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Münchner kunsttechnische Blätter — 9.1912/​1913

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Nr. 7
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Wie die Japaner ihren Lack bereiten
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https://doi.org/10.11588/diglit.36589#0029
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Manchen, 23. Dez. 1912.

Beitage zur „Werkstatt der Kunst" (E. A. Seemann, Leipzig).
Erscheint i4tägig unter Leitung von Maier Prof. Emst Berger.

IX. Jahrg. Nr. 7.

Inhalt: Wie die Japaner ihren Lack bereiten. — Künstierische Erziehung. Von Hugo Struck. — Kasein-
Mörtei. Von Hermann Katsch. — Literatur.

Wie die Japaner ihren Lack bereiten.

Japanische Lackarbeiten sind in der ganzen
Weit berühmt. Sie sind seit Ende des I/. Jahr-
hunderts in Europa bekannt, und ihre hervor-
ragende Schönheit und Dauerhaftigkeit, wie die
Mannigfaltigkeit der Ausführung haben vielfach
zu Nachahmungen Aniass gegeben. Die grossen
Vorbiider hat jedoch die-europäische Lackindustrie
seiten erreicht, obwohl man sich aiie Mühe gab,
die Geheimnisse der japanischen Industrie zu stu-
dieren und ihre Materialien und Rezepte aus-
ündig zu machen. Auch heute sind wir mit der
Technik der japanischen Lackarbeiten durchaus
noch nicht völlig vertraut, doch haben uns ein-
zelne Forscher, Künstler und Industrielle, welche
nach Japan gingen, um die Künste dieses Volkes
an der Quelle zu studieren, in jüngster Zeit eine
Reihe interessanter Einzelheiten mitgeteilt, die
vielleicht in Europa Veranlassung geben, frühere
Versuche wieder aufzunehmen. Die nachstehen-
den Mitteilungen verdanke ich einer im „Scient.
Ann. Suppl." veröffentlichten Abhandlung Randolph
J. Glaces.
Der Lackbaum, den Botanikern unter dem
Namen „Rhus vernicifera" bekannt, stammt aus
Japan, wo er eine Höhe von 2$—30 Fuss er-
reicht. Der Saft Hiesst aus horizontal in die
Rinde geschnittenen Narben; die Periode des Ab-
zapfens fällt in die Zeit von April bis Ende Ok-
tober. Der Abzapfer verwendet ein spitzes, löffel-
förmiges Instrument, vermittels dessen er die
Flüssigkeit in einen hölzernen Behälter aus Bambus
füllt. Der höchste Ertrag, den ein einzelner Stamm
für eine Saison ergibt, beträgt 4,0—30 cbm rohen
Lacks. Die anfangs grauweisse dicke Flüssig-
keit wird bald gelb und nimmt, der Luft ausge-
setzt, später eine schwarze Färbung an. In diesem
Zustande wird der Saft „Ki-urushi" genannt —
das ist in Japan die allgemeine Bezeichnung für

Lack. Dieser wird dann, damit die Klümpchen
sich auflösen, gut durchgerührt, durch ein baum-
wollenes Tuch filtriert und von Holzteilchen oder
anderen fremden Beimengungen befreit. Aus
dieser rohen, aber jetzt bereits homogenen Masse
werden viele Arten Lack hergestellt, die sich
nicht nur in der Qualität, sondern auch in der
Farbe unterscheiden. Um roten Lack zu er-
zeugen, fügt man Zinnober hinzu; um grünen
Lack zu bekommen, vermischt man Operment
(Rauschgelb) und Indigo; zu gelbem Lack nimmt
man Operment allein usw. So, wie sie vom
Stamme kommt, ist die Emulsion eine wasser-
haltige Flüssigkeit, die an der Luft zahlreiche
sehr kleine braune Kügelchen und einen kleineren
Teil heller gefärbter grösserer Kügelchen be-
kommt. Die ersteren sind im Wasser unauflös-
lich, wohl aber im Alkohol, während die letz-
teren sich in Wasser lösen. Es ist natürlich
unmöglich, alle vorkommenden Variationen in der
Zusammensetzung der verschiedenen Lackarbeiten
hier zu beschreiben: dennoch mögen einige wenige
von ihnen erwähnt werden. So wird „Ro", das
schwarze Produkt, aus reinem Lack unter Zusatz
einer Flüssigkeit erzeugt, die gebildet wird, in-
dem man Eisenfeilspäne in Weinessig bringt und
sie für einige Tage der Sonne aussetzt. „Muri-
tate" wird aus reinem Lack unter Zusatz von
ein wenig Terpentin hergestellt, indem man die
Masse mit Wasser vermischt, dann die Flüssigkeit
über einen Stein ausgiesst, um sie von diesem
nach dem Erstarren wieder abzunehmen. Zur
Bereitung des „Johana-Lacks" wird dem Ki-urushi
ausser Wasser und Terpentin ein wenig Oel von
Ye-Pflanzen beigemischt. „Makamini" ist reiner
Lack, dem alles Wasser entzogen ist. „Seshime"
ist eine Mischung aus reinem Lack mit fein
pulverisierter Holzkohle und einem aus Seetang
 
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