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38

Münchner kunsttechnische Blätter.

Nr. 7.

Da, siehe da, ist ja das meinige, das hätte
ich nicht geglaubt, noch einma! sehen zu können,
bitte Herr Professor erzählen sie, wie wurde das
gemacht.
Na, ganz so ieicht war es nicht und zwei
schöne Stücke gingen mir noch beim Transport,
eigentlich beim Abladen, wo sie durch Unge-
schicklichkeit der Leute umHelen, verloren, schade,
gerade zwei der besten. Nun zwölf Stüek sind
auch noch eine ganz nette Zahl, besonders aber
haben sie den Beweis geliefert, dass die Ver-
suche gelungen sind und zwar auf dreierlei Art,
in ganz verschiedener Weise.
Es kommt nämlich teils darauf an, ob Stein-
mauer- oder Holzwand-Untergrund ist, ferner wie
man der Wand beikommen kann.
Diese beiden Bilder ,,Einzug der Deutschen
in Paris" und „Einzug der Franzosen in Lübeck"
sind auf Putz gemalt, welcher auf Holzgewand
mit Binsen hergestellt ist, da wurde einfach das
Stück Wand herausgesägt, vorsichtig natürlich
transportiert und draussen, wie sie sehen, mit
der Holzbrettputzunterlage wieder an der Wand
befestigt.
Dieses grosse hier war schon schwieriger.
Da ich nun doch auch von hinten an die Wand
(Zimmerwand von einer Steindicke) gelangen
konnte, so liess ich zunächst ringsum eine Ver-
tiefung in die Mauer schlagen. — In diese Ver-
tiefung legte man einen aus Riegelbalken be-
stehenden Rahmen fest an, so, dass das Bild an-
schliessend im Rahmen sass. Sodann wurde die
Vorderseite des Bildes mit Brettern Hach bedeckt,
die mit dem Rahmen fest gehalten wurden. Nun
sass die Malerei eingeklemmt im Rahmen und
Brettüberzug glatt. — Langsam und vorsichtig
wurde von hinten im Zimmer ein Stein nach dem
andern abgelöst und es gelang, wie hier zu sehen
ohne Bruch — das Bild ist an einem Stück im
Balkenrahmen auf der Bretterlage transportiert
worden.
Die dritte Art war die des Absägens. — Es
wurde rund um das abzunehmende Bild gleich-
falls eine Vertiefung gemacht, so tief und so breit,
dass man mit einem Sägenblatt den Putz absägen
konnte. Natürlich kann das nur in Stücken ge-
schehen, die nicht zu gross sind, wie diese bei-
den hier, während die vorigen über 2 Meter hoch
und i,$o m breit sind, so gross also, wie sie ge-
malt waren.
Verzeihen Sie, aber das kann doch leicht
durchbrechen. —
Gewiss — da ist immer Vorsicht nötig —
ausserdem wird jedes Stück wie gesagt, auf Hache
Brettunterlage zum Transportieren gelegt und
muss dann wieder auf Mauer oder Unterlage, die
fest ist, aufgeputzt werden, wie sie hier bei allen
Malereien sehen.
Am schwierigsten ist die vierte Art, die des

Abreissens — hier, wie bei diesen drei — Stücken,
wird das abzulösende Bild so gross man glaubt,
es riskieren zu können, mit Leinwand, welche mit
starkem heissem Leim getränkt ist, überklebt.
Diesen Ueberzug lässt man trocknen und zieht
ihn vorsichtig ab — bei dem Abreissen bleibt
die dünne oberste Malputzschicht kleben — die
Leinwand wird nun mit der daran klebenden
Freskomalputzschicht, welche ganz dünn ist —
also mit der Malerei später wieder auf einen Putz
— gesetzt, beziehungsweise geputzt. Nach dem
Festtrocknen wird die noch daraufsitzende Lein-
wand mit heissem Wasser aufgeweicht und kann
langsam wieder abgezogen werden, während die
Malerei auf dem neuen Unterputz bleibt.
Das ist aber interessant und wenn ich es nur
gehört hätte und nicht mich selbst überzeugen
könnte an diesen vor Augen stehenden Malereien,
würde ich es kaum für möglich gehalten haben,
aber sagen Sie, bitte, mir, Verehrtester, woher
wissen Sie denn das alles.
Studium und Erfahrung mein Lieber. Mein
Interesse für Fresko liegt weit zurück — Schon
in frühester Jugend hatte ich Gelegenheit, in
meiner Heimat viele und schöne Freskomalereien
in den Kirchen, Klöstern und Schlössern Ober-
schwabens zu bewundern. In der Hauptkirche
meiner Vaterstadt ist ein Meter langes und
IO Meter breites Deckengemälde mit über hundert
Figuren, die ich beim Kirchenbesuch stets eifrig
betrachtete.
(Fortsetzung folgt.)
Die wissenschaftlichen Grundlagen zum
rationellen Farbatlas.*)
Von Wilhelm Ostwald.
Vor zwei Jahren vertraute mir der Werkbund
gelegentlich seiner Kölner Tagung die Leitung
der Arbeiten an, welche zur Herstellung eines
rationellen, sowohl die Forderungen der Theorie,
wie die der Praxis befriedigenden Farbatlas
führen sollten. Wie es im Geiste der Zeit lag,
hatte ich dabei die Gründung einer internatio-
nalen Vereinigung der sich für die Frage inter-
essierenden Fachgenossen im Auge, deren Anzahl
nicht gross war; der Werkbund hatte in solchem
Sinne auch eine mässige Geldunterstüzung, nämlich
je IOOO Mk. für die drei folgenden Jahre be-
willigt. Der alsbald ausbrechende Krieg machte
die Ausführung dieses Planes zunichte, vielleicht
nicht zum Nachteil der Sache selbst, und zwang
mich, unter Verzicht auf die internationale Mit-
arbeiterschaft in persönlicher Arbeit die nötigen
Untersuchungen durchzufüren. Der Stand der

*) Nach dem in den „Mitteilungen des Deutschen
Werkbundes" abgedruckten Referat an Geh.-R. Prof.
Ostwald im Bericht über die Jahresversammlung des
Deutschen Werkbundes in Bamberg, 1916.
 
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