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Naeher, Julius [Hrsg.]
Die Baudenkmäler der unteren Neckargegend und des Odenwaldes: Aufnahme, Autographie und Beschreibung (Band 1): Die Umgebung von Heidelberg: Handschuhsheim, Dilsberg, Neckarsteinach, Hirschhorn mit Erschheim, Schönau, Stolzeneck und Eberbach ; archäologische Studien, Aufnahmen und Autographien — Heidelberg, [1891]

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https://doi.org/10.11588/diglit.12542#0007
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1

Die Baudenkmäler des unteren Neckarthales und des Gdenwaldes.

ei der Beschreibung unserer durch eine herrliche Aussicht die Gegeud beherrschenden Burgruinen hat man bisher mehr die dazu-

gehörigen Rittergeschlechter in der Geschichte und Sage im Auge gehabt, als die Art ihrer Entstehung, baulichen Anlage und die

Bedeutung ihrer mächtigen Vertheidigungswerke. Es ist daher gewiß empfehlenswerth auch in dieser Beziehung das Erforderliche

H nachzutragen und in diesem Aweig der kriegsbautechnischen Wissenschast so weit zu kommen, als dies in der kirchlichen Kunstarchäologie

geschehen ist, wo sowohl die verschiedenen Stilrichtungen mit ihren eigenthümlichen Einzelheiten als auch der Zweck der baulichen Anlagen
festgestellt sind. Freilich ist die Untersuchung und Aufnahme der militärbautechnischen Reste der bis in die Vorgeschichte unseres Volkes
zurückgehendeu Zeiten ungleich schwieriger als bei den kirchlichen Baudenkmälern, welche auf kultisirterem Boden liegen. Es ist deßhalb
auch lohnender, hierin etwas Neues und Belehrendes bringen zu können, was wir hiemit zu beabsichtigen suchen.

Sowie das Haus schon in seiner ersten Anlage einen inviduellen volksthümlichen Charakter zeigt, den es auf dem Lande bis
in die Neuzeit mehr oder weniger bewahrt har, so kamen auch beim Bau der Burg, dem festen Wohnsitz des Ritters, bestimmte, den
Stammesanschauungen und der Art der Vertheidigung entsprechende Grundanlagen und Einrichtungen zur Geltung.

Wie des Mannes Haus sein friedliches Familiendasein veikörpert, so war des Ritters Burg der Ausdruck seiner Wehrhaftigkeit,
seiner hohen politischen Stellung und seiner kriegerischen Lebensgewohnheiten. Wenn man so von den Alpen bis zur Mosel und dem
Main in den Ländern der alten Burgunder, Alemannen, Schwaben und Franken nahezu sämmtliche Burgen besucht und durchforscht
hat, so wird man unwillkürlich auf gewisse innerhalb dieser Stammesgrenzen aufiretende Eigenthümlichkeiten der Anlage und der
baulichen Ausführung kommen.

Jn verschiedenen Werken über die mittelalterlichen Kriegsbaudenkmäler habe ich bereits auf die drei in den verschiedenen
Ländern zu Tage tretenden Baustile hingewiesen, welche die erste Anlage der Burg der Feudalzeit charakterisiren und zwar:

1. den b u r g u ndi sch en, der seine Muster dem römischen Castell und den römischen Städtebefestiguugen in Südfrankreich,
die zum Theil noch gut erhalten sind, entnommen hat;

2. den alemannischen, speziell schwäbischen, der sich mehr an die Anlage der vorgeschichtlichen Ringwälle und Wall-
burgen anschließt;

3. den fränkischen, der in Elsaß bis zum Weilerthal, in Schwaben bis zur Jaxt reicht, sich mehr dem normännischen Stil
anreiht und aber auch dem vorhergehenden gegenüber einen großen kriegsbautechnischen Fortschritt zeigt.

Bei der Beschreibung der Burgen des Neckarthales und Odenwaldes werde ich auf manche Einzelheiten dieser Stilrichtungen
zurückkommen. Die Reste der bedeutendercn klösterlichen Anlagen dieser Gegend konnte ich bei den Ausnahmen nicht übergehen, obgleich
ich in der kirchlichen Kunstarchäologie weniger bewandert bin, als in der mittelalterlichen Knegsbaukunst, welcher ich meine schönste sreie
Zeit mit Vorliebe gewidmet habe und noch widme. Die Grundplanaufnahmen sind zur Würdigung der Lage und der fortifikatorischen
Bedeutung der Burgen durchaus nolhwendig und belehrend.

Meine Hauptaufgabe ist die, meine reichen E^fahrungen im Bereich der Kriegsbaukunst zum Volkscigenthum zu machen und so zur
allgemeinen Belehrung und zur Vatsrlandsliebe ein Scherflein beizutragen. Nur wer sich in die Eigenthümlichkeiten seiner Umgegend
liebevoll einlebt, der wird auch an seine Heimath mit der besel'genden Empfindung, die wir Heimweh nennen, zurückdenken.

Das erste Heft umfaßt das Neckartha! bis Eberbach; das zweite und dritte die Bergstraße bis Frankenstein, ein viertes wird
die Baudenkmäler des Odenwaldes und ein fünftes die des oberen Neckarthales bis Wimpfen behandeln.

uchen

chadeck-

Heidelberg.

I. Neehrr.
 
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