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Mitteilungen des Württembergischen Kunstgewerbevereins — 1907-1908

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Pazaurek, Gustav Edmund: Künstlerische Besuchskarten
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https://doi.org/10.11588/diglit.7713#0080
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Künstlerische Besuchskarten.

73

Abb. 72.

museum recht gut beobachten und genießen.
Desungeachtet sollte diese Ausstellung nicht nur
eine kulturgeschichtliche sein; sie hatte vielmehr
ihren praktisch-pädagogischen Hintergrund, der
bei den Führungen auch entsprechend dargelegt
wurde. Vergegenwärtigen wir uns nur, daß die
Geschäftskarte einerseits und das Bucheigentümer-
zeichen anderseits vor ungefähr hundert Jahren
viel bescheidener und einfacher waren, als die
Besuchskarte jener Zeit. Und welchen Auf-
schwung hat in unseren Tagen die Geschäfts-
karte genommen; und das ,.Ex-libris" hat sich
gar zu einer international weitverbreiteten und
erste Kräfte beschäftigenden „Ex-libris-Kunst"
emporgeschwungen. Und der Besuchskarte sollte
eine neue Blüte unerreichbar sein? —

Gewiß nicht! Was unsere Urgroßeltern so liebe-
voll gepflegt hatten, brauchen auch wir nicht zu
vernachlässigen. An Künstlern ist heutzutage
wahrlich kein Mangel, die durchaus ebenbürtige, ja noch viel wertvollere Kärt-
chen zu entwerfen imstande sind. Natürlich dürfen wir in keine blinde Nach-
ahmung verfallen und etwa den hier abgebildeten Kärtchen unsere Namen
hinzufügen. Der Louis XVI- und Empire-Geschmack ist für uns zeitfremd;
wir wollen auch in diesen Kleinigkeiten den Widerschein unseres ästhetischen
Glaubensbekenntnisses. — Es braucht sich nur eine einzige sozial angesehene
Persönlichkeit dieser Frage in ähnlicher Weise anzunehmen, wie dies Graf
Leiningen in seiner energischen Art für die Ex-libris-Zeichen getan, und unsere
Besuchskarte wird wieder eine allerliebste Spezialität werden, die zu bewahren,
zu tauschen und zu sammeln ungemein dankbar werden müßte. Ungefähr gleich-
zeitig, aber unabhängig von der ersten Besuchskartenausstellung in Stuttgart
hat eine Parallel-Bewegung eingesetzt, die knapp vor Neujahr 1908 vor die
breite Oeffentlichkeit trat: Ein großes Preisausschreiben zur Erlangung
von künstlerisch geschmückten Besuchskarten, veranstaltet von dem best-
bekannten Direktor der Kgl. Akademie für graphische Künste und Buchgewerbe in
Leipzig, Professor Max Seliger, in Verbindung mit dem deutschen Buchgewerbe-
verein.* Ein Aufruf, den die besten Namen der deutschen Kunstwelt unter-
stützen, ein vorzüglich zusammen-
gesetztes Preisrichter-Kollegium, drei I . ,
Preisgruppen von je 800, 400 und
200 Mark, eine genügend lange Frist
(bis zum 15. April 1908) und — was
gerade in diesem Falle von der größten

* Meine Arbeit über die „KünstlerischenBesuchs-
karten" wurde daher auch, um diese Aktion mög-
lichst zu unterstützen, zunächst dem ,.Archiv für
Buchgewerbe" (1907, Heft 11—12) zur Verfügung
gestellt. In der vorliegenden Form erscheint sie
jedoch wesentlich erweitert, namentlich auch illu-
strativ fast auf die doppelte Zahl von Abbildungen
gebracht.
 
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