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München, 19, Fehr 1917.
Saii&ge ZKr „Werkatäii eaf Haast" (E. A. SeesaaBB, L&ipzig).
Erscheint^tägig aatcr Leltomg vaa Maler Prof. Erssf Serger
IHL Jährg, Nr. iL
Inhalt: Neues „deutsches" Terpentinöl. Vom Herausgeber. — Die Stetiung der Temperamaierei in der
Kunst der verschiedenen Zeitepochen. Von E. Raehimann. (t. Fortsetzung.) — Kumaronharze.
— Uebertragung von Zeichnungen auf Biei, Zeiiuioid und Linoieum für den Tonpiattenschnitt. Von
Johann Mai. — Richtigsteiiung. — Druckfehier-Berichtigung.
Neues „deutsches" Terpentinöl,
Vom Herausgeber.
Zu den bemerkenswertesten Erscheinungen der
schweren Zeiten des Krieges, in deren Gefolge
unsere Grenzen durch die Tücke der Feinde blok-
kiert und die Zufuhren wichtiger Handelswaren
abgeschnitten wurden, gehört die intensive Tätig-
keit aller jener Männer der Wissenschaft, die da-
rauf ausgehen, zur Ausnützung der vorhandenen
Vorräte durch Erfindung neuer Methoden und
deren Verbesserung ihr ganzes Wissen einzusetzen.
Sie helfen damit nicht nur dem Vaterlande bei
der Erleichterung des „Durchhaltens", sondern
sie schaffen Werte neuer Art, an die man zu
Friedenszeiten kaum gedacht haben würde.
Unter diesen „neuen Erfindungen" sind aber
nicht jene vielfältigen, oft nur des Gewinnes we-
gen eingelührten „Ersatzmittel" und Surrogate ge-
meint, sondern die Entdeckung oder Ausarbeitung
neuer Verfahren, bei denen die Not der Zeit das
treibende Element gewesen ist.
Ein derartiges Produkt, das bezweckt, ein alt-
bewährtes für vielerlei Verwendungsarten geeig-
netes ausländisches Material durch ein im Inland
herstellbares vollwertig zu ersetzen, ist das
neue deutsche Terpentinöl.
Bekanntlich ist das Terpentinöl, von allen
Malern als unentbehrliches Hilfsmittel zum Ver-
dünnen der Oelfarben, zur Herstellung von Fir-
nislösungen usw. seit langer Zeit im Gebrauch,
ein Produkt der sog. nassen Destillation der Ter-
pentine verschiedenen, meist ausländischen Ur-
sprungs.
Man unterscheidet im Handel drei Sorten,
und zwar französisches, amerikanisches und
deutsches Terpentinöl, jedoch führt dieses sog.
deutsche (oder russische und polnische) Terpen-
tinöl diesen Namen zu Unrecht, da es nicht aus
Terpentinen destilliert wird, sondern als ein Neben-
produkt bei der Teergewinnung aus dem harz-
reichen Wurzelholze (Kien) der Kiefer, Pinus syl-
vestris, durch trockene Destillation gewonnen wird,
mithin besser mit Kienöl zu bezeichnen wäre.
Es ist von unangenehmen brenzlichen Geruch und
wird nur zur Herstellung ordinärer Lacke, zum
Reinigen von Lettern und Druckplatten usw. ver-
wendet.
Dasfranz ösischeTerpentinölausden Terpentin
von Pinus Pinaster (P. maritima), oder Strandkiefer
durchDestillation mit Wassergewonnen,gilt als die
besteSorte. Zwischen Bordeaux und Bayonne, in den
„Landes" genannten Distrikten bildet die Strand-
kiefer ausgedehnte Waldungen, die in ausgiebig-
ster Weise zur Terpentingewinnung benutzt wur-
den, doch haben die französischen Fabrikanten,
seitdem durch kolossale Zufuhren aus Nordamerika
die Preise stark heruntergedrückt wurden, die
Fabrikation als unrentabel fast ganz aufgegeben.
Das amerikanische Terpentinöl beherrscht den
Markt nunmehr allein. Es wird aus dem Terpen-
tin von Pinus Taeda und P. australis (P. palustris),
im östlichen Teil von Nordamerika, Florida bis
Nordkarolina, gewonnen. Im Vergleich mit dem
amerikanischen besitzt das französische einen ent-
schieden feineren und angenehmeren, an Wach-
holder erinnernden Geruch. In Bezug auf andere
Eigenschaften, wie spezifisches Gewicht (o,8$0 bis
0,876) und Siedetemperatur (l$6—170^ C) be-
stehen bemerkenswerte Verschiedenheiten nicht.
Das amerikanische Terpentinöl unterscheidet sich
vom französischen nur darin, dass das erstere die
Ebene des polarisierten Lichts nach rechts dreht,
München, 19, Fehr 1917.
Saii&ge ZKr „Werkatäii eaf Haast" (E. A. SeesaaBB, L&ipzig).
Erscheint^tägig aatcr Leltomg vaa Maler Prof. Erssf Serger
IHL Jährg, Nr. iL
Inhalt: Neues „deutsches" Terpentinöl. Vom Herausgeber. — Die Stetiung der Temperamaierei in der
Kunst der verschiedenen Zeitepochen. Von E. Raehimann. (t. Fortsetzung.) — Kumaronharze.
— Uebertragung von Zeichnungen auf Biei, Zeiiuioid und Linoieum für den Tonpiattenschnitt. Von
Johann Mai. — Richtigsteiiung. — Druckfehier-Berichtigung.
Neues „deutsches" Terpentinöl,
Vom Herausgeber.
Zu den bemerkenswertesten Erscheinungen der
schweren Zeiten des Krieges, in deren Gefolge
unsere Grenzen durch die Tücke der Feinde blok-
kiert und die Zufuhren wichtiger Handelswaren
abgeschnitten wurden, gehört die intensive Tätig-
keit aller jener Männer der Wissenschaft, die da-
rauf ausgehen, zur Ausnützung der vorhandenen
Vorräte durch Erfindung neuer Methoden und
deren Verbesserung ihr ganzes Wissen einzusetzen.
Sie helfen damit nicht nur dem Vaterlande bei
der Erleichterung des „Durchhaltens", sondern
sie schaffen Werte neuer Art, an die man zu
Friedenszeiten kaum gedacht haben würde.
Unter diesen „neuen Erfindungen" sind aber
nicht jene vielfältigen, oft nur des Gewinnes we-
gen eingelührten „Ersatzmittel" und Surrogate ge-
meint, sondern die Entdeckung oder Ausarbeitung
neuer Verfahren, bei denen die Not der Zeit das
treibende Element gewesen ist.
Ein derartiges Produkt, das bezweckt, ein alt-
bewährtes für vielerlei Verwendungsarten geeig-
netes ausländisches Material durch ein im Inland
herstellbares vollwertig zu ersetzen, ist das
neue deutsche Terpentinöl.
Bekanntlich ist das Terpentinöl, von allen
Malern als unentbehrliches Hilfsmittel zum Ver-
dünnen der Oelfarben, zur Herstellung von Fir-
nislösungen usw. seit langer Zeit im Gebrauch,
ein Produkt der sog. nassen Destillation der Ter-
pentine verschiedenen, meist ausländischen Ur-
sprungs.
Man unterscheidet im Handel drei Sorten,
und zwar französisches, amerikanisches und
deutsches Terpentinöl, jedoch führt dieses sog.
deutsche (oder russische und polnische) Terpen-
tinöl diesen Namen zu Unrecht, da es nicht aus
Terpentinen destilliert wird, sondern als ein Neben-
produkt bei der Teergewinnung aus dem harz-
reichen Wurzelholze (Kien) der Kiefer, Pinus syl-
vestris, durch trockene Destillation gewonnen wird,
mithin besser mit Kienöl zu bezeichnen wäre.
Es ist von unangenehmen brenzlichen Geruch und
wird nur zur Herstellung ordinärer Lacke, zum
Reinigen von Lettern und Druckplatten usw. ver-
wendet.
Dasfranz ösischeTerpentinölausden Terpentin
von Pinus Pinaster (P. maritima), oder Strandkiefer
durchDestillation mit Wassergewonnen,gilt als die
besteSorte. Zwischen Bordeaux und Bayonne, in den
„Landes" genannten Distrikten bildet die Strand-
kiefer ausgedehnte Waldungen, die in ausgiebig-
ster Weise zur Terpentingewinnung benutzt wur-
den, doch haben die französischen Fabrikanten,
seitdem durch kolossale Zufuhren aus Nordamerika
die Preise stark heruntergedrückt wurden, die
Fabrikation als unrentabel fast ganz aufgegeben.
Das amerikanische Terpentinöl beherrscht den
Markt nunmehr allein. Es wird aus dem Terpen-
tin von Pinus Taeda und P. australis (P. palustris),
im östlichen Teil von Nordamerika, Florida bis
Nordkarolina, gewonnen. Im Vergleich mit dem
amerikanischen besitzt das französische einen ent-
schieden feineren und angenehmeren, an Wach-
holder erinnernden Geruch. In Bezug auf andere
Eigenschaften, wie spezifisches Gewicht (o,8$0 bis
0,876) und Siedetemperatur (l$6—170^ C) be-
stehen bemerkenswerte Verschiedenheiten nicht.
Das amerikanische Terpentinöl unterscheidet sich
vom französischen nur darin, dass das erstere die
Ebene des polarisierten Lichts nach rechts dreht,