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Münchner kunsttechnische Blätter — 8.1911/​1912

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Nr. 17
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Berger, Ernst: Neue Gutachten über die römisch-pompejanische Wandmaltechnik, [5]
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https://doi.org/10.11588/diglit.36590#0069

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KUMSTTECmSOX
ATTFB

Mönchen, 13. Mai 1912.

Beilage zur „Werkstatt der Kunst" (E. A. Seemann, Leipzig).
Erscheint i4tägig unter Leitung von Maier Prof. Ernst Berger.

YIH.Jahrg. Nr.iy.

Inhait: Neue Gutachten über die römisch-pompejanische Wandmaitechnik IV. Mitgeteiit von E. B. — Die
moderne Teerfarben-Industrie. (Fortsetzung statt Schiuss.) — Materiai für Hoizschnittechnik. —
Anfragen und Beantwortungen.

Neue Gutachten über die römisch-pompejanische Wandmaltechnik IV.
Mitgeteiit von E. B.

Nach Abschluss der vorigen Nummer ist das
folgende Schreiben von Sr. Exzellenz A. von
Werner eingetroffen, das ich hier, mit einigen
Randbemerkungen versehen, zum Abdruck bringe:

enden Ktmste^u Berlm.

Chariottenburg, 16. Aprii 19:2.

Hochgeehrter Herr Professor!

Verbindlichsten Dank für Ihre Rückäusserung
vom 8. ds. Mts. und zugleich die Bitte um Ent-
schuldigung, dass ich es versäumt habe, in meinen
Erinnerungen an pompejanische und Wachsmalerei
Ihres vortrefflichen Buches, Ihrer eingehenden
Untersuchungen und Ihrer im Besitze unserer Hoch-
schule befindlichen praktischen Versuche zu ge-
denken, die mir selbstverständlich alle ganz genau
bekannt sind, woran Sie wohl auch nicht zweifel-
ten. Ebenso sind mir Donners Schriften bekannt,
mit dem ich auch persönlich befreundet war; er
war ein hochgebildeter und gelehrter Herr, nur
kann ich ihn nicht als einen gutgeschulten Mal-
techniker bezeichnen, darunter verstehe ich doch
etwas anderes. Selbstverständlich liegt es mir
auch fern, die wissenschaftlichen, nach Ihrem
Schreiben nun schon $6 Jahre dauernden wissen-
schaftlichen Untersuchungen und chemischen Ana-
lysen der pompejanischen und anderer antiker
Wandmalereien unterschätzen oder gar „zurück-
schrauben" zu wollen, ich hoffe vielmehr, dass
sie noch weitere $6 Jahre fortgesetzt werden, weil
neue Untersuchungen an neu aufgefundenen Ob-
jekten voraussichtlich wieder neue unerwartete
Resultate herbeiführen könnten.
Der Ausgangs- und Zielpunkt meiner Betrach-
tungen und Erwägungen in meinem Schreiben vom
31. März d. Js. lässt sich in der einfachen Frage

zusammenfassen: Mit welcherFarbe oder Tech-
nik lassen sich so umfangreiche und komplizierte
Wandmalereien, wie die aus dem Altertum auf
uns überkommenen pompejanischen und römischen
überhaupt und weiter auch schnell ausführen ?
Denn die Besitzer oder Bewohner eines Hauses
von damals werden ebensowenig wie die von
heutzutage viel Zeit für die Dekorationsmalereien
in ihren Wohnräumen haben opfern können. Sie
zitieren in Ihrem Buche Seite 68 das Gutachten
des Direktors der Academie frangaise in Rom
vom Jahre 184p, in welchem er mit Recht be-
tont: >Ia grande facilite d'execution, qui caracte-
rise les peintures de Pompeic, dem ich voll-
kommen zustimme, denn ohne diese facilite d'exe-
cution erscheinen mir diese Malereien überhaupt
undenkbar. Diese Leichtigkeit der Ausführung
hängt nicht allein von dem Ausführenden, sondern
vielmehr von dem Material ab, mit dem er ar-
beitet, d. h. also von leicht zu behandelnder Farbe
und guten Pinseln, grossen wie kleinen, und sei-
tens des Ausführenden — soweit es die bekann-
ten pompejanisch-architektonischen Wandmalereien
betrifft, in geschickter, durch lange Uebung zu
erlernender Handhabung des Lineals beim Striche-
ziehen mit Farbe, ein Hauptfaktor bei diesen
Malereien. Mit dem Cestrum und den kleinen
Farbennäpfchen des Fundes von St. Medard-des-
Pres (Seite 211 ff. Ihres Buches) ist das nicht zu
machen*), es bedarf zur Bewältigung grosser
*) Das ist ganz richtig. Aber die Apparate
des Fundes sind ausschliesslich als für jene Tafel-
Enkaustik geeignet bezeichnet, deren Technik uns
einige Beispiele der hellenistischen Mumienporträts
deutlich vor Augen geführt haben. Mit der Wand-
malerei hatte diese Art der Enkaustik nichts zu
schaffen; sie wird von Plinius (XXXV § 49) auch „ein
 
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