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Künstler-Gesellschaft Zürich [Editor]
Neujahrsblatt der Künstlergesellschaft in Zürich — 15.1855

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[Ziegler, Jakob Melchior]: Lebensbeschreibung des Architekturmalers Wilhelm Meier
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https://doi.org/10.11588/diglit.28590#0006
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Das wichtigste dieser Bilder ist die Ruine eines großartigen Klostcrs, dcssen Staffage, der Zweikampf zwcier
Offiziere, cinem sclbsterlebten Ereigniß cntnommen ist*).

Dicß ruhige, sorgenlose Leben sollte unserm Freunde aber nicht lange bcschieden sein. Erschütternde Ereig-
nisse risscn ihn, nach vierjähriger Dancr, aus seiner kriegerischen Laufbahn herans. Die Zulirevolution machte
dcm Fremdcndienst der Schweizcr in Frankrcich ein Ende. Währcnd dcr drei verhängnißvollcn Tage finden wir
ihn in dem Straßcnkampf von Paris, wie er, nach dcm cinstimmigcn Zeugniß seiner Kamcradcn, als entschlossener
Führer allen Gcfahren mnthvoll trotzt. Zu jcner Zeit alö Chef der Turnschnlc in St. Clond dctaschirt, wurde
er sckon am Vorabend dcs politischen Sturmcs nach der Hauptstadt befehligt, wo er alle drci Tage mitkämpfte
nnd dann mit seinen Gefährtcn dcn fliehcnden Konig bis Rambonillet beglcitete. Es war ein wahrer' Genuß,
dcn verabschiedeten Offizier von diescn wichtigcn Tagen crzählcn zn horcn, denn scinc Angaben trugen so recht
das Gcpräge einer gesunden, ruhigen Anschanung.

Die Julitagc fandcn anch in nnserm Vaterland ihren Wicderhall. Dahcr kam cs, daß Meicr, kaum mit dem
Ucbcrrcste seiner Compagnie in die Heimat zurückgekchrt, die schwcizerischen Okknpationstruppen nach Basel be-
gleiten und den ihm bekanntcn Dicnst als Aidemajor beim Bataillon Landolt versehcn mußte. Von dicscm Zeit-
abschnitt wußte der Sclige nur das als nützlich und angenehm hervorzuheben, daß er hier, auf das fürchterlichste
gclangweilt, die ersten Versuchc wagte, klcincre Sccnen aus dem Kriegölcbcn theils nach der Natur zu zeichnen,
theils zu komponircn. Mit dicscm vaterländischen Dicnst schließt sich die militärische Laufbahn dcs Vcrewigten.

Es trat nun dcr Ernst des Lcbcns an den jungen Mann heran mit dcr Frage: was nun weiter? wclchen
Lebenszwcck willst du dir vorsetzcn? welche Laufbahn wählst du dtr, um einc nützlichc und chrcnvolle Stellung in
der menschlichen Gesellschaft einznnchmcn? Welches Pfund, glaubst du, daß dir der Schöpfer vorzüglich zum
Wuchcrn anvcrtraut habe? Nnd dic inncre Stimme antwortetc: in mciner Secle licgt der Tricb, die innern
Anschauungen, dic Gcbilde der Phantasie in schöncr Form darzustellcn, auf daß sich die Menschen daran freucn
und ihr Sinn sich läutcre und rciner wcrde. Dcr Kunst zu leben, sei fortan mcin schöner Bcruf, iu eincm ihrcr
Zweige Mcistcr zu werdeu, mein cinzigcs Strcbcn, wic schwer auch die Arbcit sci, die meincr wartct! Dicsen
Entschluß im 26sten Lebenöjahrc zu faffcn, zeugt gcrade von dcm wahren Künstlerbcruf Mcicr's, ihn mit Kraft
und Conscgucnz dnrchzuführen, von scincr ungcwöhnlichcn Willenökraft. Jm Jahre 1832 wanderte cr nach Mün-
chen, um bei dem Meistcr Simon Quaglio als Lchrling für Thcaterdekorationsmalerci einzutrctcn. Ein wahr-
haft crhcbendcs Gefühl ergreift uns, wcnn wir lcsen, wie der gewcscne Gardcvffizicr, dcr bis jetzt nur an cin
behaglichcö, halbmüßiges Leben gcwöhnt war, von Morgcn früh bis Abcndö spät in der Blouse der äußcrst
mühsamcn Arbcit der Cvulisscnmalcrei oblicgt und sich mit fcstcr Ausdauer dem Studium dcr Architcktur und
Perspektive hingibt. Gegcn das Endc sciner Lchrzeit übcrnahm Quaglio die Dekorationen für das ncucrbautc
Thrater in Zürich, an dcrcn Ausführung dcr Schülcr cincn bcdeutendcn Anthcil hatte. Jm März 1834 war die
Lchrzeit zu Ende nnd der Meister stclltc unscrm Künstlcr cin höchst günstigcs Zengniß aus. Dicsc zwci, dem
crnstcn Studium grwidmcten Jahrc solltcn cinst die schönften Früchtc tragen, dcnn zu allcn spätern Lcistungcn
wurde hier der solide Grund gclegt, weil wir, abgcsehcn davon, daß Quaglio den Schülcr bcständig auch auf
den höhcrn Thcil seincr Kunst, die Architcktnrmalerci, hinwicö, wohl seine spätcrn so raschcn Fortschritte in dicscr
Richtung hin dcr hier erworbcncn, cindringenden Kcnntniß der Pcrspektivc zuschreibcn müsscn.

Auf cincr Studienrcise machte Meier die Bckanntschaft einigcr Nürnbergcr-Künstlcr; was zur Folge hattc,
daß er bald als Dckorationsmaler an das Stadtthcatcr nach Nürnberg bcrufcn wurde. Welcher Künstler würdc
nicht gcrnc einige Zeit in dicser, an Dcnkmälern mittclaltcrlicher Kunst so reichcn Stadt verlebcn? Auch unser
Maler zählte dcn Aufenthalt in der altcn, gcmüthlichcn Reichöstadt untcr die schönstc Zcit scines Lebens. Es
liegen unö zwar keine positivcn Angaben vor, aber wir müsscn annchmcn, daß diesc Stadt mit ihrcn öffentlichcn
Gebäudcn und herrlichen Kirchen aus der bestcn Zcit dcr hohen Kunstpcriode christlichcr Baukunst seine Liebe zur

*) Dieß Gemälde befindet sich gegenwartig im Traubenberg bei Zürich.
 
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