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10

Münchner kunsttechnische Blätter.

Nr. 2.

Endpunkte der Geraden bilden also die Fuss-
punkte des Bogens, dessen Scheitelpunkt in der
Sehaxe liegt, und jeder zwischenliegende Punkt
reiht sich der Bogenform an.
Die hier folgende Zeichnung zeigt etwa den
Vorgang in schematischer Weise. Die Ansicht
ist von vorne, ohne Berücksichtigung der per-
spektivischen Verkürzungen gedacht.
9^.4.

PRIS sei das Prisma; A das Auge des Be-
schauers; ,1, 2, ß bis io einzelne Punkte der Ge-
raden; i', 2*, ß* bis io' die durch die Brechung
entstandenen Bilder der obigen Punkte. Zum
besseren Verständnis füge ich die Zeichnung


(Fig. $), das Schema der Anordnung in Prohl-
ansicht, bei.
Gehen wir nunmehr zu unserem Regenbogen
über und denken uns an Stelle des Prisma der
Fig. 4 die aus vielen Tausenden von Tropfen
gebildete, die Sonnenstrahlen brechende (oder
wie ein Filter durchsiebende) Regenschicht; die
horizontale Gerade der Figur entspreche der
Wolkenmasse, die doch horizontal angenommen
werden muss, wenn sie auch scheinbar aufrecht
wirkt, und auf diese Wolkenschicht treffen die
Strahlen der untergehenden Sonne (selbstverständ-
lich nicht über 42 o, denn sonst würden die
Fichtstrahlen niemals die Wolkenschicht treffen
können!).

Blickt der Beschauer A in gleicher Weise
wie vorher durchs Prisma, nunmehr durch die
Regenschicht auf die von der Sonne gestreifte
horizontale Wolkenwand, dann muss das dort
virtuell, d. h. wirklich gebildete prismatische
Farbenband genau denselben optischen Ge-
setzen gemäss im Auge des Beschauers als Halb-
kreis erscheinen.
Die Annahme, die Kreisform
des Regenbogens entstehe der
Form der Sonnenscheibe ent-
sprechend, ist hinfällig, weil die
Entfernung der Sonne von der
Erde einige hunderttausend Mei-
len beträgt und die Strahlen
deshalb parallel und nicht diver-
gierend angenommen werden
müssen.
Es entsteht nun die Frage,
was der Beschauer eigentlich
sieht? Durch die Regen-
schicht, die als Prisma wirkt,
hindurch scheint doch die
direkte Fichterscheinung, die
schon an sich prismatisch gefärbt
sein muss, mithin sieht der Be-
schauer die Summe zweier
Regenbogen. Und in der Tat
hatte ich oft den Eindruck einer
solchen Doppelerscheinung, denn der nach aussen
gelegene gelbrote Saum war unverhältnismässig
breit gegenüber dem sonstigen Prismenband und
der nach innen sichtbare violette Abschluss war
deutlich doppelt zu sehen, ein violetter Saum
neben einem zweiten sichtbaren, eine längst be-
kannte und bei schönem Regenbogen stets zu
beobachtende Erscheinung. Auch die Intensität
des Fichtbildes kann durch die Doppelerschei-
nung erklärt werden. Und ein weiterer Beweis
des Übereinanderfallens der Fichtstrahlungen ist
das hellere Grau der innerhalb des Regen-
bogens beßndlichen Fläche, weil die durch die
Regenschicht entstandene Farbenzerstreuung wieder
zusammen- und übereinandergelagert erscheint, und
genau so, wie durchs Prisma betrachtet, eine
Fläche nur an den Rändern Farbensäumung
zeigt, in der Mitte aber nicht, so ist auch beim
Regenbogen nur der Rand farbig, die Innenfläche
aber, dem Grade der Fichtintensität entsprechend,
eine Mischung der übereinandergelagerten optisch
gemischten Strahlen. Auf der dunkelgrauen
Wolkenwand erscheint diese Fläche dann heller-
grau als das Grau der Wolkenwand. Wie der
an sich schwächere Nebenregenbogen, der in um-
gekehrter Farbenanordnung etwa 1$—20^ ausser-
halb der ersten gesehen wird, in die obige Theorie
eingeordnet werden kann, vermag ich vorerst
nicht zu entscheiden. Gewöhnlich wird ange-
nommen. dass es sich um eine durch doppelte
 
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