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Kulturwissenschaftliche Bibliographie zum Nachleben der Antike: d. Erscheinungen d. Jahres ... — 1.1931 (1934)

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https://doi.org/10.11588/diglit.50163#0238
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202

Renaissance, Humanismus, Reformation

dender Parteinahme seinen Gestalten gegen-
über leidenschaftlichen Ausdruck zu geben,
zu einem erfolglosen Kampf zwischen dem
Willen zur Erkenntnis des Objektiven und
den Grenzen der eigenen Natur (S. 213);
daher wird dem schonungslosen Schilderer
Konstantins mit seiner unklassischen, ent-
hüllenden, jeder schönfärbenden Verklä-
rung unzugänglichen Schilderung des klas-
sischen Altertums (S. 218) nicht zugetraut,
daß er imstande gewesen wäre, sein eigenes
Renaissance-Credo zu korrigieren (S. 234,
236!.). Und deshalb interessiert auch heute
„die Lösung des Cinquecento in der Apo-
theosierung der menschlichen Figur nie-
mand mehr als ein paar Kunsthistoriker-
Konventikel“ (S. 236). Bei einer so reichen
Persönlichkeit wie der B.s lassen sich Zi-
tate für und wider eine Auffassung leicht
beibringen. N.s Schilderung der Gesamt-
persönlichkeit, so hinreißend und beste-
chend sie ist, greift zu dem Mittel, Wider-
sprüche und Bruchstellen in B.s Natur und
Entwicklung anzunehmen, wo die Schilde-
rung ihrer ganzen Schwingungsweite die
Fähigkeit, Gegensätze in sich zu begreifen,
eingeschlossen hätte. G. B.
b) Moderne Kritik
des Renaissancebegriffs
83! JACOB, ERNEST FRASER, Changing
Views of the Renaissance. In: History 16,
S. 214—229.
832 TUBERVILLE, ARTHUR STANLEY,
Changing Views of the Renaissance. In:
History 16, S. 289—297.
Zwei Vorträge des anglo-amerikanischen
Historikerkongresses 1931. Während T. vor-
nehmlich den Gebrauch des Begriffes Re-
naissance kritisch untersucht (und stark in
Frage stellt), weist J. mittels einer Über-
sicht über die wichtigsten Erscheinungen
der neueren Forschung denWandelnach, der
sich in seiner praktischen wissenschaftlichen
Anwendung vollzieht. Die ältere von Burck-
hardt und Symonds ausgehende Ansicht
mit ihrer Methode der ,, repräsentati-
ven Typen“ sei abzulehnen. Weder sei die
Renaissance als Epoche scharf abgegrenzt,
mit klarem Anfang und Ende, von schlecht-
hin originaler Kultur und Geisteshaltung,
noch genügte es, vom rein italienischen und
ästhetischen Standpunkt aus eine Grenzlinie
zwischen Mittelalter und Renaissance zu zie-

hen. Wir haben vielmehr — ganz im Sinne
der neueren Geschichtsphilosophie — eine
„gradual transformation of values“ anzu-
nehmen, einen Prozeß, in dem das Mittel-
alter mit seiner Scholastik, seinen sozialen
und politischen Institutionen, statt jäh ab-
zubrechen, sich in das neue System ein-
baut, das es selbst aus sich hervorgebracht
hat. Vor allem Untersuchungen über die
Philosophie der Epoche (seit Prantl und
Dilthey) und über die Reformation (G. Rit-
ters Arbeiten über die deutsche Spätschola-
stik) haben den höchst komplexen Über-
gangscharakter der Renaissance heraus-
gestellt. Ritters Charakterisierung der vor-
reformatorischen Theologie als „roman-
tisch“ und „revolutionär" ist jedoch nicht
zu verallgemeinern, zumal unter „Roman-
tik“ dann auch die Erneuerung des klassi-
schen Altertums zu begreifen wäre. J.
warnt vor der stets unfruchtbaren Ver-
wendung einer so ausgeweiteten Kategorie
(so enormous a category). Es sei richtiger,
die gemeinsamen Tendenzen von Mittel-
alter und Renaissance hinsichtlich der
Wiederbelebung der Antike einerseits und
andererseits das Beharren mittelalter-
licher Elemente in ausgesprochenen Re-
naissance-Erscheinungen gesondert zu be-
trachten. Zu den gemeinsamen Tendenzen
gehört einmal die Erneuerung des römi-
schen Imperiums (vgl. für den Beginn des
Mittelalters hauptsächlich P. E. Schramms
Arbeiten zur Rom-Renovatio, für das
späte Mittelalter Burdach, gegen den freilich
der Einwand zu großer Verallgemeinerung
eines esoterischen Symbolismus erhoben
wird), ferner das Fortleben der römischen
Kaiseridee in den Kommunen und im
modernen Staate selbst. Eine dritte ge-
meinsame Tendenz ist endlich der Ge-
danke der aurea aetas. Die humana ci-
vilitas (wie sie als ideale Monarchie Dan-
te vorschwebt) wird auch zum Programm
des Humanismus. J. sieht in Toffanins
„höchst anregender, aber ein wenig phan-
tastischer" Schrift: „Che cosa fu l’uma-
nesimo“ wenigstens den einen richtigen
Kern: die Verwurzelung des Humanisten
in Kirche und Schule des Mittelalters. Die
Bekanntschaft mit Aristoteles (und damit
griechischem Gedankengut) fällt bereits ins
13. Jahrh. Seine Bedeutung bleibt durch
die ganze Renaissance (trotz allem Plato-
nismus) unvermindert bestehen. Eben dies
 
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