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Münchner kunsttechnische Blätter — 8.1911/​1912

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Nr. 3
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Wedepohl, Theodor: Wie ich die Reste meiner Pastellfarben verwende
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https://doi.org/10.11588/diglit.36590#0013

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Inhalt: Wie ich die Reste meiner PasteHfarben verwende. Von Theodor Wepoht. — Zur Frage der römisch-
pompejanischen Wandmalerei. Von E. B. (Schluss.) — Leinwandbilder von der Wand abzunehmen.
— Die Färbung von Marmor.

Wie ich die Reste meiner PasteHfarben verwende.
Von Theodor Wepohl.

Wie hübsch sieht solch ein ganz neuer Pastell-
farben-Kasten aus, in dem die Stoffe fein ordent-
lich nach der Abtönung nebeneinander liegen!
Nach einiger Arbeitszeit ist freilich der Anblick
ein anderer. Da sind die Stifte teils mit, teils
gegen den Willen des Malers zu grösseren und
kleineren Stücken zerbrochen, und schliesslich ist
eine ganze Masse von Resten vorhanden, die
nicht mehr handlich zum Gebrauch und doch zu
schade zum Wegwerfen sind. Diese lassen sich
aber leicht wieder brauchbar machen, und gleich-
zeitig kann man sich noch Nuancen schaffen,
die nicht käuflich zu haben sind, und ferner sich
Stifte anfertigen, die für gewisse Zwecke eine be-
sonders geeignete Form haben.
Das Pastellfarbenmaterial besteht einesteils
aus Farbpulver und andernteils aus einem Kleb-
stoff, der dieses Pulver eben zu einer festen,
formbaren Masse bindet. Dieser Klebstoff, Tra-
gant, ist den käuflichen Pastellstiften in aus-
reichendem Masse beigemischt und ist in Wasser
löslich. Dieser Umstand erklärt das folgende
Verfahren.
Ich sammle alle kleinen Farbreste, lege sie
auf einen Teller oder noch besser auf eine Matt-
glasplatte und zerdrücke sie zu Pulver mittels
eines kleinen Glaskolbens, eines sogenannten
Läufers, wie er auch zum Anreiben von Oel-
farbe vetwendet wird. Sodann tröpfele ich nach
und nach soviel Wasser auf das Farbpulver, dass
sich dieses unter dem Läufer zu einem dicken
Brei verarbeiten lässt. Nach ausgiebigem und
sorgfältigem Durcheinanderreiben forme ich mit
dem Spachtel oder anderen Werkzeugen den
Brei beliebig zu Stiften und Klössen und lasse

diese dann trocknen, am besten auf starkem
Löschpapier. Das Material hat dann, falls der
Brei nicht zu dünn gewesen ist, wieder die Kon-
sistenz der früheren Stifte und kann zum Malen
verwendet werden.
Mischt man alle vorhandenen Reste der ver-
schiedenen Farben durcheinander, so erhält man
meistens unbestimmte graue Töne, die jeweilig
ganz verschieden ausfallen, manchmal sich auch
als recht verwendbar erweisen. Man kann nun
natürlich durch Auswahl der Reststückchen die
Mischungen bis zu einem gewissen Grade be-
stimmen. Vielleicht verarbeitet man einmal alle
roten Stückchen miteinander, ein andermal alle
blauen usw., oder man stellt sich Mischungen her,
deren Wirkung man schon beurteilen kann, wenn
man die gepulverten Farben gut durcheinander
reibt. Durch Zufall ergeben sich oft überraschend
feine Töne. Im nassen Zustande sehen die
Farben natürlich viel dunkler aus als im trock-
nen.
Wer diese Herstellungsart einmal ausgeübt
hat, wird auch oft seine Zuflucht zu ihr nehmen,
wenn er gewünschte Nuancen als Stifte nicht
käuflich erhalten kann; er wird dann eben selbst
die im Farbenkasten vorhandenen Stifte zu neuen
Mischungen verarbeiten.
Die Form, welche man dem Brei im nassen Zu-
stande gibt, ermöglicht oft technische Möglich-
keiten, welche die ursprünglichen Stifte nicht zu-
lassen. Mit einem tüchtigen Kloss kann man
prachtvoll grosse Flächen behandeln und die Er-
fahrung wird einen lehren, sich selbst alle mög-
lichen Wünsche, die man an die Handlichkeit
des Materials stellen kann, zu erfüllen.
 
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