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Künstler-Gesellschaft Zürich [Hrsg.]
Neujahrsblatt der Künstlergesellschaft in Zürich — 15.1855

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[Ziegler, Jakob Melchior]: Lebensbeschreibung des Architekturmalers Wilhelm Meier
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https://doi.org/10.11588/diglit.28590#0008
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Ehrendiplom der antiquarischen Gesellschaft in Zürich an dcn Herzog Serradifalco abzugcben hatte, so machte
rr gleich im Anfang die Bekanntschaft dieses nm die Altcrthümer und Kunst seines Vaterlandes so hochverdicnten
Manncs. Der nun folgende Rosalientag gewährte Mcier den Anblick eincs großen südlichen Kirchen- und Volks-
fcstes. Nach dcm lärmcnden, znletzt belästigcnden Pomp der großen Feier kamen ruhige Tage, die nun mit ab-
sichtlicher Vermeidnng dcr großen Gesellschaft dem ernstcn Studium gewidmct wurdcn. Unser Künstler wußte
wohl, warum cr nach Sicilien gegangen; denn in ganz Jtalien findet man keine solche Mcnge malerischer Kir-
chen, Kloster und Gcbäude allcr Art, wic gerade auf dieser Jnsel. Dicse Prachtbautcn stammcn ans dcm zwvlften
Jahrhundert, aus der Zeit der Normaunenherrschaft her. Sie vereintgen in sich mchrere Baustyle, die deu Vvl-
kern angehvrcn, die schnell nachcinander das schvne Eiland beherrschtcn. Dic Grundlage bildet die altchristliche
Basilika mit threm im Jnnern sichtbarcn, reichverzierten Dachstuhl; dte Kuppeln und die prachtvollen Mo-
saikmalereicn sind byzantinischen Ursprungs; die Spitzbogcn übcr den Thorcn und Fenstern, sowie die mannigfaltigen
Ornamcnte sind arabisch; normannisch ist cndlich dic harmonische Vcrbindung zweier viereckiger Thürme mit dem
Schiff an dcssen Faeade. Bcdenken wir nun, daß neben der außerordentlichen Mannigfaltigkeit diese Gcbäude
durchgängig aus dem kostbarsten Material gebaut siud und in dem glänzcndstcn Farbenschmuck prangen, so begrei-
fen wir, daß sciner Kunst hicr die herrlichsten Gegcnstände gcbotcn waren. Die wichtigsten diescr Gebäudc sind die
Schloßkapelle (eapella pglslins) und Cathcdrale in Palermo, die Hauptkirche von Ccfalu und ganz vorzüglich der
hcrrliche Dom von Monrcale, desscn Wirkuug eine harmonische ist, weil spätcrc Restaurationen immcr im ursprüng-
lichen Sinn vorgenommcn wurden. Diescr erste Aufcnthalt in Palermo daucrte vier Monate nnd war den flcißigstcn
Studicn nach den obigen Architekturwcrken gewidmet. Nach dcs Tages Arbeit fand der Müde willkommene Erholung
in dem gastlichcn Hause seines Landsmannes, Herrn Hirzel. Die Studien des fremden Künstlers erregten in Pcw
lermo allgemeine Aufmerksamkeit, und die erste Bestcllung, die ihm in seiner neuen Laufbahn zukam, vcrdankte er dem
Grafcn von Almerita aus diescr Stadt. Mit dieser Aufmunterung kehrte cr im Späthcrbst nach Rom zurück. Schon
lauge hatte cr sich vorgcuvmmcn, für längere Zeit in dicscr Künstlcrftadt seinc Wohnstätte aufzuschlagen, wo er
alle Bequcmlichkcit zur Ausarbeitung seiner Skizzen und Studicn sinden konnte. Die ausgeführten Bilder sollten
ihm die Mittel zu neucn Kunstreisen verschaffen, bis scin Auge, gesättigt an den schönstcn architcktonischen Kunst-
wcrkcu der vcrschiedenstcn Zeitcn und Vvlker, sich nach eincm bleibenden Wohnort umsehen konnte, um das An-
gcfangcne zu vollcnden. Wie zu erwarten, erregten die Studicn und Zcichnungen auch in Rvm großes Znteresse
und gcwanncn dem Künstler vicle Frcunde. Als die Schloßkapclle endlich vollendet vor den Blicken der Bcsuchen-
den stand, da wurdc ihm entschiedener Beifall zu Theil. Seinc gesellschaftlichen Vcrhältnisse gestaltctcn sich eben-
falls auf's frcundlichste, so daß Geist und Gemüth nach der Arbeit Mühcn die wohlthuendste Erholung fanden.
Wie vielcs hatte er zudem in Nom noch zu schen und zu studircn! Wcnn die Galerien, die Museen und die
Werke monumcntalcr Kunst einen schvnen Theil sciner Zeit forderten, so nahm auch während des Carnevals und
der Ostcrzeit das weltliche und kirchlichc Leben des jetzigen Rom's seine Aufmerksamkeit in Anspruch. Wie aber
mit dcm Monat April die Hitze hcrankam, schlvß cr sein Atclicr und rciste mit seinem Freund, dcm Maler Notz
von Zürich, nach Ncapel, wo er das im vorigcn Jahr Versäumte rcichlich nachholte. Stadt und Umgegend
werden nach allen Richtungcn durchstreift. Die uuverglcichlichc Natur dicscs Himmelsstriches cntzückt ihn und die
herrlichen llcbcrreste eincr längst vergangenen großen Zeit bcschäftigen ihn ernstlich. Die Reiselust ist einmal ge-
wcckt und so unternimmt er mit der Familie von Rougcmont vvn Neuenburg cine Reise um Sicilien herum mit
eincm Abstecher nach Malta. Es war im Monat Mai, zu ciner Zeit, wo dic Jnsel eiuem üppigen Gartcn glcicht.
Die Fahrt, vom herrlichstcn Wcttcr begünstigt, ging von Palcrmo über Messina und Catania nach Syrakus.
Vvn der Schönheit dcs Landes zwischen Messina und Catania, wo dic Natur in diesem Monat ihr vollstes Füllhorn
ausgegossen hat, ist dcr Reisende bcgeistcrt. Jn Syrakus, diescr einst so herrlichen griechischeu Hauptstadt, wen-
dcn sich die Blicke dcm hellenischcn Altcrthum zu, dcsscn wenigc, abcr schone llebcrreste mit Ehrfurcht betrachtet
wcrden. Vou hicr wurde nach Malta übergesetzt, wo, im Gcgensatz zu Sicilien, mit freudigem Gefühle dcr
wohlthuende Einfluß wahrgenommcn wird, den ein gcordnetes nnd freies Staatöwcsen auf das ganze Leben der
Mcnschen ausübt. Der intercffantestc Theil dcr Reise stand aber noch bevor, denn nun kchrte man nach Palermo
zurück über Girgenti (dciy alten Agrigcnt), Selinunt und Egcsta, wo cine Reihe griechischer Tempcl theils noch
anfrccht stchen, theils aber in ungehcucrn Trümmerstürzcn am Boden liegen und des kunstsinnigen Negcnten war-
 
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