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Th. Hermann
bei den Amtleuten darum eingekommen, „wegen der kurtze und nassen wetters
auf ihre wiesen das acker vihe in der arbeitsamen zeit besonders im nachsommer
spannen“ zu dürfen. Die Gemeinde hatte geltend gemacht, dass der Bruch
mit dem Herkommen „eine böse consequenz“ haben würde „und wenn das ge-
stattet werden soll, dass sie vor Michaelis das Ihrige abezen dörffen, So würdten
sie nich allein das Ihrige allein nüzen, sondern hernacher auch das unserige
mit unnserem vieh, wenn solches dem alten brauch nach in die wiesen gehet,
ezen. Allermeist weyln Sie ohne ander schaden nicht uff das Ihrige kemen,
noch auch ezen können.“ Bezüglich des „heymell das ist herkommen“ erklärten
die Pastoren, dass die Gemeinde „in underschiedenen puncten wieder alt her-
komen gehandelt bette, muste auch darinnen wider zum alten gebrauch schreiten.“
Die Sache lief günstig für die beiden Pfarrer aus, die Amtleute stellten sich
auf ihre Seite.
Gerechtsame dieser und ähnlicher Art gaben des öfteren Anlass zu Diffe-
renzen; besonders aber der Zehnte war ein umstrittener Punkt. Noch 1771
wurde bestimmt: Der Zehnte soll ohne „ferneren Unterschleif und vervortheilung
durch den zehndenheber“ eingetrieben werden.
Eine besondere Stellung von alter Zeit her nahmen naturgemäss die vom
Stein in der Gemeinde ein, was im 17. und 18. Jahrhundert nicht viel anders
als in den vorhergehenden war. In der Kirche besassen sie ihren besonderen
„Standt“ und hatten auch dort Anspruch auf besondere Ehrung. Da nun „die
g. frau wittwe mit ihrem stul ein steigen versperrete“ und dieses Hindernis „in
fewers not wan selbige under der predigt entstünde gefährlich werden“ konnte,
so glaubten schon die Visitatoren von 1611, es „köndt leichtlich geändert werden“
und die von 1632 waren derselben Meinung, „damit nicht im herumlauff en einer
den andern verdürbe, umb undt überhin lüffe, mit dem reservat, dass in der
Junckern stand sich niemand eindringe, ihnen auch im auf und absteyg jeder-
man ad aperiendam reverentiam suam auf der treppen weiche.“
Auch sonst hinderte das Ansehen und der Einfluss der Steinischen Junker
nicht, dass man ihnen gelegentlich recht kräftigen Widerstand entgegensetzte.
So trat Arcularius einmal ihnen gegenüber rückhaltlos für seine Anschauung
ein. Die Witwe des Ludwig vom Stein, Anna Sibylla von Koppenstein, hatte
1650 bei der Beerdigung ihres Mannes „altar und taufstein mit weissen Creuzen
behenken lassen“ und gedachte ferner, obwohl doch die Kirche „von allen ab-
göttischen bildern und paptistischen ziraten und ceremonien gereinigt und ge-
säubert“ war, „im Epitaphium L. St. seligen zur ehre und gedechtnus, in der
kirch soll an die wand gestelt und aufgerichtet werden, darauf gehauen werden
soll ein Crucifix mit einem bildnus Christi vor welchem Crucifix uf einer Seiten
L. St. seligen mit den söhnen, uf der andern Seiten aber die frau wittib mit
ihren döchtern, kniendt ihr andacht ablegen sollen.“ Arcularius befürchtete,
dass „diese newe einführung ärgernus bringe, indem die papisten sich darauf
sturcken und frembde vermocht werden, dass sie vor diesem Crucifix niderfallen
und ihr gebet thun.“ Er hatte am Sonntag Invocavit „wider die bildernus“
im Anschluss an das Wort: „Du sollst Gott deinen Herrn anbeten und ihm
allein dienen“ gepredigt in der irrigen Hoffnung, die wohledelgeborene Frau
Th. Hermann
bei den Amtleuten darum eingekommen, „wegen der kurtze und nassen wetters
auf ihre wiesen das acker vihe in der arbeitsamen zeit besonders im nachsommer
spannen“ zu dürfen. Die Gemeinde hatte geltend gemacht, dass der Bruch
mit dem Herkommen „eine böse consequenz“ haben würde „und wenn das ge-
stattet werden soll, dass sie vor Michaelis das Ihrige abezen dörffen, So würdten
sie nich allein das Ihrige allein nüzen, sondern hernacher auch das unserige
mit unnserem vieh, wenn solches dem alten brauch nach in die wiesen gehet,
ezen. Allermeist weyln Sie ohne ander schaden nicht uff das Ihrige kemen,
noch auch ezen können.“ Bezüglich des „heymell das ist herkommen“ erklärten
die Pastoren, dass die Gemeinde „in underschiedenen puncten wieder alt her-
komen gehandelt bette, muste auch darinnen wider zum alten gebrauch schreiten.“
Die Sache lief günstig für die beiden Pfarrer aus, die Amtleute stellten sich
auf ihre Seite.
Gerechtsame dieser und ähnlicher Art gaben des öfteren Anlass zu Diffe-
renzen; besonders aber der Zehnte war ein umstrittener Punkt. Noch 1771
wurde bestimmt: Der Zehnte soll ohne „ferneren Unterschleif und vervortheilung
durch den zehndenheber“ eingetrieben werden.
Eine besondere Stellung von alter Zeit her nahmen naturgemäss die vom
Stein in der Gemeinde ein, was im 17. und 18. Jahrhundert nicht viel anders
als in den vorhergehenden war. In der Kirche besassen sie ihren besonderen
„Standt“ und hatten auch dort Anspruch auf besondere Ehrung. Da nun „die
g. frau wittwe mit ihrem stul ein steigen versperrete“ und dieses Hindernis „in
fewers not wan selbige under der predigt entstünde gefährlich werden“ konnte,
so glaubten schon die Visitatoren von 1611, es „köndt leichtlich geändert werden“
und die von 1632 waren derselben Meinung, „damit nicht im herumlauff en einer
den andern verdürbe, umb undt überhin lüffe, mit dem reservat, dass in der
Junckern stand sich niemand eindringe, ihnen auch im auf und absteyg jeder-
man ad aperiendam reverentiam suam auf der treppen weiche.“
Auch sonst hinderte das Ansehen und der Einfluss der Steinischen Junker
nicht, dass man ihnen gelegentlich recht kräftigen Widerstand entgegensetzte.
So trat Arcularius einmal ihnen gegenüber rückhaltlos für seine Anschauung
ein. Die Witwe des Ludwig vom Stein, Anna Sibylla von Koppenstein, hatte
1650 bei der Beerdigung ihres Mannes „altar und taufstein mit weissen Creuzen
behenken lassen“ und gedachte ferner, obwohl doch die Kirche „von allen ab-
göttischen bildern und paptistischen ziraten und ceremonien gereinigt und ge-
säubert“ war, „im Epitaphium L. St. seligen zur ehre und gedechtnus, in der
kirch soll an die wand gestelt und aufgerichtet werden, darauf gehauen werden
soll ein Crucifix mit einem bildnus Christi vor welchem Crucifix uf einer Seiten
L. St. seligen mit den söhnen, uf der andern Seiten aber die frau wittib mit
ihren döchtern, kniendt ihr andacht ablegen sollen.“ Arcularius befürchtete,
dass „diese newe einführung ärgernus bringe, indem die papisten sich darauf
sturcken und frembde vermocht werden, dass sie vor diesem Crucifix niderfallen
und ihr gebet thun.“ Er hatte am Sonntag Invocavit „wider die bildernus“
im Anschluss an das Wort: „Du sollst Gott deinen Herrn anbeten und ihm
allein dienen“ gepredigt in der irrigen Hoffnung, die wohledelgeborene Frau