Nr. 2.
Münchner kunsttechnische Blätter.
7
röhren, in Wasser oder feuchtem Erdreich liegenden
MetaHgegenständen wirken die im Wasser gelösten
Satze, namentlich die Chloride, wie das Kochsalz. Es
entstehen durch die Einwirkung des Kochsalzes basi-
sche Chloride, durch die Einwirkung der Kohlensäure
basische Karbonate (die echte grüne Patina oder der
Edelrost) und durch die Einwirkung von Schwefel-
wasserstoff u. Schwefelammonium Sulfide, also Schwefel-
verbindungen der Metalle, die sich teilweise durch
Oxydation in basisch schwefelsaure Salze verwandeln,
aus denen z. B. die ausserordentlich schöne Patina
des Jan Wilhelm in Düsseldorf in der Hauptsache
besteht.
Warum soll man also nicht durch stäikere Lösungen
eben dieser Stoffe dieselben Wirkungen, die die Natur
in unabsehbarer, langer Zeit und unter Umständen
durch mancherlei Zufälligkeiten gestört und beein-
trächtigt hervorbringt, in kürzerer Zeit und mit grös-
serer Sicherheit in die Wege leiten. Ganz gewiss darf
man das, nur muss die Wirkung eben tatsächlich die-
selbe sein. Und das ist sie bei künstlichen Metall-
färbungen sehr oft nicht.
Die Gase in der Luft, die im Ouell- und Brunnen-
wasser gelösten Salze wirken — abgesehen vom Sauer-
stoff auf glühendes Metall — ausserordentlich schwach
und langsam. Dazwischen wirken das Abgreifen und
Abwischen von Gegenständen, der Regen bei im Freien
stehenden Bildwerken immer wieder glättend und
polierend. Auf diese Weise wächst die färbende
Schicht langsam aus dem Metall heraus, innig mit
diesem verbunden und von derselben Beschaffenheit
wie die Metalloberfläche selbst, glatt und glänzend,
wenn auch nicht so aufdringlich glänzend wie das
blanke Metall, so doch mit demselben warmen, leuch-
tenden Ton, der eben zum Charakter des Metalls
gehört.
Starke chemische Mittel greifen aber die Metall-
oberhäche stark an, sie zerfressen sie oft, machen sie
stumpf, nehmen ihr jede Leuchtkraft. Die färbende
Schicht ist oft locker und porös, so dass sie den
Schmutz festhält, sie haftet nur lose an der Oberfläche,
so dass sie leicht abblättert.
Wenn man trübe Erfahrungen dieser Art gemacht
hat, braucht man aber keineswegs die künstliche
Metallfärbung an sich za verwerfen. Es gibt ein sehr
einfaches Mittel — allerdings nur eins —, diesen Uebel-
ständen abzuhelfen, das ist „Geduld": die chemischen
Mittel etwas schwächer anwenden, die Färbung gründ-
lich durcharbeiten durch Reiben mit einem weichen
Leder. Statt einmal eine starke Lösung wirken zu
lassen, wieder und wieder mit schwachen Lösungen
auf das Metall einwirken, die Färbung zwischendurch
immer durch Reiben verarbeitend.
Die Abtönungen, die dadurch entstehen, entsprechen
denen, die das Abgreifen beim Gebrauch hervorbringt.
Man lässt wohl auch an einzelnen Stellen das blanke
Metall durchscheinen. Dies durch Reiben mit einem
Leder zu erzielen, erfordert allerdings einige Ausdauer.
Mit Bimssteinpulver reibt man das blanke Metall
schneller durch, die dabei entstehenden Flecke stehen
aber unvermittelt neben der mit der färbenden Schicht
bedeckten Fläche und wirken roh, sind auch matt und
haben keine Leuchtkraft. Den Glanz und die Glätte
der Färbung erzielt man schneller mit Hilfe rotieren-
der Bürsten und Lappenscheiben, man erhält aber da-
mit leicht den Eindruck des gewichsten? Stiefels, mit
dem Bode solche Färbungen einmal treffend verglichen
hat. Bei Massenartikeln sind natürlich diese maschi-
nellen Methoden nicht zu umgeh man wird aber
auch hier fordern, dass sie mit einem gewissen Gefühl
angewendet werden.
Wenn man also, sofern die Arbeit so ausgeführt
wird, dass die Wirkung tatsächlich die gleiche ist,
gegen die künstlichen Färbungen, die in der Hervor-
bringung derselben Verbindungen des Metalls bestehen
die sich auch auf natürlichem Wege bilden, nichts
einwenden kann, so ist die Frage nach der Zulässig-
keit solcher künstlicher Färbungen, die sich auf natür-
lichem Wege nicht bilden, weit schwerer zu beant-
worten..
Die Zahl der Möglichkeiten ist, wenn wir bedenken,
dass die Chemie über die Kenntnis von mehr als
200000 Stoffen verfügt,-praktisch unbegrenzt und all-
gemeine Regeln haben, auch auf anderen Gebiet.en
der Kunst und des Kunstgewerbes meist nur eine
örtlich und zeitlich begrenzte Geltung gehabt. Man
wird also jeden Einzelfall bedenken müssen, um zu
einer Entscheidung zu kommen.
Soweit es sich hier um die Färbung des Metalls
mit einem dünnen, meist auf galvanischem Wege her-
gestellten (d. h. mit Hilfe des elektrischen Stromes
aus Metallsalzlösungen ausgeschiedenen) Ueberzug eines
anderen Metalls handelt, sind wir schnell fertig. Ein
solcher Ueberzug ist zulässig, wenn er als Schutz oder
Verschönerung der Oberfläche dient, ohne dass damit
die Absicht verbunden ist, mit einem minderwertigen
Material ein edleres vorzutäuschen. Die Vergoldung
eines Bronzekronleuchters ist zulässig, denn es wird
niemand auf den Gedanken kommen, ihn für pures
Gold zu halten, die Vergoldung soll eben nur den
Metallglanz dauernd erhalten; einen vergoldeten Finger-
ring aus Messing wird man aber ablehnen; dagegen
wird man manches Kleingerät aus unedlen Metallen,
bei dem es auf Erhaltung des Glanzes, auf Sauberkeit,
auf Widerstandsfähigkeit gegen chemische Einflüsse
u. dergl. ankommt, wie z. B. bei Obstmessern, anstands-
los vergolden dürfen.
Die Spitzen und andere Einzelheiten eines ge-
schmiedeten Gitters zu vergolden ist zulässig, nicht
aber das ganze Gitter. Allerlei Gebrauchsgegenstände
aus Eisen durch Vernicklung mit einer besser halt-
baren und saubereren Oberfläche zu versehen, ist auch
zulässig, nicht aber geschmiedetes Eisen oder Guss-
eisen als Bronze zu färben oder Zinkguss zu versilbern.
Das Zink, aus dem so viele billige Artikel her-
gestellt werden, vom Markte zu verdrängen, wird nun
freilich nicht angängig sein, und ohne einen decken-
den Ueberzug sind diese Zinkgegenstände undenkbar.
Man soll aber bei diesem Metall, das auch schätzens-
werte Eigenschaften besitzt — Billigkeit und leichte
Verarbeitbarkeit bei guter Haltbarkeit — nicht durch
einen hauchdünnen Ueberzug edle Materialien, wie
Silber oder Bronze, vortäuschen, ein deckender far-
biger Emaillack ist hier vielleicht am besten am Platze,
wo dieser nicht anwendbar ist, die Vernicklung, denn
bei dieser ist eine Täuschung wohl ausgeschlossen,
Reinnickelgeräte sind gegenüber den vernickelten in
so verschwindend geringer Anwendung, dass man eher
Gefahr laufen wird, ein Reinnickelgerät für vernickelt
anzusehen als umgekehrt.
Wie steht es nun aber mit den versilberten Ess-
bestecken?
Hier ist eine Täuschung nicht nur möglich, son-
dern wohl sehr oft auch beabsichtigt. Da das Silber
sich aber gerade zu Essbestecken hervorragend eignet,
das Neusilber ihm seiner Materialeigenschaften, nament-
lich seines hohen Kupfergehalts wegen entschieden
nachsteht, Echtsilberbestecke, die zu billigeren Preisen
früher in den Handel gebracht wurden, aber so dünn
waren, dass ihre Brauchbarkeit darunter litt, wird man
diese ausserordentlich verbreiteten versilberten Waren
nicht einfach als billige Imitation abtun können, und
dann muss man schliesslich auch die Versilberung und
Vergoldung gewisser anderer Geräte zulassen, wobei
man nur die Voraussetzung machen soll, dass die
Ueberzüge genügend stark sind, um eine ausreichende
Widerstandsfähigkeit gegen Abnützung zu bieten und
dass auch das Grundmetall eine gewisse Qualität be-
Münchner kunsttechnische Blätter.
7
röhren, in Wasser oder feuchtem Erdreich liegenden
MetaHgegenständen wirken die im Wasser gelösten
Satze, namentlich die Chloride, wie das Kochsalz. Es
entstehen durch die Einwirkung des Kochsalzes basi-
sche Chloride, durch die Einwirkung der Kohlensäure
basische Karbonate (die echte grüne Patina oder der
Edelrost) und durch die Einwirkung von Schwefel-
wasserstoff u. Schwefelammonium Sulfide, also Schwefel-
verbindungen der Metalle, die sich teilweise durch
Oxydation in basisch schwefelsaure Salze verwandeln,
aus denen z. B. die ausserordentlich schöne Patina
des Jan Wilhelm in Düsseldorf in der Hauptsache
besteht.
Warum soll man also nicht durch stäikere Lösungen
eben dieser Stoffe dieselben Wirkungen, die die Natur
in unabsehbarer, langer Zeit und unter Umständen
durch mancherlei Zufälligkeiten gestört und beein-
trächtigt hervorbringt, in kürzerer Zeit und mit grös-
serer Sicherheit in die Wege leiten. Ganz gewiss darf
man das, nur muss die Wirkung eben tatsächlich die-
selbe sein. Und das ist sie bei künstlichen Metall-
färbungen sehr oft nicht.
Die Gase in der Luft, die im Ouell- und Brunnen-
wasser gelösten Salze wirken — abgesehen vom Sauer-
stoff auf glühendes Metall — ausserordentlich schwach
und langsam. Dazwischen wirken das Abgreifen und
Abwischen von Gegenständen, der Regen bei im Freien
stehenden Bildwerken immer wieder glättend und
polierend. Auf diese Weise wächst die färbende
Schicht langsam aus dem Metall heraus, innig mit
diesem verbunden und von derselben Beschaffenheit
wie die Metalloberfläche selbst, glatt und glänzend,
wenn auch nicht so aufdringlich glänzend wie das
blanke Metall, so doch mit demselben warmen, leuch-
tenden Ton, der eben zum Charakter des Metalls
gehört.
Starke chemische Mittel greifen aber die Metall-
oberhäche stark an, sie zerfressen sie oft, machen sie
stumpf, nehmen ihr jede Leuchtkraft. Die färbende
Schicht ist oft locker und porös, so dass sie den
Schmutz festhält, sie haftet nur lose an der Oberfläche,
so dass sie leicht abblättert.
Wenn man trübe Erfahrungen dieser Art gemacht
hat, braucht man aber keineswegs die künstliche
Metallfärbung an sich za verwerfen. Es gibt ein sehr
einfaches Mittel — allerdings nur eins —, diesen Uebel-
ständen abzuhelfen, das ist „Geduld": die chemischen
Mittel etwas schwächer anwenden, die Färbung gründ-
lich durcharbeiten durch Reiben mit einem weichen
Leder. Statt einmal eine starke Lösung wirken zu
lassen, wieder und wieder mit schwachen Lösungen
auf das Metall einwirken, die Färbung zwischendurch
immer durch Reiben verarbeitend.
Die Abtönungen, die dadurch entstehen, entsprechen
denen, die das Abgreifen beim Gebrauch hervorbringt.
Man lässt wohl auch an einzelnen Stellen das blanke
Metall durchscheinen. Dies durch Reiben mit einem
Leder zu erzielen, erfordert allerdings einige Ausdauer.
Mit Bimssteinpulver reibt man das blanke Metall
schneller durch, die dabei entstehenden Flecke stehen
aber unvermittelt neben der mit der färbenden Schicht
bedeckten Fläche und wirken roh, sind auch matt und
haben keine Leuchtkraft. Den Glanz und die Glätte
der Färbung erzielt man schneller mit Hilfe rotieren-
der Bürsten und Lappenscheiben, man erhält aber da-
mit leicht den Eindruck des gewichsten? Stiefels, mit
dem Bode solche Färbungen einmal treffend verglichen
hat. Bei Massenartikeln sind natürlich diese maschi-
nellen Methoden nicht zu umgeh man wird aber
auch hier fordern, dass sie mit einem gewissen Gefühl
angewendet werden.
Wenn man also, sofern die Arbeit so ausgeführt
wird, dass die Wirkung tatsächlich die gleiche ist,
gegen die künstlichen Färbungen, die in der Hervor-
bringung derselben Verbindungen des Metalls bestehen
die sich auch auf natürlichem Wege bilden, nichts
einwenden kann, so ist die Frage nach der Zulässig-
keit solcher künstlicher Färbungen, die sich auf natür-
lichem Wege nicht bilden, weit schwerer zu beant-
worten..
Die Zahl der Möglichkeiten ist, wenn wir bedenken,
dass die Chemie über die Kenntnis von mehr als
200000 Stoffen verfügt,-praktisch unbegrenzt und all-
gemeine Regeln haben, auch auf anderen Gebiet.en
der Kunst und des Kunstgewerbes meist nur eine
örtlich und zeitlich begrenzte Geltung gehabt. Man
wird also jeden Einzelfall bedenken müssen, um zu
einer Entscheidung zu kommen.
Soweit es sich hier um die Färbung des Metalls
mit einem dünnen, meist auf galvanischem Wege her-
gestellten (d. h. mit Hilfe des elektrischen Stromes
aus Metallsalzlösungen ausgeschiedenen) Ueberzug eines
anderen Metalls handelt, sind wir schnell fertig. Ein
solcher Ueberzug ist zulässig, wenn er als Schutz oder
Verschönerung der Oberfläche dient, ohne dass damit
die Absicht verbunden ist, mit einem minderwertigen
Material ein edleres vorzutäuschen. Die Vergoldung
eines Bronzekronleuchters ist zulässig, denn es wird
niemand auf den Gedanken kommen, ihn für pures
Gold zu halten, die Vergoldung soll eben nur den
Metallglanz dauernd erhalten; einen vergoldeten Finger-
ring aus Messing wird man aber ablehnen; dagegen
wird man manches Kleingerät aus unedlen Metallen,
bei dem es auf Erhaltung des Glanzes, auf Sauberkeit,
auf Widerstandsfähigkeit gegen chemische Einflüsse
u. dergl. ankommt, wie z. B. bei Obstmessern, anstands-
los vergolden dürfen.
Die Spitzen und andere Einzelheiten eines ge-
schmiedeten Gitters zu vergolden ist zulässig, nicht
aber das ganze Gitter. Allerlei Gebrauchsgegenstände
aus Eisen durch Vernicklung mit einer besser halt-
baren und saubereren Oberfläche zu versehen, ist auch
zulässig, nicht aber geschmiedetes Eisen oder Guss-
eisen als Bronze zu färben oder Zinkguss zu versilbern.
Das Zink, aus dem so viele billige Artikel her-
gestellt werden, vom Markte zu verdrängen, wird nun
freilich nicht angängig sein, und ohne einen decken-
den Ueberzug sind diese Zinkgegenstände undenkbar.
Man soll aber bei diesem Metall, das auch schätzens-
werte Eigenschaften besitzt — Billigkeit und leichte
Verarbeitbarkeit bei guter Haltbarkeit — nicht durch
einen hauchdünnen Ueberzug edle Materialien, wie
Silber oder Bronze, vortäuschen, ein deckender far-
biger Emaillack ist hier vielleicht am besten am Platze,
wo dieser nicht anwendbar ist, die Vernicklung, denn
bei dieser ist eine Täuschung wohl ausgeschlossen,
Reinnickelgeräte sind gegenüber den vernickelten in
so verschwindend geringer Anwendung, dass man eher
Gefahr laufen wird, ein Reinnickelgerät für vernickelt
anzusehen als umgekehrt.
Wie steht es nun aber mit den versilberten Ess-
bestecken?
Hier ist eine Täuschung nicht nur möglich, son-
dern wohl sehr oft auch beabsichtigt. Da das Silber
sich aber gerade zu Essbestecken hervorragend eignet,
das Neusilber ihm seiner Materialeigenschaften, nament-
lich seines hohen Kupfergehalts wegen entschieden
nachsteht, Echtsilberbestecke, die zu billigeren Preisen
früher in den Handel gebracht wurden, aber so dünn
waren, dass ihre Brauchbarkeit darunter litt, wird man
diese ausserordentlich verbreiteten versilberten Waren
nicht einfach als billige Imitation abtun können, und
dann muss man schliesslich auch die Versilberung und
Vergoldung gewisser anderer Geräte zulassen, wobei
man nur die Voraussetzung machen soll, dass die
Ueberzüge genügend stark sind, um eine ausreichende
Widerstandsfähigkeit gegen Abnützung zu bieten und
dass auch das Grundmetall eine gewisse Qualität be-