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Münchner kunsttechnische Blätter — 8.1911/​1912

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Nr. 7
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Berger, Ernst: A. P. Laurie über griechische und römische Malmethoden, [2]
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Bakenhus, Gerhard: Der Zinnober, seine Herstellung und sein Gebrauch in der Malerei der letzten acht Jahrhunderte
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https://doi.org/10.11588/diglit.36590#0031

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Nr. 7-

Münchner kunsttechnische Biätter.

27

müssen: there is no evidence! Sowenig man
den Gebrauch organischer Bindemittel aus dieser
einen ganz allgemein gehaltenen Stelle allein
beweisen kann, ebensowenig darf man ihn als
dadurch ausgeschlossen behaupten. Zwar
scheinen auch ihm hier einige Punkte noch etwas
zweifelhaft und dunkel, im ganzen aber findet] er
diese Darstellung von dem Verhalten des Kalkes
so klar und treffend, dass, würde der Verlust
der „Kohlensäure" statt des Verlustes der „Feuch-
tigkeit" (liquor) gesetzt, die Stelle von einem
modernen Chemiker hätte geschrieben sein können
zur Erklärung der „wissenschaftlichen Basis 'des
buon fresco". (Schluss folgt.)
Der Zinnober, seine Herstellung und
sein Gebrauchen der^Malerei der
letzten acht Jahrhunderte*).
Von G. Bakenhus.
V orwort.
Es ist ein eigentümliches Material, worüber ich in
folgendem einige Mitteilungen machen werde. Wenn
man mir entgegnet, wir hätten heute einen guten halt-
baren Ersatz für Zinnober, so möchte ich bemerken,
dass alle von mir geprüften Ersatzmittel, was Haltbar-
keit anbelangt, auch nicht einwandfrei sind, ausserdem
dieselben aber mit gutem Zinnober, was Feinheit des
Tons anbelangt, nicht konkurrieren können. Es schien
mir nötig, so weit zurückzugreifen und die wichtigsten
Angaben zu bringen, weil doch ein merklicher Unter-
schied in der Behandlungsart der Malereien dieser
Zeit besteht, und die Erhaltung des Zinnobers,^ auf
Bildern verschiedener Jahrhunderte so ungleichmässig
ist, dass es mich seit langer Zeit reizte, den Ursachen
hiervon nachzuforschen, und so fing ich vor etwa
15 Jahren an, systematische Untersuchungen anzustellen,
die ich jetzt der Allgemeinheit unterbreite, wenn ich
mir auch sage, dass sie noch lange nicht zum Ab-
schluss gediehen sind und andere mehr herausbringen
werden. Man nehme darum den guten Willen für die
Tat. Welche Wichtigkeit man diesem Thema bei-
messen sollte, ist daraus zu ersehen, dass manche
Malereien, in denen Zinnober gebraucht wurde, voll-
ständig in den Farbwerten verschossen sind und ihre
Leuchtkraft zum grossen Teil eingebüsst haben, wohin-
gegen andere noch nach Jahrhunderten ihre Leucht-
kraft bewahrt haben, aber auch Werke der neueren
Zeit findet man, die sehr gut erhalten sind. Es kam mir
daher darauf an, festzustellen, wo hier Fehler gemacht
wurden, sowohl in alter wie in neuerer Zeit, und glaube
ich wohl, dieses Ziel bis zu einem gewissen Grade er-
reicht zu haben. Die ganze Literatur über Zinnober
konnte ich nicht bringen, da sie mir teils nicht zur
Hand war und teils auch nur schon Bekanntes immer
wiederholte, ich konnte darum nur das besonders
Charakteristische auswählen und zum Vergleichen heran-

). .,*) Herr Bakenhus hat uns die Erlaubnis zum Abdruck
seines Vortrages, den er zuerst auf dem Internationalen
Kunstkongress zu Rom (8. April 1911) gehalten hat,
dann in München und in Stuttgart wiederholte, bereit-
willigst erteilt, wofür ihm auch an dieser Stelle bestens
gedankt sei.
Der Vortrag ist auch als gesonderte Publikation
erschiene^ (Oldenburg i. Gr. 1911, Druck von Ad. Litt-
mann).

ziehen. Hoffentlich wird meine Arbeit der Kunst zum
Segen gereichen.
Kreyenbrück, im Mai :9m.
Ich werde jetzt zuerst die Literatur mit kurzen
Anmerkungen bringen, woran sich ein Bericht über
meine Versuche anschliesst. — In Deutschland hat zu-
erst, etwa um das Jahr noo, Theophilus Presbyter,
Kapitel XLI, darüber geschrieben:
Vom Zinnober.
„Wenn du Zinnober zu bereiten wünschest, nimm
Schwefel, von welchem es drei Arten, den weissen,
schwarzen und safrangelben, gibt, zerbröckele ihn auf
einem trockenen Steine und gib zwei Teile Queck-
silber hinzu, von gleichem Gewicht auf der Wage.
Hast du fleissig gemengt, so bringe ihn in ein Glas-
gefäss, bedecke es allerseits mit Tonerde, schliesse
die Mündung, auf dass kein Dampf entweicht und setze
ihn zum Austrocknen ans Feuer, bringe es mitten unter
brennende Kohlen, und sobald es warm wird, ver-
nimmst du ein Geräusch von innen, wie nämlich das
Quecksilber sich mit dem brennenden Schwefel mengt.
Sobald der Laut verstummt, entferne sogleich das
Gefäss, öffne es und nimm die Farbe heraus."
Hier ist zu bemerken, dass zu dieser Herstellung
unverhältnismässig viel Schwefel gebraucht wurde. In
unserer Zeit rechnet man 16%, während Theophilus
33^/s°fo gebrauchte. Wie die Haltbarkeit war, ist ja
leider nicht festzustellen, da selbst, wenn wir Bilder
aus dieser Zeit hätten, wir nicht feststellen könnten,
ob der gebrauchte Zinnober natürlicher oder künst-
licher war.
Aus späterer Zeit, etwa um 1400, hat sich der
Zinnober zum grossen Teil prächtig erhalten, ich
möchte glauben, dass hier ein Zwischenfirnis die Ur-
sache der guten Erhaltung ist, wie ich später ausführen
werde. Heraklius sagt nichts von Bedeutung. An-
onymus Bernensis sagt auch nichts darüber.
Cennini, das Buch von der Kunst:
Kapitel 40. „Es gibt eine rote Farbe, welche man
Zinnober nennt. Sie wird auf chemischem Wege er-
zeugt mittels des Destillierkolbens. Ich unterlasse,
jede Praxis hiervon anzugeben, da es zu weitläufig
wäre. Ursache ist, weil du davon genug Rezepte
findest, wenn du dich damit beschäftigen willst, und ins-
besondere, wenn du die Güte der Brüder in Anspruch
nimmst. Doch rate ich dir, um nicht Zeit mit vielem
Beschreiben von praktischem Verfahren zu verlieren,
nimm bloss jenen, welchen du um dein Geld bei den
Apothekern bekömmst, und will dich nur unterweisen,
wie du den guten Zinnober kaufen und erkennen kannst.
Kaufe den Zinnober stets im ganzen, nicht gemahlen.
Der Grund ist, weil man ihn häufig mit Minium fälscht
oder mit Ziegelstaub. Betrachte das ganze Stück Zinn-
ober wohl, und wo an der Oberfläche die Adern aus-
gebreiteter und zarter sind, das ist der beste. Dann
bringe ihn unter den erwähnten Stein, vermahle ihn
mit dem klaren Wasser, soviel du kannst, denn hättest
du ihn alle Tage durch 20 Jahre gerieben, so wäre er
nur immer besser und vollkommener geworden. Diese
Farbe erfordert verschiedene Mischungen, je nach den
Orten, wo du sie anzuwenden hast, wovon wir später
handeln und ich dich belehren werde, wo ferner der
Ort dazu ist. Präge dir aber ein, dass es nicht seine
Natur ist, die Luft zu sehen, doch leidet er dieselbe
eher auf der Tafel als an der Wand. Durch die Länge
der Zeit nämlich wird er in der freien Luft schwarz,
wenn er auf der Mauer angebracht ist."
Des weiteren sagt Cennini, Kapitel D45, „dass
Zinnober, mit einer gebräuchlichen Tempera, bestehend
aus Eigelb, Feigenmilch, ev. auch Eiweiss, auf Tafel-
bildern aufgetragen werden soll".
 
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