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Münchner kunsttechnische Blätter — 8.1911/​1912

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Nr. 10
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Bakenhus, Gerhard: Der Zinnober, seine Herstellung und sein Gebrauch in der Malerei der letzten acht Jahrhunderte, [4]
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Reinigung von Gipsabgüssen
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Soll man Gemälde unter Glas halten?
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https://doi.org/10.11588/diglit.36590#0044

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40

Münchner kunsttechnische Blätter.

Nr. io

sein. Dass ein Ueberzug von Krapptack auch ganz un-
hattbare Sorten Zinnober hattbar macht, hat sich an
Aufstrichen gezeigt, wetche 3 Jahre dem direkten Licht
ausgesetzt waren; ob andere Ueberzüge auch so günstig
wirken, kann ich noch nicht beurteiten.
Der K. K. Bergdirektion Idria sage ich auch an
dieser Stehe meinen herzlichsten Dank, da es mir nur
möglich war, durch deren Güte konsequent meine
Versuche durchzuführen, weil ich früher immer im
Dunkeln tappte, ob nun eine Sorte auch tatsächlich,
wie angegeben, auf trockenem Wege hergestellt war,
Noch zwei sehr schöne Sorten probierte ich, welche
aus Holland stammen sollen, sie sollen auf nassem
Wege hergestellt sein; beide zeigen sich von guter
Haltbarkeit. Der eine Orangezinnober hat etwas Ueber-
schuss an Schwefel, ist aber trotzdem eine der halt-
barsten Sorten.
Die schwersten Sorten sind auch die haltbarsten.
Der haltbarste ist wohl der echte chinesische Zinn-
ober, obgleich auch dieser dem Kopaivabalsam gegen-
über emphndlich ist. Fast alle geprüften Zinnober
waren chemisch rein, nur der chinesische zeigte ge-
ringe Spuren einer Beimischung, vielleicht feinen Eisen-
oxyds. In Aquarell haben Glyzerin und Ochsengalle
selbst in grossen Quantitäten keine Einwirkung aui
den Zinnober.
Da, wie gesagt, der Name nichts besagt, so pro-
biere man einen Zinnober foigendermassen: Man reibe
eine Kleinigkeit in Gummiwasser an, mache einen
Aufstrich auf Papier, bedecke die Hälfte mit einem
Stück undurchlässigem Papier und setze ihn ein paar
Monate dem direkten Licht aus; falls er sich nicht
nennenswert verändert, mache man Versuche mit
Kopaivabalsam und Oel, und sollte auch hier der
Zinnober einigermassen haltbar sein, so kann man ihn
in Gemälden ruhig verwenden, da der Zinnober, wenn
er sonst eine gute Sorte ist, nicht dem direkten Sonnen-
licht ausgesetzt, sich gut bewährt. — Indem ich noch
Herrn Ernst Berger-München und der Firma Stephan
Schoenfeld in Düsseldorf für die Zusendung von Zinn-
oberproben meinen verbindlichsten Dank sage, schliesse
ich diese Ausführungen.
Schlusswort.
Zum Schlüsse möchte ich noch über einige Be-
obachtungen, welche ich an altrömischen Malereien
machte, berichten. Ein Bruchstück von echtem an-
tiken Zinnober zeigte bei der mikrochemischen Unter-
suchung, welche in meinem Beisein Herr Maier Otto
Breitschädel in München anstellte, dass kein Binde-
mittel darin enthalten war, ob nun dieses Bindemittel
ursprünglich vorhanden war und erst durch äussere
Einflüsse im Laufe der Jahrhunderte entfernt wurde,
ist wohl nicht mit Bestimmtheit zu sagen. Besonders
interessant waren mir altrömische Wandmalereien in
den Thermen des Diokletian, worin zweifellos Zinn-
ober gebraucht wurde. Auch hier zeigt sich die eigen-
tümliche schwarze Fleckenbildung. Ich glaube diese
auf einen späteren Ueberzug zurückführen zu können.
Ob nun auf diesen Malereien sich ursprünglich ein
Schutzmittel befand, welches durch Reinigung oder
andere Einflüsse entfernt wurde, ist wohl schwer fest-
zustellen.
Reinigung von Gipsabgüssen.
Eine schwierige Frage im Museumswesen, die
auch manchen privaten Besitzer von Gipswerken be-
schäftigt hat, ist bekanntlich die Reinigung von
Gipsabgüssen. Jetzt hat der Chemiker der Berliner
Museen, Prof. Rathgen, darüber Versuche im Labo-
ratorium der Berliner Museen angestellt, über die er
in der „Museumskunde" berichtet. Das Abwaschen
ungetränkter verstaubter Gipsabgüsse ist bekanntlich

wegen der Löslichkeit des Gipses in Wasser nicht
angängig; mit blossem Abspülen richtet man meistens
gar nichts aus, und die Verwendung von Bürsten ver-
bietet sich, weil bei dem weichen Material leicht
Bürstenstriche sichtbar werden. Besser ist es schon,
den ganzen Gegenstand auf einige Stunden ins Wasser
zu stellen, dann findet ein ziemlich gleichmässiges Ab-
lösen der Oberhaut statt, so dass der Gesamteindruck,
wenn die Betrachtung nicht in unmittelbarer Nähe ge-
schieht, fast derselbe ist wie vorher. Die Mängel aber
auch dieses Verfahrens liegen auf der Hand, und ein
zweimal so behandelter Gipsabguss ist schon kaum
mehr brauchbar. Ein besserer Erfolg ist zu erwarten,
wenn man die Abgüsse statt in Wasser einige Stunden
in einer wässrigen Flüssigkeit stehen lässt, z. B. in
einer gesättigten Lösung von Gips. Sie wird gewonnen,
indem man in einer grösseren Flasche gemahlenen
Gips mit viel Wasser t — 2 Tage unter wiederholtem
Umschütteln stehen lässt. Zuletzt giesst man nach
dem Abgiessen des Gipses die klare Gipslösung ab.
Versuche haben erwiesen, dass sich nach sechsstün-
digem Stehen in dieser Flüssigkeit die vorher fest-
sitzenden Staubteile durch leichtes Ueberfahren mit
einem weichen dickeren Haarpinsel entfernen lassen.
Dieses Ueberstreichen geschieht, während sich der
Gegenstand noch in der Gipslösung befindet. Aller-
dings werden bei diesem Verfahren, bei dem nur eine
ganz minimale Beanspruchung der Oberfläche statt-
Hndet, weder Fettflecke noch tief eingedrungene Farb-
stoffe entfernt. (Corresp. f. Kunst u. Wissensch.)
Soll man Gemälde unter Glas halten?
Im Museum von Gent sind seit kurzem alle alten
Gemälde unter Glas gebracht worden. Ueber die
Gründe zu dieser Massnahme berichtet jetzt der
Konservator des Museums, L. Maeterlinck, im „Bulletin
für alte und moderne Kunst". Seine Ausführungen
bilden einen interessanten Beitrag zu der vielum-
strittenen Frage, ob die Museumsverwaltungen die in
ihrer Obhut stehenden Schätze alter Malerei durch
Verglasung vor dem Verfall schützen sollen. „Man
weiss," so führt Maeterlinck aus, „dass das Sonnen-
spektrum, das wir sehen, nicht das ganze Spektrum
ist. Jenseits der blauen Nuance, der letzten, die wir
wahrnehmen, folgt eine violette und ultraviolette Zone,
die unsere Augen nicht mehr aufzunehmen vermögen.
Sie ist nun leider vollkommen erwiesen durch ihre
Wirkung, die sich in chemischer Aktivität offenbart;
diese zeigt sich nicht nur in der Einwirkung auf
photographische Platten, sondern auch in einer schäd-
lichen Wirkung auf die Augen. Man hat umfassende
und systematische Versuche über die Bedeutung dieses
violetten Teiles des Spektrums angestellt und auch
Vergleiche zwischen der Wirkung des Sonnenlichtes
und starken elektrischen Beleuchtungen vorgenommen.
Ueberall ist das Streben darauf gerichtet, diese un-
sichtbare, aber chemisch stark wirksame Beeinflussung
zu verhindern. Dabei hat sich herausgestelit, dass
gelbe Gläser und auch ungefärbte Gläser gegen violette
und ultraviolette Strahlen fast undurchlässig sind. Man
weiss, dass diese Strahlen nicht nur das Auge an-
greifen, sondern auch alle Farbenpigmente auf Bildern
und Kunstwerken. Die Farbenveränderungen auf Bildern
und das .Verschiessen der Farben' an Stoffen sind das
Werk der violetten und ultravioletten Strahlen, die
sozusagen die Gewebe .verzehren'. Infolgedessen ist
für alle Bilder, Aquarelle und alten Tapisserien eine
Glashülle ein wichtiger Schutz gegen die gefährlichen
ultravioletten Strahlen, die beim Eindringen durch die
Fenster nur unvollkommen hltriert worden sind und
infolgedessen die Kunstwerke schädigen, solange sie
nicht unter Glas gebracht werden." (Frankf. Ztg.)
 
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