Thurnwald, Über Völkerkundemuseen, ihre wissenschaftlichen Bedingungen und Ziele.
2. Es würde nämlich darauf ankommen, das Charakteristische gewisser Kultur-
gebiete zu zeigen. Einmal bestände das in der Spaltung von Bereichen ähnlicher
Lebensbedingungen in Gebiete verschiedener Kultur vermöge Völkerverschie-
bungen oder Verkehr und ebenso in dem Übergreifen eines Kulturgebietes in andere
Zonen und Lebensbedingungen. Vor allem fände aber hier die Verbreitung ein-
zelner Kulturgüter, gewisse Waffen, Schmuckstücke, Haustypen, Idole, Topfformen
u. dgl. oder Kulturkomplexe (mehrere Kulturgüter zusammen) ihre Darstellung
und gleichzeitig deren Abänderung unter anderen Verhältnissen, in anderer Um-
gebung und bei anderen Menschen.
3. Ergänzend würden endlich in einer Abteilung alle diejenigen Kulturerschei-
nungen zusammengestellt werden, die unabhängig von kleineren bestimmt charakte-
risierten Kulturgebieten, ja unabhängig von den Lebensbedingungen des Klimas,
des Bodens, der Grenzen, der Berührungen und Beeinflussungen sich als fak-
tischer Besitz aller Menschen, wenn auch in verschiedenen Formen wiederfinden,
teils als biopsychologische Grundlagen, teils als Ausflüsse oder Begleiterscheinungen
menschlichen Zusammenlebens und der einfachsten Kulturen. Hierher gehören z. B.
die Formen der Feuerbereitung, die Verbreitung der Reizmittel, der Kannibalismus,
die Kranken- und Totenbehandlung, die Darstellung, die Zeremonien und magi-
schen Mittel, die sich an die Totenfurcht knüpfen, die Geräte und Gebräuche, die mit
Geburts- und Heiratszeremonien verknüpft sind u. dgl. m.
3. Hieran schließen sich einige Abteilungen, in denen gewisse Fächer und Seiten
des Kulturlebens besondere Darstellung finden würden, so Wissenschaft und Technik,
Kunst, Religion, politisches und wirtschaftliches Leben, Verkehr, Flandel und Geld.
In allen diesen Abteilungen kämen die einfacheren Erscheinungsformen, soweit
sie in materiellen Gegenständen sich manifestieren, neben den komplizierteren und
ausgebildeteren zur Vorführung, überall auf Grund einer tieferen Kenntnis ihrer
Natur und der sie bestimmenden Faktoren. Diese Schichtung hätte nach bestimmten
Kriterien, die verschieden in den einzelner Abteilungen sein könnten, zu ge-
schehen. Denn die Völkerkunde hat Beziehung mit allen Wissensgebieten. Für
jede unserer ausgebauten Fachdisziplinen birgt sie die Keime und weist auf die Ent-
stehungswege hin, wenn auch oft nur in ruinenhaften oder rudimentären Formen,
die sich oft weitab von den jeweiligen Brennpunkten der Höchstkultur gleichsam
wie von einer Zentrifuge weggeschleuderte Teile erhalten haben. Eine gewisse
Spezialisierung wird daher sowohl in der Verarbeitung wie in der Darstellung
des ungeheueren Materials nur klärend und ordnend wirken.
a) In dieser Beziehung wäre in erster Linie eine Abteilung »Wissenschaft und
Technik« nötig, welche die Wegleitung und den Maßstab abgeben müßte für alle
die folgenden Abteilungen. Denn an die Bewältigung der Umwelt, die in der Technik
und Wissenschaft sich ausdrückt, in der praktischen und theoretischen Beherrschung
der Faktoren, die Schranken bilden für die möglichst günstige Entfaltung des Men-
2. Es würde nämlich darauf ankommen, das Charakteristische gewisser Kultur-
gebiete zu zeigen. Einmal bestände das in der Spaltung von Bereichen ähnlicher
Lebensbedingungen in Gebiete verschiedener Kultur vermöge Völkerverschie-
bungen oder Verkehr und ebenso in dem Übergreifen eines Kulturgebietes in andere
Zonen und Lebensbedingungen. Vor allem fände aber hier die Verbreitung ein-
zelner Kulturgüter, gewisse Waffen, Schmuckstücke, Haustypen, Idole, Topfformen
u. dgl. oder Kulturkomplexe (mehrere Kulturgüter zusammen) ihre Darstellung
und gleichzeitig deren Abänderung unter anderen Verhältnissen, in anderer Um-
gebung und bei anderen Menschen.
3. Ergänzend würden endlich in einer Abteilung alle diejenigen Kulturerschei-
nungen zusammengestellt werden, die unabhängig von kleineren bestimmt charakte-
risierten Kulturgebieten, ja unabhängig von den Lebensbedingungen des Klimas,
des Bodens, der Grenzen, der Berührungen und Beeinflussungen sich als fak-
tischer Besitz aller Menschen, wenn auch in verschiedenen Formen wiederfinden,
teils als biopsychologische Grundlagen, teils als Ausflüsse oder Begleiterscheinungen
menschlichen Zusammenlebens und der einfachsten Kulturen. Hierher gehören z. B.
die Formen der Feuerbereitung, die Verbreitung der Reizmittel, der Kannibalismus,
die Kranken- und Totenbehandlung, die Darstellung, die Zeremonien und magi-
schen Mittel, die sich an die Totenfurcht knüpfen, die Geräte und Gebräuche, die mit
Geburts- und Heiratszeremonien verknüpft sind u. dgl. m.
3. Hieran schließen sich einige Abteilungen, in denen gewisse Fächer und Seiten
des Kulturlebens besondere Darstellung finden würden, so Wissenschaft und Technik,
Kunst, Religion, politisches und wirtschaftliches Leben, Verkehr, Flandel und Geld.
In allen diesen Abteilungen kämen die einfacheren Erscheinungsformen, soweit
sie in materiellen Gegenständen sich manifestieren, neben den komplizierteren und
ausgebildeteren zur Vorführung, überall auf Grund einer tieferen Kenntnis ihrer
Natur und der sie bestimmenden Faktoren. Diese Schichtung hätte nach bestimmten
Kriterien, die verschieden in den einzelner Abteilungen sein könnten, zu ge-
schehen. Denn die Völkerkunde hat Beziehung mit allen Wissensgebieten. Für
jede unserer ausgebauten Fachdisziplinen birgt sie die Keime und weist auf die Ent-
stehungswege hin, wenn auch oft nur in ruinenhaften oder rudimentären Formen,
die sich oft weitab von den jeweiligen Brennpunkten der Höchstkultur gleichsam
wie von einer Zentrifuge weggeschleuderte Teile erhalten haben. Eine gewisse
Spezialisierung wird daher sowohl in der Verarbeitung wie in der Darstellung
des ungeheueren Materials nur klärend und ordnend wirken.
a) In dieser Beziehung wäre in erster Linie eine Abteilung »Wissenschaft und
Technik« nötig, welche die Wegleitung und den Maßstab abgeben müßte für alle
die folgenden Abteilungen. Denn an die Bewältigung der Umwelt, die in der Technik
und Wissenschaft sich ausdrückt, in der praktischen und theoretischen Beherrschung
der Faktoren, die Schranken bilden für die möglichst günstige Entfaltung des Men-