DIE GENERALKOMMISSION DER KUNSTSAMM-
LUNGEN DES BAYERISCHEN STAATES
VON
KARL KOETSCHAU
Prinz Rupprecht von Bayern hielt im letzten Landtage eine vortreffliche Rede: die
Dämmerung, die über den Kunstsammlungen des Staates lag, schien zu weichen,
und es versprach dieser erste Sonnenstrahl einen reichen, fruchtbringenden Tag.
Mit freudiger Spannung durften die Kunstfreunde, zumal auch der Bayerische
Museumsverein ins Leben getreten war, der weiteren Entwicklung der Dinge harren.
Und nun, in diesem Frühjahr, ist ein erster entscheidender Schritt getan worden.
Es fand unter dem Vorsitz des Kultusministers eine Beratung statt, an der außer
Museumsbeamten Kunsthistoriker, Kunstfreunde und Künstler teilnahmen. Ihr
Ergebnis war die Bildung einer »Generalkommission der Kunstsammlungen des
Staates«. — —
»You must have a man!« So spracli in einer der merkwürdigsten Verhand-
lungen, die in der Gegenwart über Museumsverhältnisse geführt worden sind, in
der über die Verwaltung des Chantrey Trust,1) Sir Martin Conway. Und mit
diesem erlösenden Wort war nicht nur der für den Trust in Frage kommenden
Kommission das Urteil gesprochen, sondern dem Kunstkommissions-Wesen über-
haupt. Oder richtiger dem Kunstkommissions-Unwesen. Denn es ist ein Übel.
Von Jahrzehnt zu Jahrzehnt schleppt es sich an vielen Museen weiter, in neue
Verhältnisse wird es mit übernommen, und überall da, wo man die Moral eines
selbständigen Amtes noch nicht zu erkennen vermag, d. h. wo man noch nicht
versteht, daß ein leitender Beamter die Pflicht der Verantwortlichkeit
in vollem Umfange für sich allein in Anspruch nehmen muß, überall da
wähnt man sich im Besitz dieses »Übels« geborgen und glücklich.
Ich habe mich oft nach der Ursache gefragt, warum gerade die Kunst sich
von diesem den freien Flug hemmenden Klotz nicht losmachen kann, während bei so
vielen anderen gleich wichtigen Dingen unseres öffentlichen Lebens, deren Pflege
nicht minder große oder noch größere Mittel erfordert, ganz selbstverständlich
, S. Museumskunde III, 2, S. I2iff,
Museumskunde. III, 3.
LUNGEN DES BAYERISCHEN STAATES
VON
KARL KOETSCHAU
Prinz Rupprecht von Bayern hielt im letzten Landtage eine vortreffliche Rede: die
Dämmerung, die über den Kunstsammlungen des Staates lag, schien zu weichen,
und es versprach dieser erste Sonnenstrahl einen reichen, fruchtbringenden Tag.
Mit freudiger Spannung durften die Kunstfreunde, zumal auch der Bayerische
Museumsverein ins Leben getreten war, der weiteren Entwicklung der Dinge harren.
Und nun, in diesem Frühjahr, ist ein erster entscheidender Schritt getan worden.
Es fand unter dem Vorsitz des Kultusministers eine Beratung statt, an der außer
Museumsbeamten Kunsthistoriker, Kunstfreunde und Künstler teilnahmen. Ihr
Ergebnis war die Bildung einer »Generalkommission der Kunstsammlungen des
Staates«. — —
»You must have a man!« So spracli in einer der merkwürdigsten Verhand-
lungen, die in der Gegenwart über Museumsverhältnisse geführt worden sind, in
der über die Verwaltung des Chantrey Trust,1) Sir Martin Conway. Und mit
diesem erlösenden Wort war nicht nur der für den Trust in Frage kommenden
Kommission das Urteil gesprochen, sondern dem Kunstkommissions-Wesen über-
haupt. Oder richtiger dem Kunstkommissions-Unwesen. Denn es ist ein Übel.
Von Jahrzehnt zu Jahrzehnt schleppt es sich an vielen Museen weiter, in neue
Verhältnisse wird es mit übernommen, und überall da, wo man die Moral eines
selbständigen Amtes noch nicht zu erkennen vermag, d. h. wo man noch nicht
versteht, daß ein leitender Beamter die Pflicht der Verantwortlichkeit
in vollem Umfange für sich allein in Anspruch nehmen muß, überall da
wähnt man sich im Besitz dieses »Übels« geborgen und glücklich.
Ich habe mich oft nach der Ursache gefragt, warum gerade die Kunst sich
von diesem den freien Flug hemmenden Klotz nicht losmachen kann, während bei so
vielen anderen gleich wichtigen Dingen unseres öffentlichen Lebens, deren Pflege
nicht minder große oder noch größere Mittel erfordert, ganz selbstverständlich
, S. Museumskunde III, 2, S. I2iff,
Museumskunde. III, 3.