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Münchner kunsttechnische Blätter — 8.1911/​1912

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Nr. 23
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Berger, Ernst: Zur Einführung der Teerfarben, [4]
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https://doi.org/10.11588/diglit.36590#0094
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Münchner kunsttechnische Biätter.

Nr. 23.

Farben gebräuchliche Glyzerinzusatz auf das Ver-
blassen der Mischungen mit Zinkweiss in überraschen-
dem Masse Einfluss nimmt.
Prof. Eibners vergleichende Versuche haben er-
geben, dass Ausmischungen von Permanentrot 4B und
von Hansagrün G mit Zinkweiss, wenig arabischem
Gummi und soviel Glyzerin, dass die Aufstriche noch
Trockenvermögen besassen, in 8 bezw. 5 Tagen fast
völlig ausblasste, während die gleichzeitig hergestellten
Aufstriche beider Farbstoffe ohne Glyzerinzusatz sich
in der gleichen Zeit nur wenig verändert hatten. Die
Aquarellfabrikation wird also bei Herstellung von
Napf- und Tubenfarben den Glyzerinzusatz auf das
Mindestmass beschränken müssen, wenn Teerfarben
mit Erfolg verwendet werden sollen.
Wie oben gezeigt wurde, sind bei Einführung der
neuen Teerfarben noch manche Fragen zu lösen, ins-
besondere wird es darauf ankommen, das Verhalten
der alten Farbstoffe in Mischung mit den
neuen Teer färben einer genaueren Prüfung zu
unterziehen, eine Arbeit, die in erster Linie vorzu-
nehmen wäre, wenn wir teils mit den altgewohnten
Farben, teils mit den neuen arbeiten wollen.
So einleuchtend es auch wäre, eine Palette gleich-
artiger Zusammensetzung zu besitzen, weil diese alle
Farbenmischungen gestattet, so sind wir diesem Ziele
noch fern, weil schon eine Hauptfarbe unserer
Palette, das Weiss, unter den Teerfarben nicht
vorkommt.
Die Teerfarbstoffe sind ihrer Natur nach, auch
wenn sie auf Substraten, wie Tonerde, Schwerspat u.a.,
gefällt sind, doch stets Lasurfarben, man müsste
sie nur als Lasurfarbe verwenden und die mineralischen
Körperfarben als Deckfarben.
Man müsste die ganze Technik danach einrichten,
etwa wie es die alten Meister vielfach getan haben,
die zwischen der Untermalung mit deckenden Pigmenten
und der Uebermalung mittels Lasuren genau unter-
schieden.
Gerade für die Aquarellmalerei, bei der man ja
vornehmlich mit Lasurfarben rechnet, würden die
neuen Teerfarben ganz vorzüglich geeignet sein, wenn
nicht die oben geschilderten Umstände dieser Anwen-
dungsweise hinderlich wären.
Aber ist es denn nötig, die Aquarelle dem
direkten Sonnenschein auszusetzen? Dies hat
man doch niemals für ein gutes Vorgehen gehalten;
Aquarelle gehören in die Mappe, oder wenn sie ein-
gerahmt sind, an einen Platz, der vom Sonnenlicht
nicht getroffen wird.
Durch geeignetes Einrahmen der Aquarelle würde
endlich vermieden, dass Tonveränderungen eintreten,
denn die allgemein üblichen Passepartouts sind tief
genug, dass genügender Abstand zwischen der Mal-
häche und dem Glase, auf dem sich bei Temperatur-
unterschieden Feuchtigkeit, die als beschleunigende
Ursache der Farbenveränderung anzusehen ist, nieder-
schlagen kann.
111.
Stehen, wie oben gezeigt wurde, der Einführung
der Teerfarben in die Aquarell- und Gouachemalerei
noch Schwierigkeiten entgegen, die aber gewiss bei
der heutigen, alles schnellverbesserndenTendenz unserer
Farbentechniker bald behoben werden dürften, so ist
durchaus kein Grund vorhanden, sie als Oelfarben
von unserer Palette fernzuhalten, wenn deren Dauer-
haftigkeit im Vergleich zu den gleichen, bisher ge-
brauchten Nuancen dieselbe oder noch erheblich
grösser ist.
Wenn wir bekannt unhaltbare Farben, wie
Karmin, gelber Lack (Stil de grain), grüne und braune
Lacke (Brown Pink), Mauve Mogenta, Solferino und
Geraniumlack, lauter Farben, die noch vielfach in der

Blumenmalerei unentbehrlich sind, durch haltbarere,
lichtechtere ersetzen können, dann wäre es wohl un-
vernünftig, es nicht zu tun.
„Die Teerfarben sind vor unserer Tür",
und wir Maler müssen entscheiden, ob wir ihnen Ein-
lass geben wollen oder nicht. Wir müssen ihre Eigen-
schaften, ihr Verhalten in Mischungen, ihre Prakti-
bilität in optischer und physikalischer Hinsicht kennen
zu lernen suchen und Vorteile für uns holen, durch
Steigerung der künstlerischen Ausdrucksfähigkeit un-
serer Werke, durch Vergrösserung der koloristischen
Farbenwirkung und durch Vereinfachung der Mittel,
sie hervorzurufen.
Wir wollen uns doch den Vorwurf nicht machen
lassen, wir wären für die neuesten Errungenschaften
unserer Zeit nicht zugänglich!
Auch hinsichtlich der als Oelfarben in den
Handel gebrachten neuen Teerfarben ist die Firma
Dr. Karl König bahnbrechend vorgegangen, und eine
grosse Reihe von Künstlern haben sich seither ein
Urteil über die Verwendbarkeit dieses neuartigen
Materials bilden können.
Seit Herbst vorigen Jahres ist die Fabrikation
der Eilidofarben von der Firma Günther Wagner,
Hannover und Wien, übernommen worden. In dem
Prospekte heisst es, dass sie das „Resultat gewissen-
hafter wissenschaftlicher Forschung seien"; es wird
dann weiter gesagt, dass „die Bearbeitung dieses Ge-
bietes in eingehenderWeise fortgesetzt werde, so dass
darin noch weitere Vervollkommnungen und
Neuerungen zu erwarten stehen".
Die dem Prospekte beigefügten Gutachten stimmen
in dem Punkte überein, dass die Eilidotöne eine wirk-
liche Bereicherung unserer Palette bedeuten und dass
die Schönheit, Leuchtkraft, Mischfähigkeit von vielen
als ganz hervorragend bezeichnet wird. Wenn Meister,
wie Hans Thoma, Graf von Kalkreuth, von Ha-
bermann, Strützel u. a., die so verschieden künst-
lerisch arbeiten, sich über diese Farben voll Lob
aussprechen, wenn Prof. E. Adam, der Vorsteher des
chemischen Laboratoriums des k. k. österreichischen
Museums für Kunst und Industrie in Wien in zwei
kurz aufeinanderfolgenden Gutachten sie als „einen
wesentlichen Fortschritt der Malfarbenerzeugung" be-
zeichnet, so sind das Empfehlungen genug.
Und ich selbst möchte meine Ansicht dahin zu-
sammenfassen, dass die neuen, wunderbar farbenkräf-
tigen und farbenschönen Eilidofarben berufen scheinen,
richtig angewendet, die Leuchtkraft unserer Bilder zu
steigern und der Technik des Malens vielleicht ganz
neue Bahnen zu weisen.
Wie jedes neue Material hat auch das Eilidosorti-
ment seine besonderen Eigenschaften, die berück-
sichtigt werden sollen, so z. B. hinsichtlich der Trock-
nungsfähigkeit, worüber im VII. Jahrgang, Nr. $ dieser
Blätter einige Beobachtungen veröffentlicht wurden.
Im neuen Prospekt ist auch darauf aufmerksam ge-
macht, dass einige Farben (Eilidoorange, Eiüdorothell,
Eilidolichtblau und Eilidoviolett) langsamer trocknen;
dies stimmt auch mit den a. a. O. verzeichneten Be-
obachtungen überein. Dass einige Töne (Eilidogelb
hell und mittel, Eilidorot hell, mittel und dunkel,
Eilidorosa und Eilidogrün) in sehr hellen Mischungen
mit Weiss die Lichtbeständigkeit des hochroten Krapp-
lackes, also keine absolute Lichtbeständigkeit besitzen,
ist in dem neuen Prospekt bemerkt worden.
Der „Forderung des Tages" nach der Bereicherung
unserer Palette durch die Teerfarben ist inzwischen
auch die Firma Dr. Fr. Schönfeld & Co. in Düssel-
dorf gefolgt. Sie hat auch eine Reihe von Teerfarben
in ihr Künstlerölfarbensortiment aufgenommen, worüber
im vorigen Jahrgang dieser Blätter (Nr. 11 vom 20. Fe-
bruar 19:1) berichtet wurde. Diese „neuen lichtechten
S.&C.-Farben" sind mit dem Handelsnamen, mit dem
 
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