L iteraturbesprech u ng
201
Hermann Beckby: Oberlahnstein. Schicksale einer rheinischen Stadt. Oberlahnstein: M. J.
Mentges. 1952. 51 S.
Für die Geschichte von Oberlahnstein, das einst als kurmainzischer mit einer Rhein-Zollstätte
verbundener Vorposten südlich der Lahnmündung keine geringe Bedeutung besaß und in der
zweiten Hälfte des vorigen Jh. als Rheinhafen und Industrieort einen raschen Aufschwung nahm,
ist durch die Forschungen von G. Zülch, R. Bodewig, M. Müller und vor allem durch die umfang-
reiche Stadtgeschichte von F. Michel das Wichtigste geleistet. So war eine gedrängte Übersicht
über die Ortsgeschichte von der Vorzeit bis zur Gegenwart möglich und auch nicht unangebracht;
der Verf., schon durch Arbeiten zur Familien- und Bevölkerungsgeschichte von Oberlahnstein
1939 hervorgetreten (Archiv f. Sippenforschung 16; Familiengeschichtl. Blätter 37), hat sich der
Aufgabe eines solchen zu weiterem Eindringen einladenden Abrisses mit Erfolg unterzogen. Ent-
gangen ist ihm leider der Besitz des Klosters Weißenburg in Oberlahnstein (vgl. H. Büttner,
Bruchstück eines Weißenburger Güterverzeichnisses des 10. Jh., in: Zs. f. d. Gesch. d. Oberrheins,
N. F. 53, 1940 S. 547—549), den K. H. May (Nass. Annalen 60, 1, 1943 S. 48) als Grundlage der
dortigen nassauischen Vogtei erwiesen hat. Ferner sei noch die aus dem Werk von F. Michel S. 189
übernommene Bemerkung berichtigt, daß 1854 der Titel Stadtschultheiß durch Bürgermeister
ersetzt sei; dies erfolgte vielmehr bereits auf Grund des Gesetzes betreffend die Verfassung und
Verwaltung der Gemeinden vom 12. Dez. 1848 (Verordnungsblatt des Herzogtums Nassau 1848
S. 227 ff.). W. H. Struck
August Gerhardt: Runkel. Sein Gesicht und seine Geschichte und anderes mehr. Ein Heimat-
buch, hrsg. v. d. Stadtverwaltung Runkel/L. (1952) 279 S., 8 Tf.
Das „malerische Runkel“, „Ein Gang durch Schloß und Burg Runkel“ und „Runkels nächste
Umgebung“, etwas eigenwillig geschaut, dennoch nicht ohne Reiz, umrahmen den eigentlichen
Kern des Heimatbuches. Scherzreime und Gedichte über Runkel, die Sage vom Hündchen von
Schadeck findet man gern im Anhang. Auch die modernen literarischen Sagen über die Entstehung
von Runkel (S. 106) würde man dort noch ertragen können. Völlig fehl am Platz ist aber wdhl
selbst in einem Heimatbuch der Wiederabdruck von Kurzgeschichten und Erzählungen, die auf
dem Schauplatz Runkel, durchweg ohne den geringsten geschichtlichen Hintergrund, recht histo-
risch dahinfabulieren. Mancherlei Hinweise lassen erkennen, daß der Verf. selbst die aus seinem
Nachlaß herausgegebene Arbeit keineswegs als völlig abgeschlossen angesehen hat. Hinweise auf
ein „eingehendes Sach- und Personenverzeichnis“ S. 12, auf einen Plan der Burg Runkel S. 22 und
auf Nachrichten über eine 1883 entstandene Druckerei S. 186, um nur ein paar Beispiele heraus-
zugreifen, stoßen ins Leere. Sein Vorwort bringt viele Entschuldigungen, schildert dem unbefan-
genen Leser die Geschichte Runkels als ein völlig unbestelltes Niemandsland. Seine Anmerkungen,
die fast durchweg nur Hinweise auf kleinere Aufsätze in „Land und Leute“ und in der Tagespresse
geben, verstärken dieses Bild. Wirklich standen dem Verf. jedoch für die Geschichte der Herren
von Runkel die Arbeiten von Fischer, Reck, Vogel und May zu Gebote. Davon erwähnt er nur
recht versteckt die Territorialgeschichte des Oberlahnkreises von K. H. May (S. 49 u. 108) sowie
S. 49 u. 93 das ältere Werk von Reck, obwohl May für die ältere Geschichte der Herren von Runkel
und Reck für die jüngere Zeit offensichtlich weithin seine einzigen Quellen waren.
In enger Anlehnung besonders an May vermeidet er größere selbständige Irrwege. Doch bleibt
zu berichtigen, daß die Grafschaft Wied auf Grund eines Testaments des Grafen Wilh. v. Wied-
Isenburg (f 1462) von 1454 unmittelbar an dessen Großneffen Friedr, v. Runkel fiel, der bereits
1458 die Herrschaft Isenburg und seit 1462 die Grafschaft Wied innehatte, und nicht erst an
Friedrichs Vater Dietrich v. Runkel (so S. 58). Auch der Anfall der Herrschaft Altenwied (nicht
Altwied S. 41) an das Erzstift Köln ist irrig erst unter Erzbischof Siegfried 1283 angesetzt. Die
Grafen von Katzenelnbogen (S. 79) sind Nassau-Diez und Dillenburg. Nur gelegentlich flicht G.
selbständig Nachrichten aus Urkunden und Akten aus dem Neuwieder Archiv, meist wohl nach
J. Schultze, Urkundenregesten und Akteninventar (1911), und aus dem Runkeler Bestand des
Staatsarchivs Wiesbaden in die chronikalische Darstellung „Burg- und Schloßherrn von Runkel“
ein. Zur Ortsgeschichte von Runkel bringt der Verf. besonders in den Abschnitten über Runkel als
Gemeinwesen, über die kirchl. Verhältnisse, das Schulwesen und die anderen Seiten des städtischen
Lebens für die neuere Zeit mancherlei Neues. Es ist dabei zu bedauern, daß nur gelegentlich für
diese Teile seine Quelle genannt oder erkennbar ist. Die frühe Entwicklung des Tales Runkel, die
vom Verf. fein beobachtete erste Stadterweiterung des 14. Jh. (S. 113 f.), wohl zu Recht mit dem
Wüstwerden von Wenigenvillmar und Dodenhausen zusammenbetrachtet, setzt eine Stadt Runkel
voraus, für die wir wohl eine verlorene Stadtrechtsvcrleihung des ausgehenden 13. Jh. vermuten
dürfen. Jedenfalls ist Runkel wohl nicht, wie der Verf. will, erst im 18. Jh. Stadt geworden. Die
Entwicklung des Runkeler Gerichts (S. 121, 125, 128) läßt sich aus bisher unbeachteter Über-
lieferung klarer fassen. Für Ennerich, Hofen und Steeden, die aus der Zent Dietkirchen-Dehrn
1366 an Runkel kamen (St. A. Wiesb. Abt. 170 Urk.), haben die Herren v. Runkel zunächst ein
1427 bezeugtes Schöffengericht Steeden (St. A. Koblenz 1 C 10, 193) eingerichtet, das erst vor
1518 ganz zum Schöffengericht Runkel gezogen wurde (Fürstl. Wied. Archiv Neuwied Nr. 940;
May S. 125). Über die Einwohnerlisten von 1617 (S. 121) und 1671 (S. 137) und wenige verstreute
Notizen hinaus würde man gerne einiges mehr über die Bürgerfamilien der Stadt Runkel erfahren.
Der Name des ersten Kaplans, des Gründers der altluther. Gemeinde Steeden, (S. 152, 155) war
Friedr. Brunn, nicht Brumm; in der Pfarrerfiste S. 154 istFriedr.Duill (1661—1676) irrig Friedr.
201
Hermann Beckby: Oberlahnstein. Schicksale einer rheinischen Stadt. Oberlahnstein: M. J.
Mentges. 1952. 51 S.
Für die Geschichte von Oberlahnstein, das einst als kurmainzischer mit einer Rhein-Zollstätte
verbundener Vorposten südlich der Lahnmündung keine geringe Bedeutung besaß und in der
zweiten Hälfte des vorigen Jh. als Rheinhafen und Industrieort einen raschen Aufschwung nahm,
ist durch die Forschungen von G. Zülch, R. Bodewig, M. Müller und vor allem durch die umfang-
reiche Stadtgeschichte von F. Michel das Wichtigste geleistet. So war eine gedrängte Übersicht
über die Ortsgeschichte von der Vorzeit bis zur Gegenwart möglich und auch nicht unangebracht;
der Verf., schon durch Arbeiten zur Familien- und Bevölkerungsgeschichte von Oberlahnstein
1939 hervorgetreten (Archiv f. Sippenforschung 16; Familiengeschichtl. Blätter 37), hat sich der
Aufgabe eines solchen zu weiterem Eindringen einladenden Abrisses mit Erfolg unterzogen. Ent-
gangen ist ihm leider der Besitz des Klosters Weißenburg in Oberlahnstein (vgl. H. Büttner,
Bruchstück eines Weißenburger Güterverzeichnisses des 10. Jh., in: Zs. f. d. Gesch. d. Oberrheins,
N. F. 53, 1940 S. 547—549), den K. H. May (Nass. Annalen 60, 1, 1943 S. 48) als Grundlage der
dortigen nassauischen Vogtei erwiesen hat. Ferner sei noch die aus dem Werk von F. Michel S. 189
übernommene Bemerkung berichtigt, daß 1854 der Titel Stadtschultheiß durch Bürgermeister
ersetzt sei; dies erfolgte vielmehr bereits auf Grund des Gesetzes betreffend die Verfassung und
Verwaltung der Gemeinden vom 12. Dez. 1848 (Verordnungsblatt des Herzogtums Nassau 1848
S. 227 ff.). W. H. Struck
August Gerhardt: Runkel. Sein Gesicht und seine Geschichte und anderes mehr. Ein Heimat-
buch, hrsg. v. d. Stadtverwaltung Runkel/L. (1952) 279 S., 8 Tf.
Das „malerische Runkel“, „Ein Gang durch Schloß und Burg Runkel“ und „Runkels nächste
Umgebung“, etwas eigenwillig geschaut, dennoch nicht ohne Reiz, umrahmen den eigentlichen
Kern des Heimatbuches. Scherzreime und Gedichte über Runkel, die Sage vom Hündchen von
Schadeck findet man gern im Anhang. Auch die modernen literarischen Sagen über die Entstehung
von Runkel (S. 106) würde man dort noch ertragen können. Völlig fehl am Platz ist aber wdhl
selbst in einem Heimatbuch der Wiederabdruck von Kurzgeschichten und Erzählungen, die auf
dem Schauplatz Runkel, durchweg ohne den geringsten geschichtlichen Hintergrund, recht histo-
risch dahinfabulieren. Mancherlei Hinweise lassen erkennen, daß der Verf. selbst die aus seinem
Nachlaß herausgegebene Arbeit keineswegs als völlig abgeschlossen angesehen hat. Hinweise auf
ein „eingehendes Sach- und Personenverzeichnis“ S. 12, auf einen Plan der Burg Runkel S. 22 und
auf Nachrichten über eine 1883 entstandene Druckerei S. 186, um nur ein paar Beispiele heraus-
zugreifen, stoßen ins Leere. Sein Vorwort bringt viele Entschuldigungen, schildert dem unbefan-
genen Leser die Geschichte Runkels als ein völlig unbestelltes Niemandsland. Seine Anmerkungen,
die fast durchweg nur Hinweise auf kleinere Aufsätze in „Land und Leute“ und in der Tagespresse
geben, verstärken dieses Bild. Wirklich standen dem Verf. jedoch für die Geschichte der Herren
von Runkel die Arbeiten von Fischer, Reck, Vogel und May zu Gebote. Davon erwähnt er nur
recht versteckt die Territorialgeschichte des Oberlahnkreises von K. H. May (S. 49 u. 108) sowie
S. 49 u. 93 das ältere Werk von Reck, obwohl May für die ältere Geschichte der Herren von Runkel
und Reck für die jüngere Zeit offensichtlich weithin seine einzigen Quellen waren.
In enger Anlehnung besonders an May vermeidet er größere selbständige Irrwege. Doch bleibt
zu berichtigen, daß die Grafschaft Wied auf Grund eines Testaments des Grafen Wilh. v. Wied-
Isenburg (f 1462) von 1454 unmittelbar an dessen Großneffen Friedr, v. Runkel fiel, der bereits
1458 die Herrschaft Isenburg und seit 1462 die Grafschaft Wied innehatte, und nicht erst an
Friedrichs Vater Dietrich v. Runkel (so S. 58). Auch der Anfall der Herrschaft Altenwied (nicht
Altwied S. 41) an das Erzstift Köln ist irrig erst unter Erzbischof Siegfried 1283 angesetzt. Die
Grafen von Katzenelnbogen (S. 79) sind Nassau-Diez und Dillenburg. Nur gelegentlich flicht G.
selbständig Nachrichten aus Urkunden und Akten aus dem Neuwieder Archiv, meist wohl nach
J. Schultze, Urkundenregesten und Akteninventar (1911), und aus dem Runkeler Bestand des
Staatsarchivs Wiesbaden in die chronikalische Darstellung „Burg- und Schloßherrn von Runkel“
ein. Zur Ortsgeschichte von Runkel bringt der Verf. besonders in den Abschnitten über Runkel als
Gemeinwesen, über die kirchl. Verhältnisse, das Schulwesen und die anderen Seiten des städtischen
Lebens für die neuere Zeit mancherlei Neues. Es ist dabei zu bedauern, daß nur gelegentlich für
diese Teile seine Quelle genannt oder erkennbar ist. Die frühe Entwicklung des Tales Runkel, die
vom Verf. fein beobachtete erste Stadterweiterung des 14. Jh. (S. 113 f.), wohl zu Recht mit dem
Wüstwerden von Wenigenvillmar und Dodenhausen zusammenbetrachtet, setzt eine Stadt Runkel
voraus, für die wir wohl eine verlorene Stadtrechtsvcrleihung des ausgehenden 13. Jh. vermuten
dürfen. Jedenfalls ist Runkel wohl nicht, wie der Verf. will, erst im 18. Jh. Stadt geworden. Die
Entwicklung des Runkeler Gerichts (S. 121, 125, 128) läßt sich aus bisher unbeachteter Über-
lieferung klarer fassen. Für Ennerich, Hofen und Steeden, die aus der Zent Dietkirchen-Dehrn
1366 an Runkel kamen (St. A. Wiesb. Abt. 170 Urk.), haben die Herren v. Runkel zunächst ein
1427 bezeugtes Schöffengericht Steeden (St. A. Koblenz 1 C 10, 193) eingerichtet, das erst vor
1518 ganz zum Schöffengericht Runkel gezogen wurde (Fürstl. Wied. Archiv Neuwied Nr. 940;
May S. 125). Über die Einwohnerlisten von 1617 (S. 121) und 1671 (S. 137) und wenige verstreute
Notizen hinaus würde man gerne einiges mehr über die Bürgerfamilien der Stadt Runkel erfahren.
Der Name des ersten Kaplans, des Gründers der altluther. Gemeinde Steeden, (S. 152, 155) war
Friedr. Brunn, nicht Brumm; in der Pfarrerfiste S. 154 istFriedr.Duill (1661—1676) irrig Friedr.