Nr. 2o.
Münchner kunsttechnische Blätter.
kundären Farbenpaaren, wie wir es bei der Lumiere-
Piatte ersehen mussten. Niemais wird es möglich sein,
mit Hilfe der Goetheschen Theorie die Mischung der
drei Farben Orange, Grün und Vioiett zu Weiss ver-
ständiich zu machen, denn zu dieser mit der Newton-
schen Lehre in voiister Uebereinstimmung stehenden
Farbenmischung steht die Goethesche Theorie in un-
überbrückbarem Gegensatz.
Und was würde wohi der „Licht-Jupiter Goethe"
selbst dazu gesagt haben, wenn ihm eine Dreifarben-
photographie nach dem neuesten System zu Gesicht
gekommen wäre?
Physikalische Vorgänge beim Trocknen
der Oel- und Harz-Oeliarben.
Vielfach ist die Ansicht verbreitet, dass der Haupt-
vorzug unserer Oelfarbentechnik in der Unveränder-
lichkeit der physikalisch-optischen Eigenschaften der
mit Oelen angeriebenen Farbe während und nach der
Malarbeit besteht. Gegenüber anderer Maltechniken,
die sich wässeriger Bindemittel bedienen, und deren
Trocknungsprozess im Verdunsten des wässerigen An-
teils dieser Bindemittel besteht, ist der Grad der
Tonänderung nach Auftrocknung bei den Oelfarben
auch sehr geringfügig.
Mancher Kollege wird aber die Beobachtung ge-
macht haben, dass seine Studie oder Teile des Bil-
des nach dem Trocknen dennoch anders geworden
sind, als es während der Arbeit selbst den Anschein
hatte und dass sich Tonveränderungen gebildet haben
müssten, die mit dem Trockenprozess irgendwie Zu-
sammenhängen. Er hatte während der Arbeit sehr
günstige Umstände, gutes Licht, eine „glückliche
Stunde", wie man sagt, das gemalte Stück war nach
seiner Ansicht sehr gelungen; stillvergnügt und mit
sich zufrieden nach getaner Arbeit stellt er die Lein-
wand beiseite, zündet sich seine Zigarre an und geht
in sein Kaffee. Auch am nächsten Morgen besieht
er schmunzelnd, was er Gutes „gemeistert" hatte.
Nach Verlauf der zum Trocknen benötigten Zeit
soll das Werk vollendet werden. Der Maler holt es
aus dem sicheren Ort hervor und nun scheint ihn mit
einem Male der Eindruck doch nicht so zu befriedigen,
die Wirkung hat gegenüber seiner Erinnerung nach-
gelassen, irgend etwas stimmt da nicht. Zuerst trö-
stet sich der Maler, dass die Farbe „eingeschlagen"
sei und beim Firnissen die ursprüngliche Frische wie-
der erscheinen werde, in vielen Fällen wird eine
Verwendung aber kaum beachtet, weil beim Fortschrei-
ten der Arbeit durch kräftigeres Einsetzen starkfar-
biger Lichter oder Schatten das schon Vorhandene
ohnehin in seinen Werten verändert werden muss
und dergl. mehr.
Alle diese Dinge sind dem Schaffenden längst be-
kannte und täglich wiederkehrende Dinge. Sie sind
nach allgemeiner Meinung nicht zu ändern und man
muss damit eben rechnen.
Den hier berührten Umständen näher zu treten,
ist Veranlassung gegeben durch einige Anträgen aus
dem Leserkreis dieser Blätter, in denen über die Er-
fahrungen mit die Trocknung verlangsamenden Mitteln
Aufschluss gewünscht wurde, wodurch das Interesse
anderer Kollegen an der Lösung der strittigen Fragen
wachgerufen und zur gegenseitigen Meinungsäusserung
angeregt worden ist. Am deutlichsten präzisiert ist
die Frage in der Zuschrift des Kollegen W. (s. Nr. 12
d. Jahrg.), welche die Tonveränderungen der Oel-
farben während des Trocknens zum Gegenstand
hatte.
Damit ist der eigentliche Kernpunkt der Frage
gegeben: Hat der Trockenprozess selbst irgend einen
Einfluss auf die Tonveränderung der Oelfarben und
in welcher Weise kommt derselbe optisch zum Aus-
druck? Verändert sich das Oelbindemittel, das ja be-
kanntlich dem Gilben unterworfen ist, oder sind es
die Zusätze, die mehr oder weniger reichlich zur Ver-
wendung kommen? Liegt es vielleicht nur an be-
stimmten Farben oder an der Art ihres Auftragens?
Hat die Art, wie die des Trockenprozesses verläuft,
ob er etwa im Licht oder im Schatten vor sich geht,
Einfluss auf die Tonerhaltung?
Jede einzelne dieser Fragen erheischt eingehen-
deres Studium der hierbei in Betracht kommenden
Umstände und man sollte eigentlich glauben, dass
alle diese Dinge längst gekannt und einwandfrei er-
klärt sind. Aber wenn wir unsere gelehrten Fach-
bücher darnach durchsuchen, finden wir nicht viel
über die hier in Betracht kommenden physikalisch-
optischen Erscheinungen der Oelfarben. Es wird
wohl genauestens über die Zusammensetzung der Oele,
die chemischen Prozesse beim Trocknen derselben
berichtet und die neuesten Methoden zur Erkennung
von Verunreinigung und Verfälschung dargelegt, auch
über die chemische Wechselwirkung zwischen Binde-
mittel und Pigment enthalten diese Bücher wichtige
Hinweise, aber was während des Trocknungsprozesses
vorgeht und zu beachten ist, wird mit wenigen Aus-
nahmen, von denen hernach berichtet wird, kaum
berührt.
Um vom Allgemeinen zum Besonderen überzu-
gehen, wird es angebracht sein, das TrocKnen des
Malöles an sich ins Auge zu fassen und dann den
Einfluss der Trocknungsvorgänge bei den Oelfarben
selbst zu verfolgen.
Das Trocknen des Oels ist ein chemischer Prozess,
veranlasst durch die Aufnahme von Sauerstoff aus
der Luft, während bekanntlich das Auftrocknen der
Firnisse (Harze in Lösung von aetherischen Oelen)
ein physikalischer Vorgang ist.
(Fortsetzung folgt.)
Falsche und echte Altertümer.
In den „Münchner Neueste Nachrichten" erschien
unlängst eine interessante Abhandlung über „Falsche
und echte Altertümer", die an drastischen Fällen zeigt,
wieweit oft die Fälschung alter Sachen gehen kann.
Münchner kunsttechnische Blätter.
kundären Farbenpaaren, wie wir es bei der Lumiere-
Piatte ersehen mussten. Niemais wird es möglich sein,
mit Hilfe der Goetheschen Theorie die Mischung der
drei Farben Orange, Grün und Vioiett zu Weiss ver-
ständiich zu machen, denn zu dieser mit der Newton-
schen Lehre in voiister Uebereinstimmung stehenden
Farbenmischung steht die Goethesche Theorie in un-
überbrückbarem Gegensatz.
Und was würde wohi der „Licht-Jupiter Goethe"
selbst dazu gesagt haben, wenn ihm eine Dreifarben-
photographie nach dem neuesten System zu Gesicht
gekommen wäre?
Physikalische Vorgänge beim Trocknen
der Oel- und Harz-Oeliarben.
Vielfach ist die Ansicht verbreitet, dass der Haupt-
vorzug unserer Oelfarbentechnik in der Unveränder-
lichkeit der physikalisch-optischen Eigenschaften der
mit Oelen angeriebenen Farbe während und nach der
Malarbeit besteht. Gegenüber anderer Maltechniken,
die sich wässeriger Bindemittel bedienen, und deren
Trocknungsprozess im Verdunsten des wässerigen An-
teils dieser Bindemittel besteht, ist der Grad der
Tonänderung nach Auftrocknung bei den Oelfarben
auch sehr geringfügig.
Mancher Kollege wird aber die Beobachtung ge-
macht haben, dass seine Studie oder Teile des Bil-
des nach dem Trocknen dennoch anders geworden
sind, als es während der Arbeit selbst den Anschein
hatte und dass sich Tonveränderungen gebildet haben
müssten, die mit dem Trockenprozess irgendwie Zu-
sammenhängen. Er hatte während der Arbeit sehr
günstige Umstände, gutes Licht, eine „glückliche
Stunde", wie man sagt, das gemalte Stück war nach
seiner Ansicht sehr gelungen; stillvergnügt und mit
sich zufrieden nach getaner Arbeit stellt er die Lein-
wand beiseite, zündet sich seine Zigarre an und geht
in sein Kaffee. Auch am nächsten Morgen besieht
er schmunzelnd, was er Gutes „gemeistert" hatte.
Nach Verlauf der zum Trocknen benötigten Zeit
soll das Werk vollendet werden. Der Maler holt es
aus dem sicheren Ort hervor und nun scheint ihn mit
einem Male der Eindruck doch nicht so zu befriedigen,
die Wirkung hat gegenüber seiner Erinnerung nach-
gelassen, irgend etwas stimmt da nicht. Zuerst trö-
stet sich der Maler, dass die Farbe „eingeschlagen"
sei und beim Firnissen die ursprüngliche Frische wie-
der erscheinen werde, in vielen Fällen wird eine
Verwendung aber kaum beachtet, weil beim Fortschrei-
ten der Arbeit durch kräftigeres Einsetzen starkfar-
biger Lichter oder Schatten das schon Vorhandene
ohnehin in seinen Werten verändert werden muss
und dergl. mehr.
Alle diese Dinge sind dem Schaffenden längst be-
kannte und täglich wiederkehrende Dinge. Sie sind
nach allgemeiner Meinung nicht zu ändern und man
muss damit eben rechnen.
Den hier berührten Umständen näher zu treten,
ist Veranlassung gegeben durch einige Anträgen aus
dem Leserkreis dieser Blätter, in denen über die Er-
fahrungen mit die Trocknung verlangsamenden Mitteln
Aufschluss gewünscht wurde, wodurch das Interesse
anderer Kollegen an der Lösung der strittigen Fragen
wachgerufen und zur gegenseitigen Meinungsäusserung
angeregt worden ist. Am deutlichsten präzisiert ist
die Frage in der Zuschrift des Kollegen W. (s. Nr. 12
d. Jahrg.), welche die Tonveränderungen der Oel-
farben während des Trocknens zum Gegenstand
hatte.
Damit ist der eigentliche Kernpunkt der Frage
gegeben: Hat der Trockenprozess selbst irgend einen
Einfluss auf die Tonveränderung der Oelfarben und
in welcher Weise kommt derselbe optisch zum Aus-
druck? Verändert sich das Oelbindemittel, das ja be-
kanntlich dem Gilben unterworfen ist, oder sind es
die Zusätze, die mehr oder weniger reichlich zur Ver-
wendung kommen? Liegt es vielleicht nur an be-
stimmten Farben oder an der Art ihres Auftragens?
Hat die Art, wie die des Trockenprozesses verläuft,
ob er etwa im Licht oder im Schatten vor sich geht,
Einfluss auf die Tonerhaltung?
Jede einzelne dieser Fragen erheischt eingehen-
deres Studium der hierbei in Betracht kommenden
Umstände und man sollte eigentlich glauben, dass
alle diese Dinge längst gekannt und einwandfrei er-
klärt sind. Aber wenn wir unsere gelehrten Fach-
bücher darnach durchsuchen, finden wir nicht viel
über die hier in Betracht kommenden physikalisch-
optischen Erscheinungen der Oelfarben. Es wird
wohl genauestens über die Zusammensetzung der Oele,
die chemischen Prozesse beim Trocknen derselben
berichtet und die neuesten Methoden zur Erkennung
von Verunreinigung und Verfälschung dargelegt, auch
über die chemische Wechselwirkung zwischen Binde-
mittel und Pigment enthalten diese Bücher wichtige
Hinweise, aber was während des Trocknungsprozesses
vorgeht und zu beachten ist, wird mit wenigen Aus-
nahmen, von denen hernach berichtet wird, kaum
berührt.
Um vom Allgemeinen zum Besonderen überzu-
gehen, wird es angebracht sein, das TrocKnen des
Malöles an sich ins Auge zu fassen und dann den
Einfluss der Trocknungsvorgänge bei den Oelfarben
selbst zu verfolgen.
Das Trocknen des Oels ist ein chemischer Prozess,
veranlasst durch die Aufnahme von Sauerstoff aus
der Luft, während bekanntlich das Auftrocknen der
Firnisse (Harze in Lösung von aetherischen Oelen)
ein physikalischer Vorgang ist.
(Fortsetzung folgt.)
Falsche und echte Altertümer.
In den „Münchner Neueste Nachrichten" erschien
unlängst eine interessante Abhandlung über „Falsche
und echte Altertümer", die an drastischen Fällen zeigt,
wieweit oft die Fälschung alter Sachen gehen kann.