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2. Die Denkmäler und ihre Baugeschichte

Der Alte Athena-Tempel

Zum Alten Athena-Tempel gehört das größte archaische Fundament auf der 15,16,
Akropolis, welches nach seinem Entdecker „Dörpfeld-Fundament“ genannt 34
wird. Es schiebt sich von Süden her an einen offenen Kultbezirk an, welcher
die ältesten Kultmale der Akropolis enthält: das Kekrops- und das Erechtheus-
grab, das Pandroseion, das Dreizackmal und den Salzsee des Poseidon
sowie den Ölbaum der Athena (vgl. S. 18f). Der auf diesem Fundament ste-
hende Tempel war das Hauptheiligtum der archaischen Zeit, der Tempel der
Athena Polias. Er muß im Verlauf des 5. Jh.s seine Ringhalle verloren haben,
da das Erechtheion auf ihren Fundamenten liegt. Umstritten ist die Frage, ob
die Cella des Tempels nach der Zerstörung durch die Perser noch bis ins
4. Jh. hinein erhalten blieb. Inschriften scheinen darauf hinzuweisen.1

Der Grundriß des Alten Athena-Tempels setzt sich aus einem inneren
Fundament für die amphiprostyle Cella und einem äußeren Fundament der
Ringhalle zusammen. Bei der Cella handelt es sich um eine Doppelcella mit
dreischiffigem Ostraum und quergelegtem Westraum. Da das Cella-Funda-
ment aus einem anderen Stein besteht (Burgkalkstein) als das Ringhallenfun-
dament (Kara-Kalkstein vom Hymettos), hatten W. Dörpfeld und Th. Wiegand
daraus ursprünglich zwei Bauphasen abgeleitet.2 Zuerst soll nur ein amphi-
prostyles Gebäude existiert haben, während die Ringhalle als spätere Zutat
aus peisistratidischer Zeit angesehen wurde.

W.-H. Schuchhardt, W. B. Dinsmoor und später I. Beyer kamen dagegen
zu dem Ergebnis, daß aufgrund übereinstimmender handwerkiicher Arbeits-
weisen und Steinsetzung sowie wegen der gleichartigen Verwendung des
Zahneisens beide Fundamente gleichzeitig angelegt worden sein müssen.3
Die Frage ist auch, ob und wenn ja, wie viele Bauphasen für einen Tempel an
der Stelle des Dörpfeld-Fundamentes bzw. für dessen dazugehörigen Aufbau
angenommen werden können. Sicher ist inzwischen, daß die im Inneren des
Fundamentes sichtbaren Reste von zwei Säulenbasen zu einem spätgeome- 15
trisch-früharchaischen Vorgänger und nicht, wie ursprünglich angenommen
wurde, zum mykenischen Palast gehören.4 Archäologisch gut überliefert ist
der peisistratidische Tempel, der bei der Eroberung der Akropolis durch die
Perser zerstört wurde. Sehr viele Bauteile dieser Phase, teils aus Marmor, teils
aus Poros, hat man im sogenannten Perserschutt gefunden. Dieser Bau war
in der späten Tyrannenzeit (in den zwanziger Jahren) wohl von den Söhnen
des Peisistratos gebaut worden. Der Ostgiebel zeigte die Schlacht der Götter 105
gegen die Giganten. Erhalten ist die Figur der Athena, die mit ihrer Aegis
gegen einen Giganten kämpft (Raum V, Inv.-Nr. 631 A), außerdem ist ein
weiterer, in der Giebelecke liegender Gigant erhalten (Inv.-Nr. 631 C). Auf der
anderen Seite befand sich eine Tierkampfgruppe.5

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