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Naeher, Julius [Hrsg.]
Die Baudenkmäler der unteren Neckargegend und des Odenwaldes: Aufnahme, Autographie und Beschreibung (Band 1): Die Umgebung von Heidelberg: Handschuhsheim, Dilsberg, Neckarsteinach, Hirschhorn mit Erschheim, Schönau, Stolzeneck und Eberbach ; archäologische Studien, Aufnahmen und Autographien — Heidelberg, [1891]

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https://doi.org/10.11588/diglit.12542#0012
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Neckar oberhalb der Stadt.Hirschhorn, das sich auf einen
hier passirten Unfall beziehen dürfte.

VIII L.

Die §urg Ztolzenrck.

Diese auf einem Vorsprunge der linkseitigen Bergwand
des Neckarthales, 1 Stunde oberhalb Eberbach, liegende
Burgruine zeigt noch am besten die älteste alemannische
Bauweise eines Rittersitzes. Wie zu Hirschhorn ist die
schmale Seite, welche den Burgraum mit dem hier an-
steigenden höheren Berg verbindet, durch eine hohe und
ftarke Maver abgeschlossen, von deren Wehrgang der Be-
lagerer wirksam beschossen werden konnte. Der Eingang
in diese Mauer mit dem Treppenaufgang ist noch erhalten,
ebenso ist noch die Krönung des Wehrganges mit dem
30 oiN hervorspringenden Gesims erhaiten. Doch. fehlte
hier ein die Schildmauer überragender Wachtthurm, wie ei
in Hirschhorn vorkommt. Das Ritterhaus stand durch
einen kleinen Burghos getrennt der Neckarseite zu, und von
demselben sind nur noch Theile der Außenwände mit theils
früh- und theils spätgothischen Fenstergewandungen vor-
handen.

Man sieht auch hier, wie bei Neckarsteinach, daß nach
einer gründlichen Zerstörnng ein flüchtiger Wiederaufbau
stattgefunden hat.

Die Schildmauer unserer Burg hat eine gebrochene
Grundform, das heißt die Flügel derselben sind im stumpfen
Winkel eingezogen, so daß hier die Wirkung der Geschosse
von der Angriffsseite her geschwächt wuide. Bei einer
Länge von 23 na hat sie eine Höhe von ca. 16 nr bei
einer Siärke von 3 m. Sie ist nach außen intakt, d. h.
weder durch ejnen Eingang noch durch Lichtöffnungen ge-
schwächt. Das Hauptlhor befindet sich in der Mantel-
mauer, welche sich bei diesen Burgen stumpf, d. h. ohne.
Verband, an die Schildmauer anschließt, so daß im Falle
das Ritterhaus mit dem Burghof bereits vom Feinde er-
stiegen war, sich die Belagerer noch auf der mächtigen
Schildmauer, als ihr letztes Reduit, einige Tage halten
konnten. Ein geräumiger Zwinger umgibt die älteste An-
lage der Burg. Ju eine spätere Zeit (16. Jahrhunderi)
fällt der Bau des gegen die Neckarseite vorgeschobenen
Vorwerkes. Die SteinMetzzeichen auf den Buckelguadern
der Ningmauer deuten auf das Ende des 12. Jahrhuuderts,
als die Zeit der Gcündung der Burg hin.

Wie man überhaupt über die Gründung unserer mittel-
alterlichen Burgen urkundlich wenig nachweisen kann, da es

sich hier meist nur um den Umbau einer Wallburg han-
delte, so liegt auch die Entstehung der Burg Stolzeneck
in großem Dunkel. Jm Jahr 1284 soll Pfalzgraf Lnd-
wig von Walter von Elny den Berg Stolzeneck mit Zu-
gehör angekauft haben. Pfalzgraf Ruprecht machte die
Ritter von Erligheim zu Erbburggrafen von Stolzeneck und
bedang durch eine Urkunde vom Jahr 1335, daß die Burg
der Pfalz offen Haus jederzeit bleiben solle. Später kaufte
die Psalzgrnsschaft die Lehenschaft der Burg von den
Erben der Erligheim wieder zurück. Als neue Lehens-
inhaber erscheinen sodann die Ritter von Frauenberg, von
Seldeneck und nach deren Aussterben zog die Pfalz die
Burg wieder an sich, die im 30jährigen Krieg zerstört
worden sein dürste.

vm u.

Aie ArfestiMgsthümc der Ziadt Eörrdach.

Das von Heidelberg bis in die Gegend von Wimpfen
ticf eingeschnittene und geschlängelte Neckarthal zeigt nur
bei Eberbach, wo die rcchlseitigen Bergwandungen zurück-
treten, eine von fruchtbarem Kulturboden bedeckte, dem
Auge wohlthuende Erweiterung, deren Bedeutung schon im
Mittelalter von den deutschen Kaisern, namentlich den
Hohenstaufen gewürdigt wurde. Hier, wo auch die beiden
aus dem Odenwald kvmmenden Thäler der Jtterbach und
Gammelsbach mit Hochstraßen über den Katzenbuckel und
die Sensbacher Höhe ausmünden, und wo sich der Katzen-
buckel, der höchste Berg dcs Odenwaldes, erhebt, war eine
der wichtigsten militärischen Posttionen des unteren Neckar-
thales, deren sich die Kaiser schon frühe versicherten. Vom
Bisthum Worms erhielt (1227) König Heinrich, Sohn des
Hohenstaufer Kaiser Friedrich II., gegen Zahlung von
1300 Mark Silber, die Stadt Wimpsen und die Burg
Eberbach zu Lehen. Das nnter dem Schutze der Burg,
deren Reste noch auf dem nahen Burghäldeberg, einem
Ausläufer des Katzebuckel, erhalten sind, entstandene Dorf
(Eberbach) wird in einer Urkunde vom Jahr 1328 „könig-
licher Flecken" uud 1330 zum erstenmal „Stadt" genannt.

Jn diese Zeit dürfte auch die Besestigung derselben mit
Ringmauern und Thürmen fallen, von welchen noch an-
sehnliche Reste vorhanden sind.

Von der Zeit an, wo Kaiser Ludwig der Baier (1314
bis 1347) die Burg und die Stadt Eberbach seinen
Vettern, den Pfalzgrafen Rudolf und Ruprecht, verpfändete,
blieb die Stadt und die dazugehörige Zent (mit einer
kurzen Ausnahme) bis es badisch wurde, im Besitz der
Kurpfalz.

Von den Stadtbefestigungsthürmen sind ttoch vier er-
halten und zwar aufwärts des Neckar der sogen. blaue
Hut, welcher wohl von dem spitzen Schieferdach, mit dem
er bedeckt ist, seinen Namen hat; er bildete das südöstliche
Eck der ein Viereck bildenden Uinwallung der Stadt. Er
ist, wie auch die sich anschließende Ringmauer, aus mäch-
tigen Sandsteinblöcken aufgemauert und mit Schießlucken
versehen.

Der nächstfolgende Eckthurm der Ringmauer längs des
Neckarstrandes ist unter dem Namen „P u l verth u rm"
bekannt. Derselbe bildet ein hohes Bollwerk mit zwei
Flügeln, ähnlich wie das sog. Schwalbennest von Neckar-
steinach. Die Ecken stnd sorgfältig mit Hausteinen ver-
kleidet. Das oberste Stockwerk, welches hauptsächlich zur
Vertheidigung diente, hat eine Auskragung von ca. 20 ona,
wodurch ein größerer Jnnenraum für die Vertheidiger ge-
wonnen wurde. Die leichtere Bauart des Thurmes weißt
jedoch anf eine spätere Zeit hin, als die des blauen Hutes.
Ein sehr starker und sorgfältig gebauter Thurm ist der
noch gut erhaltene sog. „Haspelthurm" mit seinem acht-
seitigen hohen^Spitzthurm. Das Eingangsstockwerk licgt
erhöht, und es dürfte hier, wie bei den Bergfrieden der
Burgen, ein Haspel gestanden haben, mittelst welchem man
Gefangene in den unteren dunkeln Raum, das sog. Burg-
verließ, hinunterbrachte.

Der vierte Thurm liegt an der Nordostseite der Ring-
mauer, er ist von runder Form, weniger sorgfältig gebaut,
als der blaue Hut und der Haspelthurm und scheint seine
Errichtung erner späteren Zeit anzugehören.

Von besonderem Jnteresse ist ferner noch die ehem.
Kellerei, ein bemerkenswerthes altes Bauwerk, welches sich,
gleichfalls von einer starken Mauer umgeben, an die Stadt-
befestigung anlehnte.

Am Rathhaus ist eine Gedenktafel eingemauert. welche
einen Engel, der ein Spruchband hält, darstellt und die
Zahreszahl 1529 zeigt. Dieser Gedenkstein soll sich auf
ein Vorkommniß zur Zeit eines Hochwassers beziehen, durch
welches eine Wiege mit einem Kind den Neckar herunter-
getrieben und durch die Vorsicht einer auf der-Wiege be-
findlichen Katze gerettet wurde. Die kaiserliche Burg Eber-
bach aus dem Häldenberg wird der Gegenstand einer
besonderen später nachfolgenden Betrachsiing sein. —
 
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