dem Namen Thioindigorot, sowie weitere Farb-
stoffe dieser Klasse, z. B. Thioindigoscharlach, in
den Handel.
Dann kam man auf diesem Gebiete der Küpen-
farbstoffe durch einen Zufall einen erheblichen Sprung
vorwärts. Als nämlich Rene Bohn von der Badi-
schen Anilin- und Sodafabrik versuchte, das be-
kannte Verfahren, der Indigodarstellung, vom Naph-
thalin beziehungsweise Anilin ausgehend, auf das
Anthrazen zu übertragen, erhielt er 1901 einen blauen
Farbstoff, der nicht, wie er erwartet hatte, der ge-
suchte Indigo der Alizarinreihe war, sondern der einer
neuen Klasse von Farbstoffen angehörte, die man In-
danthrene genannt hatte. Er färbt zwar auch, wie
der Indigo, die Baumwolle in der Küpe blau an, aber
er ist ihm sowohl in der Schönheit wie in der Licht-
echtheit sehr überlegen. Nicht mit Unrecht kann man
das Indanthren als unzerstörbar lichtecht be-
zeichnen. Auf dem so erschlossenen neuen Wege hat
man dann eine grosse Zahl ähnlicher Farbstoffe der
verschiedensten Nuancen erhalten. Vor kurzem gelang
es den Elberfelder Farbenfabriken, einen dem
Indigo wirklich nahestehenden Farbstoff der Anthra-
zenreihe herzustellen. Da zeigte sich, dass dieses
Alizarinindigo genannte Produkt zwar manche Vor-
züge vor dem Indigo selbst hat, aber im übrigen doch
dem Indigo näher steht als dem Indanthren.
Endlich erhielt Robert E. Schmidt, ebenfalls
durch einen Zufall, aus dem Amidoanthrachinon und
ähnlichen Körpern durch die einfache Operation der
Benzoylierung zur Ueberraschung aller Farbenchemiker
Küpenfarbstoffe der verschiedensten Nuancen, denen
der Sammelname Algolfarben gegeben wurde. Auch
diese Farbstoffe sind bereits in allen Nuancen dar-
gestellt und in ihrer Lichtechtheit unverwüstlich.
Die hierdurch hervorgerufene Konkurrenz liess
die auf den anderen Farbstoffgebieten tätigen Che-
miker in den wissenschaftlichen Laboratorien der Fa-
briken nicht ruhen. Es dauerte nicht lange, und die
Azofarbenspezialisten brachten unter dem Namen
Benzolichtfärben neue substantive Farbstoffe in
den Handel, die zwar noch nicht so lichtecht wie die
echtesten der obengenannten sind, aber einen be-
merkenswerten Fortschritt vorstellen und die in so
grossen Mengen verbrauchten alten Benzidinfarben,
die Benzo- und Diaminfarben, erheblich über-
treffen.
So stehen heute der Echtfärberei lichtechte Ver-
treter aller Schattierungen zur Verfügung. Ich habe
dieselben in Substanz wie in Ausfärbungen und Druck-
mustern in ihren verschiedenartigsten Anwendungs-
möglichkeiten aufgestellt. Diese Muster sprechen bei
näherer Betrachtung alle für sich selbst und bedürfen
keiner weiteren Erläuterung.
Auch hier haben mich die wiederholt genannten
Firmen bevollmächtigt, das Deutsche Museum zu bitten,
sich die für seine Zwecke geeigneten Proben aus-
suchen zu wollen.
Nachschrift.
Einige dieser Proben sind in der Abteilung „Mal-
technik" des erwähnten Museums zur Aufstellung ge-
langt.
Tuschzeichnung aui Pauspapier.
Das Zeichnen auf ölhaltigen fettigen Pauspapieren
sowie auf dem Pergamin oder sonstigen spiegelglatten
sehr durchsichtigen Papieren mit chinesischer Tusche
macht deshalb Schwierigkeiten, weil die fetten oder
stark glänzenden Flächen die Tusche nur schwer an-
nehmen, und wenn sie etwas zu dünn angerieben ist,
hält sie überhaupt nicht, so dass man die Zeichnung
herunterwischen kann.
Um die Arbeiten zu erleichtern, muss die Tusche
vorerst ziemlich dickflüssig angerieben werden, am
Schlüsse ist eine Kleinigkeit gereinigte Ochsengalle
beizumischen und das Durchreiben noch einige Minuten
fortzusetzen, was auch mit den käuflichen flüssigen
Tüschen geschehen soll. Unter letzteren sind na&r-
lich die recht tiefschwarzen konzentrierten Präparate
vorzuziehen, da sie auf den Pauspapieren brillante
Zeichnungen von guter Deckkraft ergeben.
Das Annehmen der Tusche wird auch dadurch
gefördert, wenn das Pauspapier vor Beginn des Zeich-
nens mit etwas feinst pulverisierter Bologneserkreide
(Champagnerkreide) abgerieben und sauber abgestaubt
wird.
Der Zusatz von etwas Ochsengalle zur Tusche
oder Farbe ist auch dann empfehlenswert, wenn man
auf Papieren zu malen oder zu zeichnen hat, die sonst
die Tusche und Farben schwer annehmen. J. Mai.
Bücher über Radierung.
Wiederholte an die Schriftleitung gerichtete An-
fragen wegen auf Radierung und Kupferstich bezüg-
licher Literatur lassen es angezeigt erscheinen, hier
die hauptsächlichsten Werke anzuführen:
Josef Roller, Technik der Radierung. Eine An-
leitung zum Radieren und Aetzen auf Kupfer.
2. Auh. 1903. (A. Hartlebens Chem.-technische
Bibliothek Nr. 133.)
Walter Ziegler, Die Techniken des Tiefdruckes.
Mit bes. Berücksichtigung der manuellen künstle-
rischen Herstellung von Tiefdruckplatten jeder
Art. Mit 80 Illustr. u. 2 Tiefdruckbeilagen. Halle
a. S. 1901 (Verlag von Wilh. Knapp).
Alois Seibold, Die Radierung. Ein Leitfaden und
Ratgeber. Mit 2 Kunstbeilagen u. io Abbild, im
Text. Esslingen a. N. 1909, Paul Neff Verlag (Max
Schreiber).
Herrn. Struck, Die Kunst des Radierens. Ein Hand-
buch für Künstler und Liebhaber. Mit Original-
beilagen u. Illustrationen. Berlin 1909, Verlag von
B. Cassirer.
Voit. Preissig, Zur Technik der farbigen Radierung
und des Farbenkupferstichs. Mit Zeichnungen und
einer farbigen Beilage. Leipzig 1909, Verlag von
Karl W. Hiersemann. (Enthält auch ausführliche
Angaben über Fachliteratur älterer Zeit sowie
englischer und französischer Autoren.) B.